SPD-Streit in Hamburg-Harburg: Hausdurchsuchung war rechtswidrig
Im Streit unter SPD-Politikern in Hamburg-Harburg gibt es eine neue Entwicklung: Das Landgericht hat die Hausdurchsuchung bei der Vorsitzenden des Distrikts Harburg-Ost, Benizar Gündogdu, für rechtswidrig erklärt.
In der Harburger SPD gibt es seit Monaten erbitterte Auseinandersetzungen zwischen deutsch- und türkisch-stämmigen Pateimitgliedern. Dabei geht es um die angebliche Beschädigung und Entwendung von Wahlplakaten. In der Folge kam es zu Hausdurchsuchungen bei insgesamt sechs Angehörigen der türkischen Community - unter anderem bei der Vorsitzenden des Distrikts Harburg-Ost, Benizar Gündogdu.
Nächtliches Telefonat am 31. Mai
Der 30 Jahre alten Nachwuchspolitikerin war von der Staatsanwaltschaft Hamburg vorgeworfen worden, in einem nächtlichen Telefonat am 31. Mai zwei junge Männer mit ebenfalls türkischem Hintergrund zu einer Beschädigung von SPD-Stellschildern angestiftet zu haben. Gündogdu galt deshalb aus Sicht der Staatsanwaltschaft rechtlich als Mittäterin.
Gespräch fand erst nach der angezeigten Sachbeschädigung statt
Diesen Vorwurf hat jetzt das Landgericht Hamburg mit einer auch für Laien nachvollziehbaren Feststellung entkräftet: Zwar habe es in der fraglichen Nacht tatsächlich einen Videochat mit insgesamt sechs Teilnehmern gegeben, unter ihnen auch Gündogdu. Doch erstens sei über den Inhalt des Gespräches nichts bekannt. Vor allem aber habe das Gespräch erst nach der bei der Polizei angezeigten Sachbeschädigung stattgefunden. Eine Anstiftungshandlung durch die SPD-Politikerin sei deshalb schon aus tatsächlichen Gründen ausgeschlossen. Die 10. Große Strafkammer des Landgerichts Hamburg kommt deshalb zu dem Schluss, dass sowohl die bei Gündogdu erfolgte Hausdurchsuchung als auch die Beschlagnahme ihres Mobiltelefons rechtswidrig gewesen seien.
Durchsuchungen bei anderen Chat-Teilnehmern nicht für rechtswidrig erklärt
Für nicht rechtswidrig erklärt wurden bisher allerdings die Hausdurchsuchungen bei den anderen Teilnehmern des Telefonats, unter ihnen Mehmet Kizil, dem Lebensgefährten von Gündogdu. Kizil ist wie sie SPD-Politiker in Harburg. Beide galten als aussichtsreiche Bewerber für eine Kandidatur zur Hamburger Bürgerschaftswahl im kommenden Jahr. Doch diese Perspektive wurde faktisch zunichte gemacht, nachdem drei Harburger SPD-Bezirke beim SPD-Landesvorstand ein Parteiordnungsverfahren gegen die beiden angestrengt hatten. Der Vorwurf: parteischädigendes Verhalten.
Betätigung für die Partei drei Monate lang untersagt
Grundlage dafür waren unter anderem die Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft, von denen zumindest eines jetzt wohl eingestellt werden muss. Die Folge: Gündogdu und Kizil wurde vom Schiedsgericht der Hamburger SPD trotz gesetzlicher Unschuldsvermutung für drei Monate jegliche Betätigung für die Partei untersagt - damit auch die Bewerbung für eine Kandidatur zur Hamburger Bürgerschaft. Gegen diese Entscheidung hat der Anwalt der zwei SPD-Politiker gerichtlich Beschwerde eingelegt.