SIGNUM saxophone quartet: "Wir geben immer alles"
Am 14. Juni beginnen die Festspiele Mecklenburg-Vorpommern. Preisträger in Residence ist das SIGNUM saxophone quartet. Was bedeutet den Musikern die Residence und wie sehen die Pläne für den Festspielsommer aus?
Das SIGNUM saxophone quartet - das sind: Blaž Kemperle (Sopransaxofon), Alan Lužar (Tenorsaxofon), Jacopo Taddei (Altsaxofon) und Aram Poghosyan (Baritonsaxofon). Die vier Musiker werden zwischen Juni und September als Festspiel-Preisträger den diesjährigen Sommer in Mecklenburg-Vorpommern musikalisch prägen.
Das SIGNUM saxophone quartet gibt es seit 2006 - von den Gründungsmitgliedern ist nur noch Blaž Kemperle übriggeblieben. Wie kam es damals dazu, dass sich vier junge Saxofon-Musiker sagten, wir versuchen es nicht als Solisten, sondern als Quartett?
Blaž Kemperle: Alan und mich verbindet eine sehr langjährige Freundschaft. Schon in Slowenien, da wo wir herkommen, im Konservatorium haben wir uns gesagt, wir werden immer irgendwie zusammenspielen, wir möchten als ein Saxofonquartett spielen. Im Konservatorium mussten wir sehr viel Kammermusik spielen.
Wie alt waren Sie da?
Kemperle: Wir haben angefangen mit 14. Und dann, 2006, bin ich nach Köln und Alan nach Wien gegangen. Man hat sofort bemerkt: Wir wollten immer mehr als alle anderen. Letztendlich haben wir uns dann darauf konzentriert, dass es funktioniert. Wir sind sehr glücklich, dass wir hier sind.
Alan Lužar, seit wann gehören Sie zum Quartett?
Alan Lužar: Ich bin 2010 glücklicherweise zum Quartett gekommen. Ich habe mich sehr gefreut.
Wer Sie noch nicht kennt, also die Musiker des SIGNUM saxophone quartets, keiner der Musiker kommt aus Deutschland. Wo kommen die beiden anderen Musiker her? Und gleich die zweite Frage: Hat das Quartett so etwas wie ein künstlerisches Heimatland?
Kemperle: Ich würde sagen, unser Heimatland ist diese Welt. Wir sind stolze Europäer. Wir fühlen uns einfach sehr offen. Jacopo Taddei kommt aus Italien, von der wunderschönen Insel Elba. Und Aram, der jetzt kürzlich zum Quartett kam, kommt ursprünglich aus Armenien. Wir sind also sehr international, aber ich sage, die Heimat ist da, wo das Herz ist. Wir sind jetzt gerade in Deutschland.
Aber Sie leben mittlerweile jetzt alle in Deutschland?
Lužar: Wir leben alle in Deutschland. Jacopo und Blaž in Düsseldorf, Aram und ich wohnen in Köln.
Das Saxofon ist ja nicht unbedingt das Instrument für die klassische Musik - in einem Sinfonie-Orchester fehlt es bekanntlich. Dafür steht das Saxofon eher für den Jazz - Wo sieht sich das SIGNUM saxophone quartet?
Lužar: Ich sehe das Saxofon als ein Chamäleon. Dazu muss man sagen, das Saxofon wurde zunächst erfunden für die Blasmusik. Später ist es im Jazz in Amerika ganz groß geworden. Heutzutage kennt man das Saxofon sowohl in Pop, im Rock, aber auch in der klassischen und der zeitgenössischen Musik. Meiner Meinungen nach ist das Saxofon ein wundervolles, wandelbares Instrument, das sowohl Klassik, Romantik, aber auf der anderen Seite auch Jazz und Rock bedienen kann. Ein gutes Beispiel dafür ist unser neues Album Chamäleon. Da wollten wir dem Saxofon als Instrument ein Denkmal setzen und zeigen, was das Saxofon alles kann - von ganz zärtlich bis ganz wild. Und wir versuchen, bei unseren Konzerten, immer diese perfekte Balance dazwischen zu finden.
Wenn ich mir Ihren Tournee-Kalender für das Frühjahr 2024 anschaue, dann stehen da Orte wie Budapest, Salzburg, Venedig, Dubrovnik. Und dann starten Sie am 19. Juni bei den Festspielen hier in Mecklenburg-Vorpommern in Hohen Luckow. Quasi von der Weltbühne in die mecklenburgische Provinz - eine Herausforderung? Oder ist es egal, auf welcher Bühne Sie stehen?
Kemperle: Das ist völlig egal. Es geht nicht um die Anzahl von Zuhörer oder darum, wo das Konzert stattfindet. Ich glaube, unsere Mission ist und sollte immer bleiben: Wir geben immer alles. Letztens waren wir in Bulgarien. Eine Frau kam nach dem Konzern zu uns und meinte, sie hätte die Hälfte des Konzerts geweint. Ich glaube, wenn wir die Leute berühren, das ist das Wichtigste. Welches Land, welcher Saal? Das spielt gar keine Rolle. Und mit den Jahren haben wir eine sehr starke Bindung zu den Festspielen hier aufgebaut. Wir sagen das nicht einfach so romantisch, dass das hier eine Festspielfamilie ist. Wir fühlen es so. Nicht bei jedem Festival fühlt man sie so wohl und wir sind super gerne hier. Ich würde sagen, hier werden wir wahrscheinlich noch aufgeregter sein als woanders.
