NachGedacht: Wann wird aus Krieg wieder Frieden?
Wenn in diesen Tagen Preise vergeben werden, wenn auf der Frankfurter Buchmesse über Bücher diskutiert wird, wenn Italiens Literatur zum Gastlandauftritt präsentiert wird, dann schwingt auch immer ein anderes Gefühl mit: der Wunsch nach Frieden.
Die ersten Züge sind anstrengend, kosten Kraft und Überwindung, dann aber ist es himmlisch: Schwimmen im spätsommerlichen See, das Wasser kühl, weit und breit kein Mensch, in der Ferne die aufgehende Sonne, schneebedeckte Berge. Das sind Erinnerungen an Tage in Italien: Friedliche Bilder und Momente, dabei sicher auch Imaginiertes, Italiensehnsucht eben, und alles, hier im See, fernab der politischen Verfasstheit des Landes.
Italien als Gastland der Frankfurter Buchmesse
Italien ist in dieser Woche auch bei uns ganz nah, Italien ist Gastland auf der Frankfurter Buchmesse, unzählige Bücher wurden aus dem Italienischen ins Deutsche übersetzt, von Francesca Melandri über Antonio Scurati, Dario Voltolini bis Giulia Caminito oder Davide Coppo - nur einige, wenige Namen. Um vieles geht es in diesen Büchern: Lebenswelten, die zu tun haben mit Familien, mit Eltern, mit Geschichte, mit Verbrechen, mit Politik, mit Kolonialismus, mit Flucht und immer wieder mit dem Krieg.
Krieg als Hintergrundfarbe vieler Romane
Krieg ist eine bestimmende Hintergrundfarbe der vielen Romane aus Italien, die gerade in Frankfurt präsentiert werden, die in den Feuilletons vorgestellt und rezensiert werden. Für Francesca Melandri zum Beispiel war es eine biografische Entdeckung, dass der Krieg in der Ukraine mit ihrem verstorbenen Vater zu tun hat, dass Erzählungen der Vergangenheit für das Hier und Jetzt der Gegenwart elementar sind, dass die Nachkriegszeit bis heute auf der Klaviatur der europäischen Politik gespielt wird.
Frieden hängt weltweit am seidenen Faden
Wenn über Krieg geschrieben wird, sind Gedanken über Frieden in der Regel nicht fern. Wie ist, nach dem Krieg, wieder Frieden möglich? In der Ukraine, im Nahen Osten, in der Welt. Frieden hängt weltweit am seidenen Faden, nukleare Szenarien sind nicht nur Andeutung, sie sind konkret, wenn Nordkoreas Diktator Kim Jong-un erst vor kurzem wieder mit Atombomben in Richtung Südkorea geprahlt hat. Auch Putin droht, und wir ahnen, wozu auch andere Länder in der Lage wären.
Friedensnobelpreis für Japans "Hibakusha"
Das sind keine harmlosen, realitätsfernen Spielereien. Japans "Hibakusha" wissen das. Menschen, die die Atombombenabwürfe 1945 in Hiroshima und Nagasaki überlebt haben. Bis heute setzen sie sich mit ihrer Organisation für nukleare Abrüstung ein. In Oslo wurde das gesehen, gewürdigt. Deshalb ging in der vergangenen Woche der Friedensnobelpreis an sie, weil sie unermüdlich vor der Atombombe warnen, weil sie die verheerenden Folgen dieser Waffen kennen. Mit genau dieser Dringlichkeit wird übermorgen die Frankfurter Buchmesse zu Ende gehen.
Friedenspreis des Deutschen Buchhandels für Anne Applebaum
Die US-amerikanische Osteuropa-Historikerin Anne Applebaum wird am Sonntag in der Paulskirche mit dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels geehrt. Applebaum ist Expertin autoritärer Herrschaftssysteme, gerade erst ist ihr neues Buch erschienen: "Die Achse der Autokraten". In ihrer Rede wird sie die uns alle bewegende und kräftezehrende Frage stellen: Wann wird aus Krieg wieder Frieden? Hoffnungen darauf sind groß!
Anmerkung der Redaktion: Liebe Leserin, lieber Leser, die Trennung von Meinung und Information ist uns besonders wichtig. Meinungsbeiträge wie diese Kolumne geben die persönliche Sicht der Autorin / des Autors wieder. Kommentare können und sollen eine klare Position beziehen. Sie können Zustimmung oder Widerspruch auslösen und auf diese Weise zur Diskussion anregen. Damit unterscheiden sie sich bewusst von Berichten, die über einen Sachverhalt informieren und unterschiedliche Blickwinkel möglichst ausgewogen darstellen sollen.