Usedomer Musikfestival: Eine Ausgabe voller Höhepunkte
Mit dem NDR Elbphilharmonie Orchester und Anna Vinnitskaya ist das Usedomer Musikfestival zu Ende gegangen. Juliane Voigt blickt zurück auf eine gelungene Veranstaltung, die rund 14.000 Besucher anlockte.
Schon das Eröffnungskonzert des 30. Usedomer Musikfestivals in der Turbinenhalle des Kraftwerks Peenemünde war furios. Mit eigenen Kompositionen der jungen Philharmoniker, die für das Konzert aus allen Ostseeanrainer-Ländern nach Usdeom gekommen waren. Orchesterchef Kristjan Järvi riss das Publikum nicht nur sprichwörtlich von den Sitzen. 1.200 Menschen sangen und tanzten. "Fantastisch. Nicht nur Musik, nicht nur Konzert, sondern wirklich mittanzen, - fast wie auf einem lettischen Sängerfest", sagte die Botschafterin Lettlands Alda Vanaga.
Die Botschafterin hatte das Festival auch eröffnet. Sie erzählte von weiten Stränden und dichten Wäldern und den singfreudigen Menschen. "Lettland ist ein reiches Land, weil es frei ist, weil es unabhängig ist, weil es demokratisch ist. Lettland ist ein starkes Land, weil es eine vielseitige Kultur und starke Tradition hat."
Lettland: Durchs Singen zum Land geworden
Mit dem Schwerpunktland feierte das Usedomer Musikfestival 150 Jahre lettische Sängerfest-Tradition - und hatte natürlich auch ein Sängerfest im Programm. Der Jugendchor Balsis trat in der Kirche der Stadt Usedom auf. Mit ihren Liedern erzählten sie auch die Geschichte der lettischen Sängerfeste, die für die Letten mehr sind als nur große Sommerfeste. "Die Nation Lettland ist eigentlich durch das Singen zu sich selbst gekommen", sagt Festival-Dramaturg Jan Brachmann. "Als bei dem ersten Sängerfest 1873 vor 150 Jahren das Lied 'Gott segne Lettland' von Kārlis Baumanis zum ersten mal erklungen ist, ist auch zum ersten mal das Wort 'Latviju' - Lettland - ausgesprochen worden. Der Name für dieses Land, ist durch den Gesang zur Welt gekommen."
ESC-Teilnehmerin Katrīna Dimanta am Ahlbecker Strand
Am Ahlbecker Strand hat das Festival einen neuen Spielort, ein transparentes Konzertzelt. Lettische Volksmusik war auch hier zu hören. Katrīna Dimanta, die ihr Land mit der Gruppe Aarzemnieki auch schon beim Eurovision Song-Contest vertreten hat, war so mitreißend, dass auch hier das Publikum in Tanzlaune geriet. Mit Meerblick und Sonnenuntergang. "Ich bin total glücklich, hier an der Ostsee singen zu können", sagte Dimanta. "Ich liebe das Wasser und Segeln und fühle mich immer zu Hause, wenn ich die Ostsee sehe. Das ist das erste Mal von dieser Seite."
Lettischer Gesang kommt vom Herzen
Das Usedomer Musikfestival - das ist vor allem aber auch Kammermusik. Zum Beispiel in der Dorfkirche Mellenthin mit dem Trio Fabel. Sie spielen Beethovens Gassenhauertrio, dessen vielleicht volkstümlichstes Stück, und Musik des lettischen Komponisten Georgs Pelēcis. Der Cellist Kristaps Bergs erinnert sich, wie sie den lettischen National-Komponisten um eine Komposition baten: "Da hat er uns gefragt: 'Könnt ihr singen?'. Wir waren schüchtern und haben gesagt: 'Nein, das geht nicht, wir sind akademische Musiker, wir können weder singen noch tanzen - nur von Noten spielen'". Doch Pelēcis wollte die Musik wie bei einem lettischen Volksfest. "Das muss nicht gut sein, das muss einfach von Herzen sein."
Usedomer Musikpreis an Cellistin Magdalena Ceple
Der Usedomer Musikpreis wurde der lettischen Cellistin Magdalena Ceple verliehen. Sie gab ein beeindruckendes Preisträgerkonzert in der Dorfkirche Stolpe. Magdalena Ceple ist schon klassische Cellistin, studiert aber gerade noch einmal Barockcello in München. "Ich bin wirklich dankbar für diesen Preis, weil er in einem sehr wichtigen Moment in meinem Leben kam", sagt Ceple. "Ich stelle Dinge in Frage, denke über meine Zukunft nach, über meine Entscheidungen, meine Karriere und bin wirklich geschmeichelt und glücklich darüber."
Zu den mehr als 20 Veranstaltungen gehörte auch ein Solidaritätskonzert mit ukrainischen Musikerinnen und Musikern. Ein Cello-Workshop, Schülerkonzerte und ein literarisches Konzert mit Corinna Harfouch zum 150. Geburtstag von Sergej Rachmaninow. Intendant Thomas Hummel war mit dem Interesse an der Veranstaltung jedenfalls rundum zufrieden: "Mit 14 000 Besuchern hat das Festival wieder den Vor-Corona-Stand erreicht. Das ist großartig."