Mousse T. und sein Erfolgsgeheimnis: "Gute Stimmen auf tanzbarem Beat"
Vor 30 Jahren hat der Musiker und Produzent Mousse T. sein Label Peppermint Jam gegründet. Ein Ortsbesuch klärt auf, wie er sein Label über all die Jahre am Laufen hält.
Zwischen verlassener Expo-Architektur, schicken Neubauten und etlichen Baustellen befindet sich der ziemlich imposante "Peppermint Pavillon". Bei der Expo 2000 in Hannover war der Bau das Domizil Belgiens. Drei Etagen, über 2000 qm Fläche: Neben Studios, Büros und Veranstaltungsräumen sitzt hier auch die hauseigene Eventagentur und das Restaurant "Funky Kitchen". Ein kleines Imperium hat er aufgebaut: Mustafa Gündoğdu, den alle Mousse T. nennen. Kein Boss-Typ, eher bodenständig, grundsympathisch, auch wenn er als Produzent mit Musikgrößen wie Phil Collins oder den Scorpions gearbeitet hat. Mit seinem Label Peppermint Jam hat der 57-Jährige sich auf einen anderen Sound spezialisiert: "Immer gute Stimmen auf einem coolen, meist tanzbaren Beat", bringt er sein Geheimnis auf den Punkt.
Heute ist er wieder sehr angesagt, dieser funky und discoide House mit starken, souligen Stimmen. Anfang der Neunziger ist er aber hierzulande noch eine Nische, erklärt Mousse T.: "Das hat in Deutschland überhaupt nicht stattgefunden. Wir haben versucht, unsere Musik mit deutschen Plattenfirmen zusammen zu machen. Da kamen wir aber nicht weit. Und da ist natürlich der erste sehr, sehr zickige Impuls zu sagen: Dann eben nicht, dann machen wir das selber."
Am Anfang Highlights en masse bei Mousse T. und Peppermint Jam
Gemeinsam mit seinem Musiker-Kollegen Errol Rennalls gründet der Hannoveraner 1994 das Label Peppermint Jam, um die eigene Musik zu veröffentlichen, aber auch die Tracks anderer Künstler, die in Deutschland noch keine Labelheimat finden können. Den ersten internationalen Erfolg beschert ihnen der Hamburger Boris Dlugosch: Mit "Keep Pushing" geht es aus der Nische ohne Umweg in den Mainstream. Kurze Zeit später wird Mousse T.s Track "Horny" zum Charts-Hit.
Peppermint Jam hat einen Lauf: Nächstes Highlight, eine explosive Produktion mit dem "Tiger", mit Tom Jones. "Sex Bomb". Dazu erzählt Mousse T. eine kleine Anekdote: "Meine Mutter hat früher Tom Jones hoch und runter gehört. Fand ich nicht gut, weil es natürlich die Eltern hören. Fast forward: 15 oder 20 Jahre später, stehe ich mit Tom Jones im Studio. Meine Mutter ist die stolzeste Mutter der Welt. Und ich? Ich begreife dann natürlich, was für ein unfassbares Talent und was für eine Legende dieser Mann ist."
Künstlerischer Anspruch vs. Musikbusiness-Realität
Auf die großen Erfolge folgt eine Identitäts-Krise. "Bis zu den 'Horny'-Zeiten war ich so ein cooler Dude. Ich kam so aus der Clubszene, habe coole Sachen gemacht. Und dann kam 'Sex Bomb' um die Ecke, quasi so ein bisschen als Nachfolger von 'Horny'. Und dann rief mich ein befreundeter Musikmanager aus England an, der hat gesagt: Super! Hier bist du Nummer eins mit Tom Jones. Aber du weißt schon, dass das das Ende deiner Coolheit ist?!"
Coolness ist definitiv eine Währung im Musikgeschäft. Aber davon allein lässt sich keine Miete und kein Studioequipment bezahlen. Das erkennt Mousse T. schnell und auch, dass er für kommerziellen Erfolg hin und wieder die eigenen Ansichten hinterfragen, den künstlerischen Anspruch der Realität des Musikbusiness anpassen muss. So meistert Mousse T. seit 30 Jahren den Balance-Akt zwischen Kunst und Kommerz.
Von der Platte zur Musikdatei
Das ganz große Geld lasse sich heute allerdings mit der Veröffentlichung von Musik gar nicht mehr verdienen - das sei in den Neunzigern noch anders gewesen, erzählt er: "Ich möchte jetzt auch nicht alt klingen, aber natürlich war das Goldgräberstimmung. Du hast mit Vinyl damals echt viel Geld verdient. Mit CDs hast du noch mehr Geld verdient, weil die Margen halt so abartig waren. Und dann kommt auf einmal ein kleines schönes Ding daher, das nennt sich MP3 - das hat natürlich alles auf den Kopf gestellt." Auch wenn Vinyl heute wieder in ist: Plattenverkauf dient für Mousse T. inzwischen eher als Marketinginstrument. Wichtiger seien Live-Konzerte und das Verlagswesen. Clever, dass er all diese Arbeitsbereiche unter dem Dach des Peppermint Pavillons vereint.
Hoffnung auf Zukunft des Musikgeschäfts
Den runden Geburtstag nimmt Mousse T. zum Anlass zu überlegen, wie die nächsten 30 Jahre aussehen könnten. Er blickt mit Hoffnung auf die Zukunft des Musikgeschäfts. Und er hat einen Wunsch zu seinem Dreißigsten: "Dass wir wieder mit so ein bisschen Leichtigkeit auch Sachen machen, die einfach frech sind und nicht zu durchdacht - und dass die Leute uns auch wieder kennenlernen, dass sie sagen: Das ist hier deutsches Kulturgut, was die Jungs machen. Die kommen aus Hannover und gehen in die Welt raus. Und da sind wir wirklich stolz darauf."