Wie Schiller den "Wanderer über dem Nebelmeer" vertont
Die Stimmung von Caspar David Friedrichs Bildern hat Christopher von Deylen vom Musikprojekt Schiller inspiriert. Sehnsucht, Melancholie, Fernweh - Schillers Trance-Balladen sind Romantik fürs digitale Zeitalter.
"Ich fühle eine große Romantik in mir. Romantik ist für mich die höchste Form der Weltflucht und deswegen gehe ich davon aus, dass sich die auch in meiner Musik widerspiegelt", sagt Christopher von Deylen vom Musikprojekt Schiller. "Ich glaube, ich würde mich am ehesten als romantischen Impressionisten bezeichnen. Ich kann überhaupt nicht malen, aber wenn ich es könnte, ist das auf jeden Fall das, was wohl am ehesten entstehen würde."
Faszination für Caspar David Friedrichs Naturwahnsinn
Er malt mit Klängen: Der Schiller-Sound sind sphärische, elektronisch-sinfonische Klangwolken. "Caspar David Friedrich hat mich durch seinen Naturwahnsinn schon sehr früh fasziniert - die Sehnsucht, das Fernweh, die Melancholie und die positive Ausweglosigkeit, die man in den Bildern manchmal spürt", erzählt Schiller. In seinem Studio nahm er den "Wanderer über dem Nebelmeer" auf. "Das Lied hat mich, als es fertig war, an das Bild erinnert - wenn man so will ein Zirkelschluss. Deswegen habe ich es 'Der Wanderer über dem Nebelmeer' genannt."
Er probt für die anstehende Clubtour - zum Friedrich-Jahr gibt es sogar den passenden Namen, sagt er: "Das Reisen liebe ich, ob weit weg oder vor der Haustür. So kam ich auf den Namen 'Wanderlust'. Denn Wanderlust ist eines der wenigen Worte, die im Englischen genau wie im Deutschen benutzt werden."
Schiller: Romantik fürs digitale Zeitalter
Wanderlust, Fernweh, Sehnsucht - klingt alles ein bisschen nach Friedrich! Schiller komponiert Songs zum Abtauchen und bedient die Sehnsucht nach kleinen Fluchten in einer herausfordernden Welt. "Der Deutsche ist generell ein bisschen unzufrieden und würde lieber woanders sein als da, wo er gerade ist", erklärt Schiller. "Daher kommt das Fernweh - und die Sehnsucht. Das Wort gibt es nur im Deutschen. Wir neigen zu einer gewissen teutonischen Schwere, die wir gerne zelebrieren und in der wir manchmal das Gefühl haben, es geht uns schlechter, als es eigentlich der Fall ist."
Schillers Trance-Balladen sind Romantik fürs digitale Zeitalter. "Es gibt so viele Sachen, über die man sich permanent ereifern, empören und ärgern kann. Dann geht man aber einmal in den Wald, zum Kreidefelsen oder zum Nebelmeer und sieht, dass das eigentlich marginale Problemchen sind gemessen an dem, was uns die Natur bieten kann."