"Die Fledermaus": Die richtige Dosis Slapstick und eine Spur Klamauk
Mit der "Fledermaus", der weltbekannten Operette von Johann Strauß, ist das Musikfest Bremen ins Finale gestartet. Zum 150. Jubiläum hat das Orchester Les Musiciens du Louvre unter der Leitung von Marc Minkowski das Werk konzertant auf die Bühne gebracht.
Das hat vom ersten Takt an geprickelt wie Champagner. Diese "Fledermaus" hat Timing, Witz und Tempo. Mit leichter Hand und sparsamen Bewegungen führt Marc Minkowski seine Musiker leidenschaftlich durch den Abend im Dreivierteltakt. Jeden Walzer kostet er aus und hält alles mit Rubato und überraschender Dynamik lustvoll lebendig. Den Witz, der schon in der Partitur schlummert, weckt und zelebriert er: mit lyrischer Trompete und stotternder Flöte. Es ist ein Genuss!
"Die Fledermaus" in Bremen mit herausragendem Ensemble
Das Ensemble ist eine Wucht. Christoph Filler verkörpert Gabriel von Eisenstein mit einem sagenhaften schauspielerischen Talent und einer Mimik zum Piepen. "Paraderolle!", möchte man rufen. Herausragend singt und spielt Alina Wunderlin als Kammerjungfer Adele. Schon mit dem ersten Ton drückt sie die ersten zehn Reihen in die Samtsitze der Glocke. Das Ohnsorg-Theater sollte sie mit ihrem komödiantischen Talent vom Fleck weg engagieren. Wie sie die Koloraturen mühelos, spielerisch und musikalisch mit einem ironischen Lächeln gestaltet, ist atemberaubend.
Stimmgewaltig ist auch Rachel Willis-Sørensen als Rosalinde. Mit Leichtigkeit, Präzision und Wiener Schmäh gibt Michael Kraus den sonoren und verkaterten Gefängnisdirektor. Annelie Sophie Müller, die kurzfristig eingesprungen ist, geht in der Rolle des Prinzen Orlofsky auf, als hätte sie nie etwas anderes gemacht. Sie steht sogar für eine russische Fantasie am Dirigentenpult. Die Spielfreude des Ensembles macht einfach Spaß. Wer braucht da noch ein Bühnenbild?!
Ein großer musikalischer Spaß
Dass die Fledermaus schon 150 Jahre auf dem Buckel hat, spürt man an diesem Abend kaum. Die Sprechtexte der Operette können schon mal ein bisschen behäbig wirken und die Geschichte brutal ausbremsen. In der Version von Marc Minkowski und Regisseur Romain Gilbert leuchtet alles frisch - mit der richtigen Dosis Slapstick und einer Spur Klamauk. Da wird Eisenstein schon mal vom hohen Ton seiner Rosalinde umgeblasen und liegt auf der Erde. Dass auf "Na sdorowje" einmal "Gesundheit!" geantwortet wird, gehört schon zur Kalauerschmerzgrenze des Abends. Nur bei einigen Sängern war das mit der Textverständlichkeit beim Sprechen eine Herausforderung. Dennoch: Es wurde viel gelacht und gekichert an diesem Abend in der Glocke. Es ist ein großer, musikalischer Spaß.
"Klangwolke im Nordwesten"
"Die Fledermaus" ist Teil des Festival-Finales in Bremen. In den vergangenen drei Wochen kamen 24.700 Menschen in die Konzerte - 1.200 mehr als im Vorjahr. Es ist ganz maßgeblich auch der Erfolg des Intendanten Thomas Albert mit seinem Gespür für Menschen und Musik. Sein Händchen für spannende Künstler ist seit vielen Jahren ein Geheimnis des Gelingens. "Die Vision einer Klangwolke im Nordwesten ist aufgegangen", freut sich Albert. Denn das Musikfest bespielt nicht nur die Metropole, sondern die ganze Region.
Es gräbt gute Geschichten und spannende Orte aus: Händel erklang im kleinen Barßel, Kammermusik der Romantik im Haus des "Marschendichters" Hermann Allmers in Rechtenfleth, "Missa Solemnis" in Verden und "Die Fledermaus" in der Glocke. Alles ist handverlesen. Das Publikum kommt seit 35 Jahren. Sogar aus Hamburg waren Besucher an diesem Abend in Bremen zu Gast. Am Sonnabend geht das Musikfest Bremen mit einem Tribute-Konzert für Stevie Wonder um 19 Uhr auf dem Marktplatz zu Ende. Der Eintritt ist frei.