Tenor Klaus Florian Vogt über sein neues Schubert-Album
Klaus Florian Vogt singt Wagner in der Elbphilharmonie und spricht über sein aktuelles Album mit Schubert-Liedern. Diese hat er in einer Kammermusikversion arrangieren lassen und aufgenommen. Was ihn daran fasziniert, erzählt er bei NDR Kultur à la carte.
Er ist ein echter Weltklasse-Tenor, wird gefeiert für seine Wagner-Partien, singt an den großen Häusern, in Bayreuth, New York, Tokio, Mailand oder Zürich: Klaus Florian Vogt. Im Norden ist er zuhause, geboren in Heide, und aktuell steht beim ihm vieles auf der Agenda: Er hat ein neues Album herausgebracht mit Liedern von Franz Schubert, in Dresden hat er gerade sein Rollendebüt als 'Tristan' gegeben und in diesem Sommer singt er in Bayreuth erstmals 'Siegfried'. Bevor er aber am 16. Februar in der Elbphilharmonie mit ausgewählten Werken Richard Wagners auftritt, ist Klaus Florian Vogt zu Gast in "NDR Kultur à la carte".
Natürlich kennt man Sie als Wagner-Sänger, aber auf Ihrem aktuellen Album haben Sie sich in eine ganz andere Richtung orientiert. Sie haben 'Die schöne Müllerin' von Franz Schubert in einer Kammermusikversion aufgenommen, die Sie selber in Auftrag gegeben haben. Was hat Sie an dem Liederzyklus 'Die schöne Müllerin' so gefesselt?
Klaus Florian Vogt: An 'Der schönen Müllerin' fasziniert mich besonders die Zeitlosigkeit und die kleinen Geschichten, die zu einer großen Geschichte verbunden werden. Sie sind wie immer aktuell und beinhalten eine große Natürlichkeit. Dadurch habe ich einen ganz normalen Zugang gewonnen. Ich mag diese Geschichte gerne, darüber hinaus gefallen mir die Texte sehr gut und die Musik sowieso.
Was verbirgt sich denn für eine Geschichte hinter 'Der schönen Müllerin'?
Vogt: Das ist eine Geschichte eines jungen Müller-Gesellen. Ich stelle mir das so vor, dass er seine Lehrmühle verlassen hat, jetzt auf Wanderschaft an einem Bach entlang geht und in eine andere Mühle kommt, wo er als Geselle anheuert. Da ist eine schöne Müllerstochter, in die er sich verliebt. Der ganze erste Teil geht darum, dass er überschwänglich in sie verliebt ist, träumt und sich einbildet, dass diese Liebe erwidert wird. Es stellt sich aber heraus, dass sie den Jäger viel besser findet als den Müllerburschen. Daraus wird dann eine große Tragik, Wut, Eifersucht und endet ganz traurig. Das ist was, was einem täglich begegnet, natürlich nicht mit diesem Ende. Aber bei meinen vier Jungs zuhause kenne ich Geschichten dieser Art.
Das ist natürlich eine Geschichte, die aus dem Leben gegriffen ist. Nun sind diese Gefühlsveränderungen in diesen Liedern extrem komprimiert. Es ist wahrscheinlich so, dass Sie sich innerlich in jedem Lied neu auf das einstellen müssen, worüber sie singen, oder?
Vogt: Ja, jedes Lied beinhaltet einen anderen Seelenzustand. Manche sind sehr gradlinig und beschreibend. Andere sind sehr gefühlvoll. An manchen Liedern verändert sich eine Stimmung sehr stark. Das macht einfach unheimlich großen Spaß, als Müllerbursche diese Seelenzustände auf der Bühne in einem Liederabend zu durchleben.
Normalerweise kennen wir das Stück mit Gesang und Klavier, Sie haben aber bei dem Arrangeur Andreas Tarkmann eine andere Fassung in Auftrag gegeben. Er macht viele Sachen für eine Oktett-Besetzung, also mit Streichquintett, mit Kontrabass plus drei Bläsern, Klarinette, Fagott und Horn. Das ist sozusagen diese Schubert-Oktett-Besetzung. Warum genau dieses Arrangement?
Vogt: Das war ein Zufall. Wir haben in einem Kammerkonzert in Hamburg mit Kollegen von den Philharmonikern ein Arrangement von ihm gemacht und zwar 'Lieder eines fahrenden Gesellen' von Mahler. Da brauchten wir eine Zugabe, und da hat er diese Ungeduld aus 'Der schönen Müllerin' arrangiert. Das haben wir dann aufgeführt. Diese Klangfarbe und auch die Art des Arrangements haben mir so gut gefallen, dass ich gesagt habe, das wäre toll, wenn wir den ganzen Zyklus so machen könnten. Das hat er dann gemacht. Ich glaube, es ist sehr schön geworden. Dieses Klangbild des Schubert-Oktetts ist mir aus meiner Musikerzeit und sogar aus Kindertagen durch meinen Vater unheimlich vertraut und in dieser Klangwelt fühle ich mich zu Hause.
Wie kommt das, dass Ihnen diese Kombination so vertraut ist?
Vogt: Mein Vater hat viel Hausmusik gemacht und hat mehrere Instrumente beherrscht. Ich war zu der Zeit Hornist und wir haben mit Freunden von ihm zusammengespielt, unter anderem das Beethoven-Septett und das Schubert-Oktett. Das waren meine ersten Kontakte mit Kammermusik. Mit so einer Musik bin ich als Kind eingeschlafen.
Das Gespräch führte Friederike Westerhaus.