Klapping auf Kampnagel - wenn aus Fußball ein Tanz wird
Das könnte Suchtpotenzial haben: Klapping - ein Tanzstil, der aus Fußballbewegungen besteht. Beim Internationalen Sommerfestival auf Kampnagel wird schon kräftig geprobt.
Wie fix die sind! Sechs Jugendliche bewegen sich wie die Weltmeisterinnen, machen Fußball-Moves, wiederholen sie nacheinander. Nach einer knappen Stunde sieht es schon wie eine Choreografie aus, Marke: zeitgenössischer Modern Dance auf Kampnagel. Fußball mit hochkultureller Goldkante!
Die Mischung machts
Schlangenbewegungen mit dem rechten Fuß, ein Fake-Kick, bei dem die Fußspitze über den Tanzboden reibt, ein Sprung, ein Hüftschwung - ganz ohne Ball. Es sind Moves direkt vom Sportplatz - Josefine und Phyllis finden es super. "Wir spielen beide zusammen im Verein und haben auch mal zusammen getanzt. Dadurch die Mischung. Wir kennen aus beidem schon Bewegungen und den Stil", erzählen die beiden.
Bewegungen sind direkt dem Fußball entnommen
Der 13-jährige Tammo wollte immer schon mal bei einem Hip-Hop-Workshop mitmachen. Jetzt ist er hier gelandet, auf Kampnagel, dem Tempel für zeitgenössische Performance. "Wenn man diese Fußballtricks selber mal mit dem Ball gemacht hat, dann kann man das auch besser als Tanzbewegung machen. Jetzt bin ich hier, das ist cool", sagt Tammo stolz.
Transfer vom Ballsport in eine Tanzbewegung braucht mentale Lockerheit
Das Überraschende: Die Jugendlichen kennen sich gerade eine Stunde - und sehen schon aus wie eine gewachsene Gruppe. "Das ist unglaublich, wie schnell sie das können", staunt auch Ahilan Ratnamohan. Der Australier hat diesen ungewöhnlichen Tanzstil vor ein paar Jahren erfunden: Klapping.
"Eigentlich muss man den Kopf befreien, weil wir diese Bewegungen normalerweise in einer gewissen Folge auf dem Feld machen. Es ist immer ganz konkret nur mit dem Ball", erläutert Ratnamohan. "Aber wir versuchen, das zu öffnen!"
Vom Traum als Profifußballer zum Tanzstil-Erfinder
Ahilan Ratnamohan hat schon immer Theater und Fußball geliebt. Vor etwa 15 Jahren ist er nach Europa gekommen. "Ich wollte Profifußballer sein - und ja, es ist mir nicht gelungen", erinnert er sich. "Danach bin ich zufällig zum ESV Freilassing gegangen. Dort habe ich in der Bezirksoberliga gespielt. Dann sind wir aufgestiegen. Es war ein super Abenteuer für mich."
Aber nach einer Saison ist er zurück nach Australien, hat Theater gespielt. Irgendwann kam die Idee, eine Art Streetdance zu entwickeln, einen Tanzstil, der sich direkt an Fußballer und Fußballerinnen richtet. Wie Alina und Alexandra! "Man lernt hier Bewegungen, die man auch im Fußball einsetzen kann", erzählen sie. "Aber man kann auch die Bewegungen, die man vom Fußball hat, hier besser nutzen. Die Mischung ist interessant."
Fußball und Tanzen von geschlechtsspezifischen Vorurteilen befreien
Ob das Zupfen am Trikot, eine geniale Drehung, eine Geste der Enttäuschung, ein kriegerisches Stampfen auf den Boden. Ahilan Ratnamohan nennt es ein Archiv der Bewegungen abseits von Tor und Niederlage. Er hat sie Profispielern abgeschaut. Tanz hat schnell das Klischee von zu feminin, zu weich. Im Fußball müsse "man" oder "frau" Härte zeigen. Beim Klapping will der Ex-Fußballspieler mit dem Vorurteil aufräumen: "Es ist zugänglich für andere Fußballer. Am Ende sind sie wirklich am Tanzen. Sie tanzen zeitgenössischen Tanz - aber sie wissen es kaum." Es ist elektrisierend, wie die Jugendlichen die Energie bündeln und in den Raum schießen, wortwörtlich. Fußball zeigt hier seine tänzerische Qualität.