Porträt von Gabriel Urbain Fauré, 1845-1924, französischer Komponist, digital bearbeitet nach einer Fotografie von Nadar, 1905 © picture alliance / imageBROKER | Heinz-Dieter Falkenstein Foto: Nadar
Porträt von Gabriel Urbain Fauré, 1845-1924, französischer Komponist, digital bearbeitet nach einer Fotografie von Nadar, 1905 © picture alliance / imageBROKER | Heinz-Dieter Falkenstein Foto: Nadar
Porträt von Gabriel Urbain Fauré, 1845-1924, französischer Komponist, digital bearbeitet nach einer Fotografie von Nadar, 1905 © picture alliance / imageBROKER | Heinz-Dieter Falkenstein Foto: Nadar
AUDIO: Gabriel Fauré und seine geistliche Musik (Sendung vom 3.11.2024) (56 Min)

Musikalische Schlüsselfigur des Fin de Siècle: Gabriel Fauré

Stand: 11.11.2024 13:25 Uhr

Claude Debussy sagte über ihn, er sei ein Meister des Anmutigen, und Aaron Copland, er besäße "alle markanten Merkmale des französischen Nationalcharakters: Sinnlichkeit, untadelige Manieren, klassische Zurückhaltung“. Gemeint ist der französische Komponist Gabriel Fauré. Am 4. November jährte sich sein Todestag zum 100. Mal.

von Jacqueline Moschkau

Der Place de la Concorde ist einer der fünf königlichen Plätze in Paris und der zweitgrößte in ganz Frankreich. In der Mitte: der Obelisk mit seiner vergoldeten Spitze; er steht in der Blickachse vom Louvre zum Triumphbogen. Die zweite Sichtachse verläuft rechtwinklig dazu: der von Kirche und dem Place de la Madeleine nach Süden über den Fluss Seine zum Palais Bourbon. Dabei ist die Pfarrkirche La Madeleine auf den ersten Blick gar nicht als solche zu erkennen. Denn von außen sieht sie aus wie ein griechisches Pantheon, ein Tempel außen mit Säulen und Relief, innen reichhaltig verziert mit Fresken, Gold und Marmor - und ohne Fenster. Nur durch eine Handvoll Lichtkuppeln wird das Innere des Gebäudes erleuchtet. Von dieser besonderen Stimmung hat sich Fauré für seine Kirchenmusik inspirieren lassen.

Collegium Vocale Gent © Eric de Mildt
AUDIO: Collegium Vocale Gent: "In paradisum" aus "Requiem" von Gabriel Fauré (4 Min)

Das Requiem - eine sanftmütige Totenmesse

Ab 1874 war Fauré an der Pariser Église de la Madeleine tätig; 1896 wurde er hier Titularorganist, ein Titel, der nur wenigen herausragenden Organisten vorbehalten war. Während dieser Zeit entstand Faurés berühmtestes Werk: das Requiem op. 48, eine Totenmesse, die im Unterschied zu anderen Requien ohne himmlisches Strafgericht und Androhung von Höllenqualen auskommt. Fauré hat also bewusst nicht den gesamten Text der Totenmesse vertont. Denn der Tod sei für ihn kein schmerzliches Erlebnis, sondern vielmehr eine willkommene Befreiung, sagte der Komponist einst selbst über sein Werk.

Das Requiem wurde erstmals am 16. Januar 1888 in La Madeleine aufgeführt - zur Jahresgedächtnisfeier des Architekten Joseph-Michel Le Soufaché. Schillernd und jugendlich mag es geklungen haben, als der Knabenchor der Kirche Faurés Kompositionen in La Madeleine gesungen hat.

