Vom "Goldenen Reiter" bis Wacken: Joachim Witt wird 75
Joachim Witt ist einer der großen Stars der Neuen Deutschen Welle. Sein "Goldener Reiter" war damals einer der Hits, an denen man nicht vorbeikam. Heute wird der Hamburger 75 Jahre alt. Er ist immer noch aktiv im Musikgeschäft.
"Hey, hey, hey, ich war der Goldene Reiter!" Was für ein Sound! Was für ein Song! Das Lied kam damals genau zur rechten Zeit, denn musikalisch und finanziell steckte Joachim Witt damals, Anfang der 1980er-Jahre, in der Sackgasse. "Es war das, was man heute Burnout nennt - eine sehr depressive Verstimmung. In dieser Situation war ich damals und habe diese Dinge in dem Lied verarbeitet", erinnerte Witt sich später. "Der Song war für mich wie ein Befreiungsschlag."
"Goldener Reiter": Legendärer Song über einen Schizophrenen
Anfangs lag die Platte allerdings noch wie Blei in den Regalen. Erst ein Auftritt in der legendären Fernsehsendung "Musikladen" brachte damals die Wende. "Ich hätte nie damit gerechnet, dass der Song so populär wird, denn der Inhalt ist ja relativ schwer und kompliziert", sagt Witt. Der Song erzählt tatsächlich eine düstere Geschichte von einem Schizophrenen auf dem Weg in die psychiatrische Klinik. Bei der Neuen Deutschen Welle konnte man sich ja nie so sicher sein: Ist das gaga oder genial? Joachim Witt ganz selbstbewusst: "Auf jeden Fall genial!"
Weicher Mann und neue Härte
Angefangen hat Joachim Witt als Julian - ein jugendlicher, weicher Hippie-Typ mit langen Locken. Und so sang er 1974 mit Kopfstimme fragil über die neue Männlichkeit: "Ich bin ein Mann!" Doch erst der schräge "Goldene Reiter" wurde zum Hit. Danach wurde es in den 1980er-Jahren auch wieder schwieriger für Witt. "Das war eine Sauregurkenzeit, unter der ich als Künstler gelitten habe", erinnert er sich. "Ich konnte nichts mehr an den Mann bringen und wurde ignoriert, das war ein richtiger Schlag." Jahrelang verschwand Joachim Witt von der Bildfläche und kehrte erst 1998 mit der Synthie-Pop-Koproduktion "Die Flut" in die Charts zurück - mit Pathos. Auch das aktuelle Album "Fels in der Brandung" klingt nach dieser neuen deutschen Härte. Mit weißem Rauschebart ist Witt optisch mittlerweile eine Mischung aus Gandalf, Rasputin und einem Prediger aus dem Bible Belt vor 100 Jahren.
Zwischen Wacken und Schlager
Witt machte eine Menge mit: Er war bei Promi Big Brother dabei, sang mit Lotto King Karl 2019 den HSV-Song "Aufstehen", nahm mit Achim Reichel und Ulrich Tukur den deutschen Klassiker "Ein Freund, ein guter Freund" noch einmal auf und trat auch beim Heavy-Metal-Festival in Wacken auf. 2012 sorgte das Video zu seinem Song "Gloria" für Schlagzeilen, weil er dort angeblich Bundeswehrsoldaten verunglimpfte. In den Medien hörte man von ihm zuletzt, dass er sich für die neue Partei von Sahra Wagenknecht engagiert. Und man konnte ihn auch auf der Schlagerstrandparty in Gelsenkirchen mit Marianne Rosenberg auf der Bühne erleben. Joachim Witt, der NDW-Veteran! Gerade läuft eine Tournee durch kleine Clubs. Da darf dann dieser eine Song auch nicht fehlen. "Wenn ich auf Konzerte anderer Bands gehe und die dann nur neue Sachen spielen und nicht die alten Hits, finde ich das sehr schade. Deshalb will ich das meinen Fans nicht zumuten." Goldener Reiter forever!