NDR Radiophilharmonie
Donnerstag, 22. Februar 2024, 20:00 bis
22:30 Uhr
Arie und Fuge, zwei traditionsreiche musikalische Formen, bilden die inhaltliche Klammer bei diesem Programm. Jörg Widmann stellt eine Streichersinfonie des 13-jährigen Felix Mendelssohn Bartholdy eigenen Werken aus jüngerer Zeit gegenüber. Solistin ist Sarah Maria Sun, aktuell eine der gefragtesten Interpretinnen für Neue Musik.
Widmann trifft Mendelssohn
Widmann ist Komponist, Solist und Dirigent - ebenso wie Mendelssohn Bartholdy es war. Seit 2016 spielt er mit dem Irish Chamber Orchestra peu à peu die großen Mendelssohn-Sinfonien auf CD ein und garniert sie mit Stücken aus seinem eigenen Werkkatalog. Eine Geistesverwandtschaft ist zweifellos vorhanden: "Die Lust am Tempo, an raschen Stimmungswechseln auf engstem Raum, an Instrumentalfarben - das teilen wir", bestätigt Widmann.
Geniestreich eines 13-Jährigen
Die Streichersinfonie Nr. 8 ist das Werk eines 13-Jährigen. Eine Stilübung, sicherlich - allerdings eine auf atemberaubendem Niveau! Als Leitstern diente dem Wunderkind Mendelssohn in diesem Fall Mozarts "Jupiter"-Sinfonie. Deren Hauptkennzeichen, Sanglichkeit und gedankliche Durchdringung, setzte er auf persönliche Weise um: Drei Sätze lang bestimmen Melodielinien das Geschehen, bevor das Finale in eine fünfstimmige Fuge gipfelt.
Barocke Formen aus heutiger Perspektive
Gesang und Fuge - genau daran knüpfen auch die beiden Widmann-Werke an. In der Aria für Streicher verstehen sich Geige und Bratsche als Sänger auf ihren Instrumenten, während sich das Orchester in lauter Einzelstimmen auffächert. Und im "Versuch über die Fuge" verschmelzen Worte aus dem alttestamentarischen Buch der Prediger mit Anspielungen auf Beethovens "Große Fuge". Ursprünglich für Streichquartett konzipiert, feierte das Stück 2015 in der erweiterten Fassung Premiere.
Expertin für Neue Musik
In Hannover übernimmt Sun den Solopart, eine ebenso unkonventionelle wie experimentierfreudige Künstlerin. Ihr konsequenter Einsatz für Zeitgenössisches brachte der Sopranistin jede Menge Kritikerpreise und eine Nominierung zur Sängerin des Jahres ein. Mit dem "Versuch über die Fuge" setzt sie sich schon seit einigen Jahren auseinander. Und so anspruchsvoll das Stück auch ist, freut sie sich doch jedes Mal darauf: "Widmann denkt als Klarinettist vom Atem her - die Phrasierungen sind organisch und liegen gut in der Kehle."
Moderation: Friederike Westerhaus