Kulturstätten kritisieren Pläne für den neuen Hauptbahnhof
550.000 Fahrgäste am Tag: Der Hamburger Hauptbahnhof platzt aus allen Nähten. Deswegen soll er umgebaut und vergrößert werden. Jetzt haben mehrere anliegende Kulturstätten Bedenken und Sorgen angemeldet, welche negativen Auswirkungen der Umbau für sie haben könnte.
Weniger Polizei und mehr Grün soll es in den kommenden Jahren vor dem Ohnsorg Theater geben. Auch das benachbarte Gleisbett soll überdeckelt werden. Schön und gut, findet der Intendant Michael Lang, aber: "Wir haben verschiedene Themen am Hauptbahnhof, da ist die aktuelle Lage mit der Verwahrlosung. Wir wissen, dass die Polizei da sehr hinterher ist. Bezirksamt, Ordnungsamt - alle bemühen sich drum, dass eine Lösung gefunden wird, für die sozialen Themen." Auf keinen Fall dürften am Hauptbahnhof mehr Bürogebäude, die finanziell verlockend sind, gebaut werden, findet Lang. Er fragt sich auch, wie lange der Umbau dauere und was das wiederum für die Besucherinnen und Besucher des Ohnsorg Theaters bedeute.
Noch mehr Verkehr vor der Zentralbibliothek?
Auf der anderen Seite des Bahnhofs macht sich die Zentralbibliothek Gedanken. Zwar soll hier nicht unmittelbar vor der Tür gebaut werden, man befürchtet aber eine weitere Zuspitzung der Verkehrslage. "Wir hatten vor Corona eine Million Besucher im Jahr, jetzt auch am Sonntag geöffnet. Und die müssen alle über die Altmannbrücke zu uns", sagt Frauke Untiedt, Leiterin der Hamburger Bücherhallen. Fast alle kämen zu Fuß oder mit dem Fahrrad. "Ich habe Sorge, dass die Verkehrsströme, die dann nicht mehr auf die Steintorbrücke verlagert werden können, auf die Altmannbrücke kommen."
Sorge des MKG: isoliert und abgeschnitten
Der Gewinnerentwurf sieht vor, dass auf die Steintorbrücke eine neue Halle für den Busverkehr kommt. Die berühmte Keksdose soll möglicherweise weg. Gleisbetten werden überdeckelt. Dagegen protestiert hat die Leiterin des Museums für Kunst und Gewerbe (MKG), Tulga Beyerle. Die Sorge: Das Haus könnte nach dem Umbau isoliert und abgeschnitten sein. Im "Hamburger Abendblatt" sagte sie: "In Zeiten des Klimawandels, der Stadtveränderung, der Mobilitätswende muss sich der Ausbau auf verkehrliche Fragen konzentrieren und nicht um die maximale Verwertung des Raumes." Im Gespräch mit dem NDR will sie sich nicht mehr äußern.
Behörden: Die Flächen werden attraktiver
Von den zuständigen Behörden Verkehr und Stadtentwicklung, heißt es, man nehme die Bedenken der kulturellen Anrainer ernst. Sie teilen die Sorge des Museums allerdings nicht - im Gegenteil: Die Flächen rund um das MKG würden attraktiver. Auf Anfrage von NDR 90,3, teilen sie mit: "Das vorliegende Konzept bietet im Zielkonflikt zwischen der Bewahrung des Denkmals und funktionaler Weiterentwicklung eine überzeugende Lösung an."
Zukunft des Hauptbahnhof: Gespräche gehen weiter
Über Monate durften sich Bürgerinnen und Bürger beteiligen, seit über einem Jahr steht der Gewinnerentwurf fest. Hinter den Kulissen gibt es weiterhin Gespräche zwischen der Stadt und den umliegenden Betroffenen, wie die Zukunft am Hauptbahnhof gestaltet werden kann.
In einer vorherigen Version hatten wir von einer Million Besucher pro Tag in den Bücherhallen geschrieben, richtig ist aber eine Million Besucher pro Jahr.