Welt der Musik
Sonntag, 17. September 2023, 18:00 bis
19:00 Uhr
Digital Musikgeschichte auszustellen, birgt große Chancen in sich. Das haben an der Hochschule für Musik, Theater und Medien Hannover jetzt ein halbes Dutzend Musikwissenschaftsstudierende erfahren, als sie eine digitale Ausstellung zu der legendären Sängerin Jenny Lind entwickelt haben. Die Schau ist bald im Internet auf dem Kulturerbeportal Niedersachsen zu erleben. Beim Werkstatt-Besuch zeigte sich, dass gerade biographische Details rund um das Leben und Wirken des historischen Gesangsstars durch heutige Mittel gut darzustellen sind. Ein weiterer Vorzug digitaler Ausstellungen: Themen lassen sich verknüpfen und multiperspektivisch aufbereiten.
Springschool 2023
Zu Jenny Lind besitzt das Forschungszentrum Musik und Gender (fmg) an der Musikhochschule Hannover eine weit über 100 Objekte umfassende Sammlung. Sie bildet die Basis für die Ausstellung "Whisky trifft auf Wohltätigkeit" in der Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek in Hannover, die noch bis Frühjahr 2024 läuft. Am fmg stand Lind nun im Mittelpunkt der Springschool 2023, also eines kompakten Workshops für Musikwissenschaftsstudierende. Darin bereiteten die Studierenden die nicht so bekannten Aspekte aus dem Leben und Wirken der schwedischen Sängerin Jenny Lind auf. Ein besonderer Reiz war es, diese Themen multimedial darzustellen. Zugleich bot sich die Chance, andere Themen etwa durch Verlinkung zu verknüpfen und so aufscheinen zu lassen. Insgesamt ging es darum, Musikgeschichte anschaulich mit digitalen Mitteln zu erzählen. Mit diesem Fokus setzten sich die Teilnehmenden mit den Originalquellen und -objekten der Sammlung auseinander und konnten so viel lernen.
Jenny Lind als Werbebotschafterin
Als spannende Themen identifizierten die Studierenden beispielsweise die bisher wenig beleuchtete Frage: Wie ist Jenny Lind im Alter gereist trotz ihrer Beschwerden durch Rheuma? Oder ein Springschool-Teilnehmer hat sich intensiver mit Jenny Lind als prominenter Werbebotschafterin für einen Whisky befasst; in der Lind-Sammlung in Hannover befinden sich ein Original-Werbeplakat und eine der Original-Whisky-Flaschen. Ebenso spannend: die witzigen kurzen Briefe, die Jenny Lind sich mit dem Ehepaar Judeich geschrieben hat. "Die waren befreundet in der Dresdner Zeit", erzählt Studentin Janica Dittmann. "Sie haben sich, in Dresden wohnend, Briefe geschrieben, die sehr an unsere jetzige Messenger-Kommunikation erinnern. Also wirklich ganz kurze Notizen, in denen sie auch scherzen und gar nicht unbedingt große, tiefe Inhalte vermitteln, sondern wirklich einfach nur, um zu kommunizieren."
Digitale Ausstellung
In der digitalen Ausstellung soll dieser Briefwechsel wie eine Messenger-Kommunikation zu erleben sein. Bevor das Werkeln an eigenen digitalen Ausstellungsideen startete, hatte eine intensive Lektüre-Phase während der Springschool für die wissenschaftlich-intellektuelle Basis gesorgt. Auf der Lektüre-Liste standen etwa Ausstellungskataloge aus verschiedenen Jahrzehnten ebenso wie grundlegende Überlegungen in einem ganz frischen Band zum Thema "Ausstellungen digital kuratieren".
Springschool-Leiterin Susanne Rode-Breymann
Für die Sendung hat Dagmar Penzlin in Hannover am Forschungszentrum Musik und Gender einen Tag lang die Springschool begleitet und mit einigen Beteiligten gesprochen: mit den wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen, mit Studentinnen und mit der Springschool-Leiterin Susanne Rode-Breymann, Präsidentin der Hochschule für Musik, Theater und Medien Hannover und Leiterin des Forschungszentrums Musik und Gender. Digitale Editionen und Forschungsdateninfrastrukturen entwickelten sich in der Musikwissenschaft bereits ganz gut, findet Rode-Breymann. Nach Ansicht der Präsidentin sei es zentral, das Thema "Musik digital ausstellen" in der akademischen Lehre stärker zu verankern - auch durch eine eigene Professur.