Und nach dem Auftakt in Hohen Luckow folgen weitere 22 Konzerte - in nur drei Monaten. Darunter auch mal fünf Auftritte an fünf Tagen - Sie wissen, worauf Sie sich eingelassen haben?
Lužar: Ja, wir hoffen, dass wir das gut überstehen werden. Wir freuen uns wahnsinnig und ehrlich gesagt, hatten wir so eine Ära noch nie, dass wir in drei Monate so ein großes Festival prägen dürfen. Wir sind froh, dass wir das hier erleben, wo wir das Publikum schon ein bisschen kennen und die Konzertorte. Wir genießen diese Landschaft auch sehr. Und wir freuen uns, auch wenn es nicht sehr einfach wird. Aber für gute Sachen muss man sich immer sehr bemühen.
Kemperle: Wir hatten das Glück, dass wir alles auch mitgestalten durften. Da sind wir den Festspielen sehr dankbar. Wir durften sehr viel auswählen, was mir machen möchten. Das heißt aber natürlich, dass wir schon sehr weit im Voraus wussten, was uns erwartet. Jedes Konzert sollte einfach eine eigene Reise sein.
Dann schauen will mal ein bisschen auf das Programm des kommenden Festspielsommers. Da gibt es Ende Juli im Greifswalder Dom eine Welturaufführung: "Eismeer" - eine Komposition, die sich mit dem gleichnamigen Gemälde von Caspar David Friedrich auseinandersetzt. Was können Sie bereits jetzt zum Stück verraten?
Kemperle: Christian Jost, der Komponist, hat uns vor zwei Jahren schon mal gehört und er fand es super. Und es ist sehr wichtig, dass der Komponist, der was schreibt, weiß, für wen er was schreibt. Wir haben natürlich schon die Noten und haben auch schon geprobt. Es ist ein unglaublich tolles Stück geworden. Auch bei tollen Komponisten wie Christian Jost weiß man nicht im Voraus, was da kommt. Aber es ist eine unglaublich tolle Komposition entstanden in drei Sätzen. Man muss echt sagen, wenn man auch noch das Bild vor sich hat, man hört das Bild. Auf der anderen Seite sind wir natürlich glücklich, dass wir tolle Partner haben wie Daniel Hope mit dem Zürcher Kammerorchester. Es ist ein Konzert für Vibraphon, Geige und Saxofonquartett. Wir können es kaum erwarten, das Stück zu Gehör zu bringen.
Dann dreht sich - ebenfalls im Juli - auf Schloss Ulrichshusen an einem Wochenende alles um das Saxofon. Im August bespielen sie mit der Papierfabrik Neu Kaliß einen sogenannten unerhörten Ort. Und zum Abschluss treten Sie Mitte September gemeinsam mit der NDR Radiophilharmonie in der Neubrandenburger Konzertkirche auf. Nur einige von vielen Höhepunkten in diesem Sommer?
Lužar: Von ganz vielen Höhepunkten. Wir freuen uns sehr, dass wir das Saxofon in allen Facetten präsentieren können und die Leute auf eine Reise schicken werden.
Wenn der und die Preisträger*in des Festspielsommers Geige, Cello oder Klavier spielt, dann ist das Repertoire, aus dem für die Konzerte geschöpft werden kann, immens - beim Saxofon dürfte das überschaubarer sein, oder?
Kemperle: Wir sind Menschen, die gerne suchen. Es hat uns ungefähr sechs Monate Arbeit gekostet, um diese ganzen Programme für diesen Festspielsommer zusammenzustellen. Wir können sagen, es gibt sehr viel Programm.
Wie viel Zeit verbringen Sie eigentlich mit Arrangements, um beispielsweise Bach oder Brahms für das Saxofon umzuschreiben?
Lužar: Das ist ein ganz wichtiger Bestandteil unserer Arbeit. Literatur für Saxofon gibt es nie so viel im Original. Es gibt viel moderne Musik, aber klassisches Repertoire, was wir auch gerne spielen, nicht so viel. Deswegen ist das eine fast so wichtige Arbeit wie die Proben selbst - und das in ein Konzert zu bringen. Man muss aber sagen, dass wir oft etwas arrangiert haben, geübt haben und nach mehreren Versuchen trotzdem gesehen haben, es funktioniert nicht. Es müssen mehrere Aspekte stimmen, damit wir das Werk zur Aufführung bringen
Ihr erstes Konzert bei den Festspielen war am 14. September 2016 im Jagdschloss Granitz, danach erhielten Sie den Ensemble-Preis der Festspiele. Jetzt prägen Sie mit Saxofonen einen ganzen Festspielsommer. Was machen aus Ihrer Sicht die Festspiele Mecklenburg-Vorpommern aus?
Lužar: Sehr freundliche, hilfsbereite Menschen, fast schon eine Familie, eine ganz, ganz tolle Organisation. Mut, sehr viel Mut, sich auf etwas Neues einzulassen. Wir spüren bei den Festspielen Mecklenburg-Vorpommern ein großes Vertrauen. Für mich stehen die Festspiele Mecklenburg-Vorpommern für große Qualität, Konzerte mit wirklich hochkarätigen Solisten und Orchestern, die hier in Mecklenburg-Vorpommern auftreten. Es war schon unser Wunsch, hier zu spielen. Wir haben uns damals schon sehr erfreut über die erste Einladung. Wir sind einfach dankbar, dass wir diese tolle Landschaft bespielen dürfen.
Das Gespräch führte Axel Seitz.