Collegium Vocale Gent © Eric de Mildt
AUDIO: Collegium Vocale Gent: "Sanctus" aus "Requiem" von Gabriel Fauré (3 Min)

Heilige Orte der Inspiration

Kirchen waren für Fauré schon seit seiner Kindheit Rückzugsorte und Orte der Inspiration. Es heißt, als kleiner Junge habe er sich gern in die Kapelle von Montgauzy zurückgezogen - mit Blick auf die Bergwelt der Pyrenäen, wo er im Städtchen Pamiers am 12. Mai 1845 zur Welt gekommen war. Faurés Vater war Volksschullehrer und es deutete anfangs nichts darauf hin, dass aus dem kleinen Gabriel mal ein Musiker werden würde. Die Erzählung geht weiter, dass eine blinde Frau, die in der Kapelle von Montgauzy gebetet hat, den Jungen dort hat Harmonium spielen hören. Sie sei so ergriffen gewesen, dass sie seinen Eltern davon berichtet hat. So wurden Madame und Monsieur Fauré auf sein Talent aufmerksam und schickten ihn im Alter von 9 Jahren nach Paris. Dort begann er an der Kirchenmusikschule von Louis Niedermeyer zu studieren - und konnte Camille Saint-Saëns als seinen Freund und Lehrer gewinnen.

Collegium Vocale Gent © Eric de Mildt
AUDIO: Collegium Vocale Gent: "Agnus Dei - Requiem aeternam" aus "Requiem" von Gabriel Fauré (6 Min)

"Cantique de Jean Racine" - ein preisgekröntes Frühwerk

Im Jahr 1865, noch als Student, schrieb Gabriel Fauré das Stück "Cantique de Jean Racine" für einen Kompositionswettbewerb - und gewann den ersten Preis. Textgrundlage ist die Nachdichtung eines ambrosianischen Hymnus’ des französischen Autors Jean Racine. Nicht nur Größen wie das Orchestre de Paris und sein Chor oder der Choir of King’s College Cambridge und sehr viele mehr haben dieses Werk für gemischten Chor und Klavier oder Orgel aufgenommen. Auch ein Jugendchor aus Niedersachen, Qualisma, hat sich dieser Musik gewidmet - begleitet vom Organisten Robin Hlinka und Streichern der Hannoverschen Hofkapelle. Die Leitung hatte Keno Weber.

Collegium Vocale Gent © Eric de Mildt
AUDIO: Quilisma Jugendchor: "Cantique de Jean Racine" von Gabiel Fauré (5 Min)

Der Quilisma Jugendchor Springe, 30 Kilometer südwestlich von Hannover gelegen, ist einer der führenden Jugendchöre Deutschlands: mehrfach preisgekrönt, mit einem stilistisch breiten Spektrum von Alter Musik bis zu Uraufführungen, von A-cappella-Musik über Oratorien bis zu Musiktheaterprojekten. Seit 2022 singt der Chor unter der Gesamtleitung von Tammo Azam. Insbesondere mit seinen groß angelegten Musiktheaterprojekten, zuletzt "Odyssee" (2023), setzt der Quilisma Jugendchor in der Konzertlandschaft in und um Hannover immer wieder interessante und wichtige Akzente. Doch auch im europäischen Ausland war der Chor bereits auf mehreren Konzertreisen zu erleben, beispielsweise in Italien, England und Frankreich.

Schlüsselfigur im Pariser Musikleben

Als Chorleiter, Organist und Pianist war Gabriel Fauré um die Jahrhundertwende schnell zu einer festen Größe im Pariser Musikleben geworden. Er schaffte wie kein anderer den Spagat zwischen Kirchenmusik und der leichteren Unterhaltungsmusik, wie man sie damals gerne in den mondänen Pariser Salons hörte. Hier war Fauré ein gern gesehener Gast - als Pianist ebenso wie als intellektueller Gesprächspartner. Überhaupt lief es gut für Fauré in Paris: Im Jahr 1896 wurde er Professor am Conservatoire de Paris und übernahm eine Kompositionsklasse. Bis 1905 war er parallel dazu noch Titularorganist in La Madeleine, dann stieg er vom Kompositionsprofessor zum Leiter des Konservatoriums auf.

