Scooter: "Texten ist unheimlich schwierig"
Der Dokumentarfilm "FCK 2020" begleitet Scooter über die vergangenen zweieinhalb Jahre quer durch Europa und zeigt die Anfänge der Band. Ein Gespräch mit H.P. Baxxter über den Film, die Band Scooter, ihre Texte und seine Mutter.
Seit mehr als 25 Jahren hallt der Schlachtruf "Hyper, Hyper" von H.P. Baxxter und seiner Techno-Band Scooter durch ausverkaufte Konzerthallen. Mit eingängigen Hits zu einschlägigen Techno-Beats legte er den Grundstein seiner weltweiten Karriere. Musik und Outfit des Hamburgers haben sich seitdem kaum verändert. Mit seinen wasserstoffblonden Haaren und der extravaganten Garderobe ist H.P. Baxxter das Aushängeschild des Trios. Der Dokumentarfilm "FCK 2020" begleitet Scooter über die vergangenen zweieinhalb Jahre quer durch Europa - privat, im Studio, auf Reisen und auf Konzerten. Am 12. Januar kommt der Film ins Kino.
Relativ zu Beginn des Films hört man deine Mutter, die bei Archivaufnahmen sagt: "Da war er auch schon ein Diktator". Ist das eine Beleidigung für dich oder ein Kompliment?
H.P. Baxxter: Eigentlich ein guter Scherz. Mir wurde oft gesagt, dass man nicht genau erkennen kann, ob ich etwas ernst meine oder ob das ein Witz ist. Die Wahrheit liegt meistens in der Mitte. Sie meinte auch, dass ich früher einen Kommando-Ton hatte. Oder auch manchmal gar nichts gesagt habe, sondern einfach nur auf etwas gezeigt: Man solle mir das bitte geben. Aber das war immer ein Running Gag. Ich hatte mit meiner Mutter früher viele Auseinandersetzungen. Aber wir hatten auch viel Spaß.
Ein bisschen Diktator bist du immer noch. Das sieht man auch im Film. Es gibt Regeln: Ein täglicher Report, wenn ihr auf Tour seid, Warm-Up nach bestimmten Vorgaben und es gibt auch den Bar-Zwang. Wozu brauchst du diese Regeln?
Baxxter: Man hat viele Routinen auf Tour - und es kann auch mal langweilig werden. Diese leicht zum Augenzwinkern gemeinten Regeln, die lockern das ein bisschen auf. Es sind auch Dinge, auf die man sich freut. Der Bar-Zwang ist in den frühen Jahren von Scooter entstanden, wo wir noch in der Hotellobby ein Bier getrunken haben. Da ist gar nicht so viel passiert. Aber ich fand das immer doof, wenn alle so früh ins Bett sind, Ich kann nach einer Show nicht gleich ins Bett gehen. Man ist auf 180 und voll Adrenalin - da kann ich nicht schlafen. Mit dem Zwang - das darf man auch nicht so bierernst nehmen. Das ist nur manchmal dann in der Euphorie: "Heute ist Barzwang".
Man sieht in dem Film, wie besessen du von Musik bist. Bist du selbst manchmal überrascht, dass du nach mehr als 30 Jahren immer noch da stehst und dass du so viele Fans hast? Was ist dein Erfolgsrezept?
Baxxter: Ich denke selten so zurück. Als Cordula Kablitz diese Doku jetzt gedreht hat - das ist natürlich ein Moment, wo man wirklich mal zurückschaut. Da wurde mir auch noch einmal bewusst, wie lange das eigentlich schon geht. Das nimmt man im täglichen Alltag gar nicht so wahr. Da spürt man schon so eine Art Dankbarkeit. Man muss immer am Ball bleiben, immer Vollgas geben. Das macht ja auch Spaß. Dass es immer wieder Überraschungen gibt - ein Festival, das noch größer ist, womit man nicht gerechnet hat - das ist schon toll. Aber eben alles andere als selbstverständlich. Das sehe ich auch so und freue mich natürlich darüber.
Deine Fans bleiben erstaunlicherweise sehr jung.
Baxxter: Das ist ganz unterschiedlich. In Deutschland haben wir bei einer Tournee ein sehr gemischtes Publikum. Die Fans der ersten Stunde, die mittleren und die ganz neuen. Aber bei den Festivals in England ist es so: Da sind nur junge Leute, die sind zwischen 18 und 22 schätze ich mal. Das verwundert mich manchmal auch. Das ist schon verrückt.
Du bist auch selbstkritisch. Eure Texte sind ja häufig auch ein bisschen Nonsense.
Baxxter: Ich würde sagen, die sind auch abstrakt. Manchmal steckt doch schon etwas dahinter. Aber es ist nicht so, dass wir beabsichtigen, einen tiefgründigen Text zu schreiben, der die Welt verändert. Wir schreiben so, dass man eine gute Zeit hat. Das ist unsere Mission: Einfach mal abschalten können von dem, was nervt. Dieses tägliche Drama, was so in der Welt los ist. Ich hatte gerade nach Corona Fans, die fast den Tränen nah zu mir kamen und meinten, dass es das erste Mal war, dass man einfach mal loslassen konnte. Dass es einfach eine gute Zeit war - und mehr soll es ja auch nicht sein.
Gerade in Deutschland ist Spaß nichts Gutes. Es muss immer alles eine Schwere haben. Immer so tiefgründige Sachen - und dann bist du ganz toll. Aber wenn es darum geht, einfach mal abzuschalten, das ist nicht so hoch angesehen. Ich denke in Amerika ist das anders - oder auch in anderen Ländern. Das finde ich manchmal schade, aber so ist die Mentalität. Trotzdem ist das Texten unheimlich schwierig. Man denkt immer, der redet ja eh Quatsch. Aber die Texte müssen erstmal rhythmisch, phonetisch und vom Reim stimmen - und dann auch noch einen Witz haben, der nicht plump ist. Das sind ja schon Wortspiele. Oder auch manchmal eine Message, wenn sie auch verschlüsselt ist. Dass man dann schon suchen kann, ist da was ernst gemeint? Ist es nur abstrakt? Das ist ja auch eine Kunstform. Also ich mache mir schon immer einen Kopf. Manchmal hat man Glück, da hat man selber so einen Flow. Es gibt aber auch Phasen, da sitzt man vor diesem leeren Blatt und es fällt einem gar nix ein. Also leicht ist das auch nicht.
Das Gespräch führte Barbara Block.