Roger Waters bei einem Auftritt im Mai in Hamburg bei der Tour "This is a not drill" © Foto: Daniel Bockwoldt/dpa +++ dpa-Bildfunk +++ Foto: Daniel Bockwoldt
Roger Waters bei einem Auftritt im Mai in Hamburg bei der Tour "This is a not drill" © Foto: Daniel Bockwoldt/dpa +++ dpa-Bildfunk +++ Foto: Daniel Bockwoldt
Roger Waters bei einem Auftritt im Mai in Hamburg bei der Tour "This is a not drill" © Foto: Daniel Bockwoldt/dpa +++ dpa-Bildfunk +++ Foto: Daniel Bockwoldt
AUDIO: Roger Waters: Düsterer Abend der Pink-Floyd-Legende in Hamburg (4 Min)

Roger Waters in Hamburg: Und wieder steigt der Schweineballon

Stand: 09.05.2023 17:15 Uhr

Am Sonntag war Roger Waters für seinen Deutschlandtour-Auftakt in Hamburg. Ein Bericht über einen musikalischen Abend der großen Forderungen der Pink-Floyd-Legende mit symbolischen Schüssen ins Publikum.

von Danny Marques Marcalo

Seit einigen Wochen schon hat der ehemalige Pink Floyd-Musiker Roger Waters für Aufregung gesorgt. Er hat am Sonntag in Hamburg seine Deutschlandtour gestartet. Dass er hierzulande unterwegs ist, gefällt nicht jedem. Mitunter wird ihm Antisemitismus vorgeworfen.

Unter dem Motto "Keine Bühne für Antisemitismus" haben am Montagabend Menschen vor dem Kölner Dom gegen das Konzert von Pink-Floyd-Mitbegründer Roger Waters am Dienstag in der Lanxess-Arena demonstriert. Nach ersten Angaben sei eine zweistellige Teilnehmerzahl gemeldet worden, sagte eine Polizeisprecherin.

Zudem hat Waters sich im Krieg in der Ukraine öffentlich auf die Seite Russlands geschlagen. In Frankfurt sollte daraufhin ein Konzert abgesagt werden, was aber vom Verwaltungsgericht wieder einkassiert wurde. Nun ist er also in Hamburg in der Barclays-Arena zur ersten Show seiner Tour aufgeschlagen, die seine Abschiedstournee sein könnte.

Musikalisch und optisch imposanter, aber platter Abend mit Roger Waters

Roger Waters bei einem Auftritt im Mai in Hamburg bei der Tour "This is a not drill" - im Hintergrund das Wort "Evil?" auf der Leinwand © Foto: Daniel Bockwoldt/dpa +++ dpa-Bildfunk +++ Foto: Daniel Bockwoldt
Immer wieder tauchen (politische) Botschaften auf der Leinwand in Hamburg hinter Musiker Roger Waters auf.

Zehn Minuten bevor es losgeht, kommt über die Lautsprecher eine aufgezeichnete Ansage von Roger Waters. Ein Frankfurter Gericht habe festgestellt, dass er kein Antisemit sei. Das Publikum johlt und jubelt. Das ist so zwar nicht korrekt, aber es passt zu einem Abend, der musikalisch und optisch imposant ist, aber inhaltlich oberflächlich, ja oft auch richtig platt.

Die Bühne ist in der Mitte der Arena, gigantische Videowände, die sich kreuzen. Als es zu "Comfortably Numb" von Pink Floyd losgeht, hebt sich das Videowandkreuz an und Roger Waters samt Band kommen hervor. Mit dieser Installation kann er im Kreis laufen, die ganze Halle bespielen. Von Anfang an plärrt die Videowand einem Roger Waters' Botschaften entgegen. "Sind die anderen wirklich böse?", oder, "Wer sagt das? Die Regierung", steht dann da. Oder das Wort "Propaganda". Später werden Namen von Menschen eingeblendet, die durch Staaten unterschiedlicher Art zu Tode kamen: Sophie Scholl, George Floyd, Jina Amini und viele mehr. Roger Waters will politisch sein.

Pink-Floyd-Legende erzählt bewegende Anekdote

Roger Waters richtet sich wenig ans Publikum. Er erklärt die Arena, mit den gut 11.000 Zuschauer nicht ausverkauft, zu einer großen Bar, wo man zusammen sitzen und quatschen könne. Im September wird er 80 Jahre alt. Die über zweieinhalb Stunden Show scheint er locker wegzustecken. Spielt Gitarre, Klavier, singt gut. Wenn er "Wish You Were Here" spielt und dabei über die Videowand seine Geschichte mit Pink-Floyd-Mitglied Syd Barrett erzählen lässt, dann ist das richtig bewegend.

Verstörender zweiter Teil der Show in Hamburg mit symbolischen Schüssen

Umso verstörender der zweite Teil der Show: Banner kommen von der Decke, mit Hammern, die sich kreuzen. Roger Waters kommt im Ledermantel und mit Armbinde auf die Bühne, lässt sich von Menschen im Wehrmachtslook begleiten, keift, dass das Publikum lauter werden solle, am Ende schießt er mit einer Maschinenpistole symbolisch ins Publikum.

Der berühmt-berüchtigte Schweineballon steigt dann ebenfalls. Ohne Judenstern aber. Dazu tanzen Schweine bei "Money" auf der Videowand. Völlig ironiefrei fordert er den Kapitalismus zu bekämpfen, während das billigste Ticket für den Abend 100 Euro kostet.

Roger Waters fordert an diesem Abend Transrechte, Flüchtlingsrechte, ein Recht auf Abtreibung. Am Ende widmet er dann noch seinem kürzlich verstorbenen Bruder einen Song. Das Spektakel ist zu Ende. Die Fans scheinen überwiegend zufrieden.

In der Weltsicht von Roger Waters hat jeder Unrecht

Es ist ein Abend der großen Forderungen und bildlichen Gesten. George Orwell habe die dystopischen Zeiten, in denen wir angeblich leben, vorausgesagt. Er habe Angst vor der nuklearen Auslöschung. Waters trägt ein Palästinensertuch um den Hals, alle US-Präsidenten seit Reagan seien Kriegsverbrecher. Originell ist er nicht mehr.

Es scheint, in der Weltsicht von Roger Waters hat jeder Unrecht. Die westliche Welt? Eine Bande von Verbrechern. Der Planet am Abgrund. Kein Optimismus, keine konstruktive Kritik, keine Vision. Immerhin kein offener Judenhass und keine Putin-Propaganda. Letztendlich ist es so: So sanft Roger Waters stellenweise wirken kann, im Grunde war es ein düsterer Abend.  

AUDIO: Pink Floyd: Die seltsame Welt des Roger Waters (3 Min)
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Dieses Thema im Programm:

NDR Kultur | Klassisch in den Tag | 08.05.2023 | 06:55 Uhr

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