Die Macht der Fans im Pop: Ihre Sonnen- und Schattenseiten
Was wären der Sport oder das Popgeschäft ohne Fans? Sie machen Stimmung und sorgen für Umsätze. Manchmal allerdings können Fans auch anstrengend und aufdringlich sein und sie haben oft ein überraschend großes Machtpotenzial.
Bill Kaulitz ist Sänger der Band Tokio Hotel. In einer arte-Doku berichtet er von seinem Erlebnissen: "Die sind ja an Hotelwänden hochgeklettert und an Dachrinnen, egal in welchem Stockwerk du warst. Die Hotels waren ausgebucht mit Fans, die sich überall eingebucht haben. Es gab sozusagen kein Entkommen und es gab keinen Rückzugsort."
Die unterschätzte Macht der Fan-Community
Fans können lästig, aber auch mächtig sein. "Ich empfehle allen von uns, die diesen Saal mit 90.000 Sitzplätzen gefüllt oder völlig leer sehen wollen: Reserviert jetzt Tickets und lasst ihn allein auf der Bühne stehen." Mit diesem Aufruf sorgte Mary Jo Laupp, besser bekannt als TikTok Grandma, dafür, dass Donald Trump bei einigen seiner Wahlkampveranstaltungen vor auffällig leeren Rängen sprechen musste. So hatten sich beispielsweise zahlreiche K-Pop-Fans zuvor Tickets reserviert, ohne hinzugehen.
Nur eine von vielen Aktionen der Popmusik-Anhänger. So sammelten sie mehr als eine Million US-Dollar für die Black-Lives-Matter-Bewegung oder setzten in den sozialen Netzwerken rassistische Hashtags wie "White Lives Matters" schachmatt. "Das bedeutet, wir haben dann unter diesem Hashtag ganz viele Videos von tanzenden K-Pop-Idolen gepostet. Wir haben gesagt, wenn man auf diesen Hashtag geht, dann sieht man nur noch K-Pop-Kram, dann sieht man diesen ganzen rassistischen Scheiß nicht mehr", sagt Lisa-Sophie Scheurell, Moderatorin des K-Pop-Podcasts "K-Pop Pardon".
Fan kommt von "Fanaticus"
Das Wort Fan kommt ursprünglich vom Lateinischen "fanaticus", was so viel bedeutet wie "von der Gottheit ergriffen“ oder "in rasende Begeisterung versetzt" und vom Englischen "fanatic", also eifernd, schwärmerisch. Man merkt das bei ohrenbetäubendem Kreisch-Alarm bei Pop-Konzerten und dröhnenden Fangesängen in Fußballstadien. Ohnmachtsanfälle und Massenhysterie im Pop gibt es seit den wilden Zeiten der Beatles in den Sechzigern; Heulattacken und Kuscheltier-Bombardements auf diverse Boy-Bands gehören heutzutage dazu.
Fans sind extrem begeisterungsfähig, kennen sich sehr gut aus mit Lieblings-Band, -Verein oder -Serie. Und sind deswegen ein simples und beliebtes Satire-Ziel. Wie 1986 in der "Saturday Night Life"-Show. Damals zog "Captain Kirk"-Darsteller William Shatner die "Star Trek"-Fans ordentlich durch den Comedy-Kakao: "Einige von euch sind Hunderte von Kilometern gereist, um hierher zu kommen. Lasst mich euch sagen: Besorgt Euch ein Leben!" Fans, so die Unterstellung, würden sich zu sehr in ihrer eigenen Blase verkriechen und nichts Nützliches tun
Neue Fan-Evolutionstufe bei Taylor Swift?
Auch heute werden Fans in den Medien oft als unsexy oder peinlich dargestellt. Dabei haben sie auf Social-Media-Plattformen einen enormen Einfluss, erklärt die Autorin Kaitlyn Tiffany bei arte: "Das Konzept von Macht ist ein bisschen kompliziert. Fans wissen, wie man Online-Diskussionen dominiert. Aber das ist keine nachhaltige Macht. Sie verfügen ja nicht über politische Ämter und haben nur begrenzt wirtschaftliche Macht. Vielleicht ändert sich das in der nächsten Stufe von Fankultur."
Vielleicht sind die Swifties - die Fans von Pop-Ikone Taylor Swift - die nächste Fan-Evolutionstufe. Seit Monaten wird darüber spekuliert, welchen Einfluss sie bei der kommenden US-Präsidentenwahl haben könnten, sollte sich die Sängerin eindeutig gegen Trump positionieren. Immerhin folgen ihr bei Instagram 283 Millionen Menschen.