Bis er diesen Posten 1920 wegen vollständiger Ertaubung aufgeben musste, hatte er viel bewegt: den Lehrplan reformiert und große Talente wie Nadia Boulanger und Maurice Ravel in ihrer Entwicklung maßgeblich gefördert. Nur vier Jahre später, am 4. November 1924, starb Gabriel Fauré im Alter von 79 Jahren in Paris an einer Lungenentzündung.

Die ganze Chormusiksendung von Eva Schramm können Sie hier nachhören.

 

Weitere Informationen
Podcast NDR Kultur Neue CDs © ©Rob | Fotolia | Stock.Adobe
5 Min

Album der Woche: Gabriel Fauré - Requiem

Eine CD von Choeur de Chambre de Namur, Millenium Orchestra, Caroline Weynants und Thibaut Lenaerts. 5 Min

CD-Cover: William Youn - Boulanger, Fauré, Hahn © Sony Classical
4 Min

Album der Woche: William Youn spielt Hahn, Fauré und Boulanger

Der Pianist hat den Geist der Musik sehr schön eingefangen und präsentiert mit seinem Album tolle Entdeckungen. 4 Min

Das Cover der CD: Gabriel Fauré mit Renaud Capuçon, Julia Hagen und Guillaume Bellom © Deutsche Grammophon

Album der Woche: "Gabriel Fauré" mit Renaud Capuçon

Für ihr drittes Album finden Renaud Capuçon und das Orchestre de chambre de Lausanne für die Werke Faurés besondere Stimmen. mehr

Podcast NDR Kultur Neue CDs © ©Rob | Fotolia | Stock.Adobe
4 Min

Das Neue Album: Lucas Debargu - Fauré: Complete Music for Solo Piano

Ein neues Album von Lucas Debargu - vorgestellt auf NDR Kultur. 4 Min

Das Fauré Quartett im Portrait © Tim Klöckner Foto: Tim Klöckner

Das Fauré Quartett bei den Sommerlichen Musiktagen Hitzacker

Zwei Mitglieder des Fauré Quartetts über ihre Karriere, Festivals und ihre eigene Bearbeitung von Mussorgskijs "Bilder einer Ausstellung". mehr

Johannes Brahms mit Kopfhörerrn © picture alliance / World History Archive

Klassik to Go: Die digitale Werkeinführung zum Download

Ob zu Hause oder unterwegs, lassen Sie sich mit dem NDR Podcast "Klassik to Go" bestens auf ein Werk einstimmen. mehr

figure humaine kammerchor © Nicolle Buttler

Lieder von Fauré, Hensel und Co in neuer Mehrstimmigkeit

Der figure humaine kammerchor und sein Album "Rencontre - Begegnung" mit Bearbeitungen französischer und deutscher Lieder. mehr

Weitere Informationen
Das NDR Vokalensemble © NDR/Marius Engels Foto: Marius Engels

Chormusik

In der Sendung präsentieren wir Singen auf höchstem Niveau. Chormusik aus allen Jahrhunderten, aus allen Ländern und Zeiten und Chöre aus aller Welt. mehr

Dieses Thema im Programm:

NDR Kultur | Chormusik | 03.11.2024 | 17:00 Uhr

Schlagwörter zu diesem Artikel

Klassik

NDR Kultur App Bewerbung © NDR Kultur

Die NDR Kultur App - kostenlos im Store!

NDR Kultur können Sie jetzt immer bei sich haben - Livestream, exklusive Gewinnspiele und der direkte Draht ins Studio mit dem Messenger. mehr

Der Arm einer Frau bedient einen Laptop, der auf einem Tisch in einem Garten steht, während die andere Hand einen Becher hält. © picture alliance / Westend61 | Svetlana Karner

NDR Kultur Newsletter

NDR Kultur informiert alle Kulturinteressierten mit einem E-Mail-Newsletter über herausragende Sendungen, Veranstaltungen und die Angebote der Kulturpartner. Melden Sie sich hier an! mehr

NDR Kultur Livestream

ARD Nachtkonzert

00:00 - 06:00 Uhr
Live hörenTitelliste