DJ-Duo Kruder & Dorfmeister feiert Tour-Auftakt in der Elbphilharmonie
Peter Kruder und Richard Dorfmeister haben vor über 25 Jahren mit dem richtigen Sound zur richtigen Zeit ein legendäres Album erschaffen. Nun ließen sie in der Elbphilharmonie einige der berühmtesten Remixes der Techno-Geschichte zu einem Klangerlebnis werden.
Ob die österreichischen Remix-Avantgardisten Kruder und Dorfmeister erwachsen geworden sind, weiß man nicht. Ihre eingeschworene Fangemeinde scheint es zu sein. Denn immerhin sind mehr als 2.000 von ihnen zum ersten von zwei ausverkauften Konzerten in die Elbphilharmonie gekommen, um sich "The K&D Sessions" live anzuhören. In aller Ruhe und Gelassenheit.
Nach Erfolg in den 90ern kamen Anfragen von Madonna und Co.
Es wird sofort ruhig, als die beiden Remix-Legenden mit ihren Musikern die Bühne betreten. Inmitten eines Meeres aus Sonnenblumen stehen ein Drumset, Synthesizer, Mischpulte. Der Sound wird begleitet von einer psychedelisch anmutenden Lightshow, die dennoch irgendwie beruhigend wirkt. Das mag aber auch an dem Soundtrack aller "after hours" der ersten Stunde liegen.
"The K&D Sessions" - das Album, das in der Elbphilharmonie in dieser Liverversion Uraufführung feierte - war Ende der 90er-Jahre ein absurder Erfolg. Absurd für zwei Wiener DJs, die plötzlich Remix-Anfragen von Madonna, Sade oder David Bowie bekamen. Zu einer Zeit, in der Discos noch nicht allzu lange Clubs genannt wurden. Als Trip Hop, Acid Jazz, House oder Bossa Nova noch relativ neu gelernte Musikgenres waren und weit über "Techno" oder "elektronische Musik" hinausgingen. Als man anfing, an Sonntagen nach wilden Clubnächten zu "chillen". Kruder & Dorfmeister haben den Sound dazu geliefert.
Neue Klänge aus den Vocals geschaffen
Seit dem Album "The K&D Sessions" gehören Kruder und Dorfmeister zu den erfolgreichsten österreichischen Musikern aller Zeiten. Sie haben begonnen Hits zu remixen, mit dem Anspruch, aus jedem Song ein neues Kunstwerk zu schaffen. Sie haben nicht nur das Tempo verändert, Tonspuren ergänzt oder weggelassen, sondern die Vocals - also die Gesangparts eines Songs - genommen, und daraus eine komplett neue, meist deutlich ruhigere, sogenannte Downtempo Version produziert. Mit sensationellem Erfolg: Für eine ganze Generation von Clubgänger*innen gehört dieses Album zum Standardwerk im Musikregal.
Fans aus verschiedenen Generationen
So fühlte sich der Tourauftakt in der Elbphilharmonie ein bisschen wie ein Klassentreffen der Techno- und Houseszene an. Das Publikum war größtenteils im selben Alter wie Peter Kruder und Richard Dorfmeister, beide Mitte 50. Oder zumindest aus derselben Generation. Teilweise mit ihren Kindern, also Erwachsenen ab 20 Jahre aufwärts.
Aber damit hören die offensichtlichen Gemeinsamkeiten auch schon auf. Hipster und sogenannte Normalos gehören zu den Besuchern des Abends, erfahrene Konzertbesucher*innen in entsprechender Garderobe, tuschelnde Freund*innnengruppen, extra angereist für diesen Abend, Paare, die auf dem Weg zu ihren Plätzen darüber diskutieren, ob es 1998 oder schon 1999 war, als man monatelang nichts anderes als die "K&D Sessions" gehört hatte. Es herrscht bei aller Unterschiedlichkeit der vielen Menschen eine gemeinschaftliche fast rührende Vorfreude auf dieses Wiedersehen und Wiederhören.
Die Elbphilharmonie ist der bislang beste "Club" für Kruder und Dorfmeister
Kruder und Dorfmeister genießen diesen Abend offenbar genauso wie die Menschen auf den Rängen des Großen Saals. Man kann mit einer gewissen Sicherheit behaupten, dass alle von ihnen die vertrauten Tracks selten mit einem besseren Klang gehört haben.
Es dauert dennoch ein paar Songs, bis aus vereinzeltem Kopfnicken oder auf die Lehneklopfen doch etwas mehr Bewegung entsteht. Sicherlich auch der Ansprache der beiden Zeremonienmeister zu verdanken: In so vielen Clubs - auch in Hamburg - habe man schon gespielt, aber die Elbphilharmonie sei doch ehrlich gesagt auch für sie schon der beste bislang. Das klingt begeistert und authentisch. Da beide aus Wien kämen, würde natürlich gerade an diesem Ort auch etwas Klassisches von ihnen erwartet, Mozart oder so. Aber erstmal gebe es "Beats statt Barock".
Unaufgeregtes Genießen
Das scheint sich das bis dahin so disziplinierte Publikum zu Herzen zu nehmen. Es wird sofort sehr viel mehr gewippt, sitzend gegroovt und hier und da sogar aufgestanden und getanzt. Aber deutlich wilder wird es nicht. Die Elbphilharmonie mag vielleicht auch ein bisschen einschüchtern, zumal viele Besucher*innen für diesen ersten Abend mit Kruder und Dorfmeister auch von weit angereist sind und das erste Mal dieses spektakuläre Konzerthaus betreten haben.
Aber dass House, Techno, Trip Hop oder Drum'n'Bass in klassischen Konzertsälen stattfindet, ist ja schon lange keine Ausnahme mehr. Mit Blick in die Geschichte von Kruder und Dorfmeister, DJs, die weit über ein Jahrzehnt so viele Festivals und Clubs gerockt haben, ist es ein interessantes Phänomen, dass hier mehr als 2.000 Menschen die Musik ihrer bestimmt auch mal etwas wilderen Clubnächte von einst so unaufgeregt genossen haben.