Stand: 03.09.2019 15:00 Uhr

Deutscher Nationalpreis für Lasker-Wallfisch

Die Holocaust-Überlebende Anita Lasker-Wallfisch hat in Berlin den Deutschen Nationalpreis erhalten. Damit will die Deutsche Nationalstiftung ein Zeichen gegen die wachsende Judenfeindlichkeit setzen. Eine Umfrage der Agentur für Europäische Grundrechte hatte zuletzt erschreckende Zahlen ergeben: 85 Prozent der Jüdinnen und Juden in Europa sehen eine Zunahme des Antisemitismus.

"Ihr sollt die Wahrheit erben" heißt das ergreifende Buch, in dem Anita Lasker-Wallfisch ihre Lebensgeschichte, genauer, Jahre ihrer Jugend beschreibt; die Zeit ihrer Inhaftierung und ihres Überlebens in Bergen-Belsen und als Cellistin im Orchester von Auschwitz. Anita Lasker ist die jüngste von drei Töchtern des jüdischen Rechtsanwalts Alfons Lasker und dessen Ehefrau Edith, einer Geigerin. Während es den Eltern Ende 1939 gelang, die älteste Schwester Marianne nach England in Sicherheit zu bringen, mussten die jüngeren Schwestern Renate und Anita in Breslau bleiben.

Nachdem die Eltern 1942 deportiert und ermordet worden waren, kamen Renate und Anita in ein Waisenhaus und mussten in einer Papierfabrik arbeiten. Mit Hilfe eigenhändig gefälschter Pässe versuchten sie nach Frankreich zu entkommen, wurden aber schon am Bahnhof von Breslau verhaftet und wegen Urkundenfälschung zu Zuchthausstrafen verurteilt. Doch genau diese Verurteilung rettete ihnen das Leben.

1943: Deportation nach Auschwitz

Anita Lasker wurde im Dezember 1943 nach Auschwitz deportiert. Als verurteilte Kriminelle wurde sie mit einem Gefangenentransport in das Lager gebracht und entging so der bei Sammeltransporten mit Juden üblichen Massenselektion, bei der die meisten der Ankommenden sofort in die Gaskammern geschickt und ermordet wurden. Unmittelbar nach ihrer Ankunft erwähnte die 18-jährige Anita, dass sie Cello spiele. Ihre Rettung! Ein Cello wurde dringend gebraucht in der Lagerkapelle. Man gab ihr ein Instrument und ließ sie im Häftlingsorchester mitspielen.

Wiedervereinigung der Schwestern im KZ

Später wurde auch Anitas ältere Schwester Renate nach Auschwitz deportiert. Durch Zufall fanden sich die Schwestern wieder und überlebten Monate in zwei Konzentrationslagern. Im November 1944 wurden beide von Auschwitz ins Konzentrationslager Bergen-Belsen transportiert. Am 15. April 1945 befreiten britische Truppen das Lager Bergen-Belsen. Von britischen Journalisten darum gebeten, stammt von Anita Lasker - direkt nach der Befreiung - der wohl erste aufgezeichnete Bericht eines überlebenden KZ-Insassen für das Radio. Ein erst kürzlich aufgefundenes Tonband mit der druckreifen, klaren und nüchtern-sachlichen Aussage von Anita Lasker gibt ein beeindruckendes und berührendes Zeugnis.

Anita Lasker-Wallfisch lebt in London. Ihr Sohn, Raphael Wallfisch, ist ein bekannter britischer Cellist, auch ihre Enkel Benjamin und Simon sind Musiker. Ihre Schwester Renate, verheiratet mit Klaus Harpprecht, war lange als Journalistin tätig und lebt seit 1982 in Südfrankreich.

 

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Dieses Thema im Programm:

NDR Kultur | Matinee | 20.01.2015 | 10:00 Uhr

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