Tino Eisbrenner: Umstrittener Auftritt bei Festival in Moskau
Der Wahlmecklenburger Tino Eisbrenner ist trotz des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine bei einem Musikwettbewerb in Moskau aufgetreten. Nach eigenen Angaben möchte der Sänger so Brücken bauen. Ließ er sich instrumentalisieren?
Seit 2019 gibt es das Festival "Doroga na Jalta" ("Der Weg nach Jalta"). Ausgetragen wurde der Contest auf der seit 2014 von Russland annektierten Schwarzmeer-Halbinsel Krim. Bei der ersten Ausgabe in Jalta vor drei Jahren trat der Berliner Liedermacher Frank Viehweg auf. Nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine wurde das Festival nach Moskau - in die Zentrale der Macht, den Kreml - verlegt. Die Anreise über Istanbul sei ihm bezahlt worden, sagte Eisbrenner im Interview. Für das Festival hatte er sich beworben. Die Aufgabe: traditionelle Lieder aus Sowjetzeiten aus dem oder über den Zweiten Weltkrieg neu zu interpretieren.
"Man musste sozusagen nachweisen, dass man überhaupt in der Lage ist nachzudichten, also diese Aufgabe überhaupt zu erfüllen. Denn es ging ja darum, russische Pesny Woyny-Lieder des Krieges für dieses Festival nachzudichten, in die jeweils eigene Sprache", erklärt Tino Eisbrenner. Er übertrug für das Festival das Lied "Kraniche" ins Deutsche.
Staatliches Fernsehen überträgt Wettbewerb
Im Finale des Wettbewerbs sang Eisbrenner seinen Beitrag Anfang Mai auf der Bühne und belegte den zweiten Platz. Angetreten waren Künstler aus insgesamt 15 Nationen, zum Beispiel aus Italien, der Mongolei, Indonesien, Frankreich, den USA, Israel, China, Ungarn, Simbabwe. Das Finale wurde vom staatlichen Fernsehsender Rossia 24 übertragen.
"Ich fand eine deutsche Beteiligung dort sehr wichtig. Und sie ist ja auch entsprechend gewürdigt worden. Wenn mitten im Lied, in dem Moment, wo ich anfange, die deutschen Zeilen dieses russischen Liedes zu singen, sich 6.000 Menschen im Saal erheben, dann ist das ja eigentlich eine Offenbarung", sagte Eisbrenner, der Bilder von seinem Auftritt erst nach seiner Rückkehr nach Deutschland auf Facebook postete. Die Nachricht seiner Teilnahme verbreitete sich im Netz.
Eisbrenner will als Künstler Brücken bauen
"Wenn ich dorthin gehe und ein Friedenszeichen über die Kunst setze, bin ich ja immer noch kein Politiker, der dann sagt, wir haben jetzt den und den Vertrag unterschrieben und so machen wir das jetzt. Ich bin der Künstler, der eine Brücke baut und auch dort ein anderes Bild von den Deutschen schafft. Denn es besteht ja die Gefahr, dass dort ein neues Feindbild entsteht, bei allem, was deutsche Politiker derzeit von sich geben", meint Eisbrenner.
Andrej Hermlin kritisiert Eisbrenners Auftritt
Der Musiker Andrej Hermlin kritisiert auf der Facebook-Seite von Eisbrenner den Auftritt in Moskau. Beide Künstler sind befreundet. Hat Eisbrenner sich instrumentalisieren lassen? Nein, sagt er im Interview. "Meine Angst, dass man mich hier instrumentalisiert, mich hier zum Schweigen bringt, ist größer."
Erst vor ein paar Jahren hatte Eisbrenner sich für die Linke als Kandidat für den Landtag in Mecklenburg-Vorpommern aufstellen lassen. Er tritt bei zahlreichen Friedensdemos auf, unter anderem auch bei von der DKP organisierten Veranstaltungen. Die DKP wird vom Verfassungsschutz als linksextremistisch und verfassungsfeindlich eingestuft und steht unter Beobachtung.