Von der Dose zum Instrument: Klangtüfftler Nick Baginsky
Nick Baginsky baut Musikinstrumente, allesamt Einzelanfertigungen. Einst baute er Roboter und Klangskulpturen - eines der Werke befindet sich bis heute in der Sammlung der Hamburger Kunsthalle. Ein Atelierbesuch.
Nick Baginsky spielt auf einem Banjo-ähnlichem Instrument. Im Resonanzkörper dieses Instruments befand sich einst eine besonders edle kulinarische Kostbarkeit. Iranischer Beluga-Kaviar. Für Nick Baginsky die perfekte Dose, um daraus ein vierseitiges Instrument zu bauen: "Der Inhalt ist mir nicht zuträglich geworden, aber die Dosen sind für mich auch viel wertvoller. Ich wäre nie auf die Idee gekommen, Banjo zu spielen, hätte ich nicht diese Dose gefunden und mich damit in das Banjo verliebt."
Das Erfinden eines neuen Instruments, für den Künstler Handwerk, aber auch mentales Abenteuer, meint Nick Baginsky: "Das sind Momente, wo ich nur noch aufpasse, dass alles den richtigen Fluss nimmt. Ich bin da auch gar nicht mehr so sehr Akteur, sondern leite nur die Kräfte, wie zum Beispiel, wie die Klinge durchs Holz gleitet. Das sind die Momente, wo Zeit und Raum völlig verschwinden."
Mit einem Fünkchen Besessenheit für das perfekte Instrument
Sein Hamburger Atelier verrät noch mehr über den Künstler: Hier arbeitet ein Überzeugungstäter. Mit einem Fünkchen Besessenheit, das perfekte Instrument bauen zu wollen und das auf Profistandard. In seiner Sammlung sind auch Zupfinstrumente wie die Ukulele, die ursprünglich auf Hawaii Zuhause ist. Alle Arbeiten sind Einzelstücke, auch schon mal von Musikern in Auftrag gegeben. "Ich gebe mir sehr viel Mühe und gehe gerne die Extrameile, um Instrumente auch nur ein kleines Stück besser zu machen. Erstmal baue ich ein Instrument, weil ich es haben und spielen will", gesteht der Instrumentenbauer. "Gut, dann kommt ein neues Instrument und dann wird es auch leichter, was abzugeben, aber es gibt einige Instrumente, von denen könnte ich mich noch nicht trennen."
Vor seiner Zeit als Instrumentenbauer tourte er als Künstler um die ganze Welt. Mit KI-gesteuerten Klanginstallationen. Eine seiner Arbeiten befindet sich bis heute in der Sammlung der Hamburger Kunsthalle. Statt künstlicher Intelligenz und der Arbeit am Computer erfindet er heute viel lieber Musikinstrumente. Etwas mit den eigenen Händen erschaffen. "Ich liebe es in Klangwelten einzutauchen. Was bringt mir Flamenco an Neuigkeiten? Was kann ich von indischer Musik lernen? Was hat Bach sich da Neues ausgedacht?“
Maultrommeln aus alten Kreditkarten
Neu ausgedacht und eher simpel: Nicks Baginskys Maultrommel ist aus alten Kreditkarten gefertigt. Das handliche Instrument macht ihn ziemlich stolz: "Ich bin völlig begeistert, was für ein tolles Instrument das ist - und es ist ein Recyclingprodukt." Maultrommeln zählen übrigens zu den ältesten Musikinstrumenten der Menschheitsgeschichte. "Ich glaube, es gibt keinen Fleck auf der Welt, wo die Maultrommel nicht bekannt wäre. Sie hat ja eigentlich nur einen Ton. Die Ur-Maultrommel zwingt einen auf so eine rhythmisch-melodiöse Ebene, die ich unheimlich gerne mag. So einfach, nur eine kleine Metall- oder Kunststoffzunge, die schwingt und zusammen mit dem Atem des Musikers unglaubliche Töne hervorbringt."