Einheitsfeier in Hamburg: 700.000 Menschen bei Bürgerfest
Ein Festakt in der Elbphilharmonie hat am Dienstag den Höhepunkt der zentralen Feierlichkeiten zum Tag der Deutschen Einheit in Hamburg gebildet. Im Michel gab es zuvor einen Gottesdienst. Zum Bürgerfest in der Innenstadt kamen insgesamt rund 700.000 Menschen.
Der erste Redner beim zentralen Festakt in der Elbphilharmonie war der Präsident des Bundesrates, Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD). Er appellierte an den Gemeinsinn der Deutschen in Krisenzeiten. Nur ein starkes demokratisches Deutschland könne Verantwortung übernehmen für ein starkes Europa, das sich für Frieden, Demokratie und Menschenrechte einsetze, sagte er vor rund 1.300 Gästen. "Nicht Populismus und Polarisierung, sondern Gemeinsinn und Kooperation sind das Gebot der Stunde. Dafür tragen wir alle Verantwortung." Und jeder solle sich fragen, "ob sie oder er dazu einen Beitrag leisten kann".
Tschentscher: "Neue Wege gehen, Horizonte öffnen"
In Zeiten von Krisen und Umbrüchen komme es aber auch darauf an, neue Chancen zu erkennen, "neue Wege zu gehen, Horizonte zu öffnen", so Tschentscher weiter. "Offenheit, Veränderungsbereitschaft und Zuversicht sind dafür nötig." Die durch ihren Hafen seit jeher weltoffene Freie und Hansestadt Hamburg könne als Beispiel dienen. "Da Hamburg nie einen Kaiser, König oder Fürsten hatte, haben die Bürgerinnen und Bürger ihr Schicksal immer selbst in die Hand genommen", sagte der Bürgermeister. "Dass Menschen solidarisch miteinander umgehen, sich einbringen und für das Gemeinwesen engagieren, dieses Potenzial, diese Kraft gibt es in ganz Deutschland."
Neben Tschentscher hielt der Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Stephan Harbarth, eine Festrede. Angesichts von Problemen und Herausforderungen in der Welt rief er zu gemeinsamen Anstrengungen und Vertrauen auf. "Vertrauen, das heißt: sich etwas zutrauen, aber auch sich trauen, etwas wagen und riskieren, mutig sein und Zumutungen aushalten", sagte er. In Deutschland sei vieles gut, einiges exzellent, aber manches könne und müsse verbessert werden, um auch künftig zu bestehen.
Fehrs: Deutsche Einheit noch immer ein Wunder
Am Vormittag gab es in der Hauptkirche St. Michaelis bereits einen ökumenischen Gottesdienst. Rund 1.000 geladene Gäste versammelten sich im Michel. Der Gottesdienst stand unter dem Bibelspruch "Ein Strom lebendigen Wassers". Die evangelische Bischöfin Kirsten Fehrs zog in ihrer Predigt Parallelen zwischen der Deutschen Einheit, der aktuellen politischen Lage und einem großen Containerschiff. Dort säßen viele Nationen sprichwörtlich in einem Boot und nur durch Zusammenhalt und einen klaren Kurs könne man die Fahrt überstehen. Die Deutsche Einheit, so Fehrs, sei für sie auch nach mehreren Jahrzehnten ein Wunder, das den Menschen aber auch vieles abverlangt habe.
Heße fordert Reform des europäischen Asylrechts
Der katholische Erzbischof Stefan Heße stellte die Flüchtlingslage in den Mittelpunkt seiner Predigt. Das Mittelmeer sei offenbar der größte Friedhof dieser Welt, so Heße. Er forderte, dass das europäische Asylrecht reformiert wird: "Wir brauchen einen besseren Flüchtlingsschutz und eine faire Verantwortungsteilung zwischen allen EU-Mitgliedsstaaten - kurz gesagt: Wir brauchen eine menschenwürdige und eine solidarische Flüchtlingspolitik."
Zu Wort kam auch der Klimaforscher Mojib Latif. Er nutzte den Gottesdienst für einen flammenden Appell: Die Zeit dränge, sagte er. Die Bewahrung des Planeten gelinge nur als Gesamtprojekt aller Menschen. "Es gibt keinen Planeten B", sagte Latif. Er forderte auch ein Signal des Aufbruchs für den Klimaschutz in den Städten. Den Städten komme hier eine besondere Verantwortung zu, so Latif. Das gelte auch für Hamburg.
700.000 Menschen besuchen Bürgerfest in der Innenstadt
Die Feierlichkeiten waren bereits am Montag mit einem großen Bürgerfest gestartet. Nach Angaben von Hamburg Tourismus kamen am ersten Tag mehr als 300.000 Menschen zu dem Fest rund um Rathaus und Binnenalster. Am Dienstag seien es nochmal 400.000 gewesen. Die Stadt präsentierte sich dort mit rund 400 Vereinen und Institutionen und einem bunten Programm als vielfältige, welt- und zukunftsoffene Metropole.
Rund ums Rathaus konnten sich Besucherinnen und Besucher zum Beispiel über die Verfassungsorgane informieren. Dort präsentierten sich Bundesregierung, Bundestag und Bundesrat sowie das Bundesverfassungsgericht. Auf der sogenannten Blaulichtmeile waren unter anderem Polizei, Feuerwehr und Bundeswehr vertreten. Die Mönckebergstraße wurde mit Info-Zelten der 15 anderen Bundesländer zur Ländermeile. Auf der NDR Alsterbühne am Jungfernstieg wurden Musik und Unterhaltung geboten.
Lahm gibt Startschuss für Verkauf von EM-Tickets
Ein Highlight für Fußball-Fans: Turnierdirektor Philipp Lahm gab am Sonntagnachmittag den Startschuss für die erste Phase des Ticketverkaufs für die Fußball-Europameisterschaft im kommenden Jahr. In der ersten Runde des Vorverkaufs sind 1,2 Millionen Eintrittskarten verfügbar. Die Ticketpreise sind gestaffelt und reichen von 30 bis 1.000 Euro. Fünf Spiele der EM finden in Hamburg statt. Lahm und Turnierbotschafterin Célia Šašić schossen im Rahmen der Veranstaltung auf der NDR Bühne mehrere Bälle ins Publikum, mit denen ein direktes Kaufrecht auf zwei EM-Tickets verbunden ist.
Hamburg übergibt Staffelstab an Mecklenburg-Vorpommern
Die Einheitsfeier war der Schluss- und Höhepunkt der Bundesratspräsidentschaft Hamburgs. Am Nachmittag übergab Tschentscher den Staffelstab symbolisch an Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD). Sie übernimmt das Amt offiziell am 1. November. Die nächste zentrale Einheitsfeier gibt es Anfang Oktober 2024 in Schwerin.