NachGedacht: Den Irrsinn ins All tragen?
Die Zeit rast, in gut zehn Tagen ist Heiligabend. Bis zum 24. Dezember scheint gerade irgendwie alles eine zeitliche und logistische Herausforderung zu sein. Warum eigentlich?
Jedes Jahr der gleiche Zirkus: Wir hecheln atemlos der Zeit hinterher, das Jahr geht zu Ende, vorher steht Weihnachten vor der Tür. Päckchen hier, Päckchen da. Ich frage mich, geht’s nicht auch ohne das ganze Brimborium? Vielleicht werden auch Sie sich, und das sicher nicht zum ersten Mal, Gedanken darüber gemacht haben. Vielleicht werden Sie heftige Diskussionen im Kreise Ihrer Lieben geführt haben: Ist die Schenkerei wirklich sinnvoll? Wie viele Jahre missglückter Geschenke-Abenteuer liegen hinter uns? Sollte man nicht lieber, Kinder natürlich ausgenommen, gar nichts schenken? Oder zumindest in diesem Jahr einfach mal eine Nullrunde einlegen? Statt auszupacken nur sitzen, singen, reden, zuhören, zusammensein?
Ist ein Weniger möglich?
Der Schriftsteller, Theatermann John von Düffel hat sich das alles auch überlegt: "Ich möchte lieber nichts", heißt sein Fazit, das auch der Titel seines gerade erschienenen Buches ist. Darin gehts natürlich nicht nur ums Schenken an Weihnachten, nein, es geht um die großen Themen, darum, wie wichtig uns das Immer-Mehr ist, ob ein Weniger möglich ist, ob wir nicht einfach zu viel brauchen oder genauer: verbrauchen, die Erde belasten, das Klima kaputtmachen und damit die Lebensmöglichkeiten für Menschen, Tiere, Pflanzen zerstören. Streit, Krach, Machtansprüche, brutale Kriege machen alles ohnehin zur Riesengefahr.
Elon Musk: Die Erde ist nicht genug
Strategen wie Elon Musk haben sich seit Jahrzehnten darauf fokussiert, dass die Erde nicht mehr für ihre Bedürfnisse ausreicht, dass das Leben auf andere Planeten ausgeweitet werden sollte. Die entscheidenden Auseinandersetzungen um Ressourcen, die Konkurrenzkämpfe um technische Innovationen laufen längstens auf Hochtouren. Musk fährt Auto, elektrisch, autonom, baut Raketen, weil er auf den Mars will. "Occupy Mars" das Dauermotto von Elon Musk. Vermutlich auch deshalb hat er es geschafft, den künftigen Präsidenten Donald Trump mit allem dafür Nötigen zu begeistern. Was daraus noch so wird - wir werden es sehen, die Szenarien möchte ich mir heute, an einem Freitag, den 13., nicht ausmalen.
Exkursionen ins All, Mondfahrten begeistern, machen neugierig, haben Mythen und Wunschdenken stets angeregt. "Fly me to the Moon", singt Frank Sinatra 1964 und fragt, wie wohl der Frühling auf den Planeten Jupiter und Mars aussieht. Und nur knapp fünf Jahre später, 1969, wurde der Mond erfolgreich angeflogen, Menschen taten die ersten Schritte auf unbekanntem Boden. Eine Sensation, die bis heute nachhallt, eben nicht nur bei Elon Musk.
Der Wettlauf geht auch im All weiter
Artemis 3 heißt die NASA-Mondlandemission, die in diesem Jahr sogar hätte klappen sollen. Hätte, Konjunktiv, denn aus vielerlei Gründen musste das Projekt verschoben werden. Zum Beispiel, weil neue Raumanzüge dafür bereitgestellt werden müssen. Nicht nur die technischen Details sind dabei wichtig: also, dass man geschützt ist vor Strahlung, Temperaturen bis zu über 200 Grad Minus usw.
Gleich, zack, zack, hat sich das Modelabel Prada auf die Spur gesetzt, das entsprechende Outfit beim internationalen Astronautenkongress in Mailand erst vor wenigen Wochen vorgestellt: Wer zum Mond fliegt, soll dann bitte auch stilecht und angemessen im zukunftstauglichen, weißen Anzug aus Pradas Astro-Linie angezogen sein.
Mmmmh. Geht der Modewahn dann auch jenseits der Erde weiter? Der ganze Irrsinn, der Wettlauf mit allen Superlativen würde fortgesetzt? Wer ist am schicksten, am schönsten, am coolsten? Möglichst teuer, möglichst markenbewusst? Mit einem "Weniger ist mehr" wird’s dann auch im All nichts. Aber, wie heißt es so schön: Die Zukunft steht in den Sternen?
Anmerkung der Redaktion: Liebe Leserin, lieber Leser, die Trennung von Meinung und Information ist uns besonders wichtig. Meinungsbeiträge wie diese Kolumne geben die persönliche Sicht der Autorin / des Autors wieder. Kommentare können und sollen eine klare Position beziehen. Sie können Zustimmung oder Widerspruch auslösen und auf diese Weise zur Diskussion anregen. Damit unterscheiden sie sich bewusst von Berichten, die über einen Sachverhalt informieren und unterschiedliche Blickwinkel möglichst ausgewogen darstellen sollen.