Matthias Höfs mit Trompetenwerken aus fünf Jahrhunderten
Mit sechs Jahren schon wusste Matthias Höfs, dass die Trompete sein Instrument wird, weil sie so schön glänzt! Es folgte der Beginn einer glanzvollen Karriere, die ihn früh in die erste Reihe der deutschen Blechbläser führte.
Matthias Höfs steht seit Jahrzehnten regelmäßig auf der Bühne, unter anderem mit dem bekannten Ensemble "German Brass". Zudem ist er Professor an der Hochschule für Musik und Theater Hamburg. Höfs ist eine Institution im Fach Klassische Trompete. Seine Experimentierlust kennt keine Grenzen, sein Instrumentarium an hohen Blechblasinstrumenten scheint unerschöpflich zu sein. Bei NDR Kultur EXTRA spielte er im Februar 2023 zusammen mit seinem Klavierpartner Nikita Volov Werke aus fünf Jahrhunderten.
Matthias, Deine Familie ist hochmusikalisch. Deine Frau Ulrike ist Flötistin, Luisa, deine Tochter, ist Geigerin und dein Sohn Tillmann ist Hornist, hat aber auch mit der Trompete angefangen. Hat da ein bisschen dein Herz geblutet oder hast du ihn ziehen lassen?
Matthias Höfs: Ich habe es ihm gegönnt, denn sein Argument war: "Papa, es gibt doch die viel schöneren Soli in der Romantik fürs Horn." Und da muss ich ihm leider Recht geben. Wir haben leider keine großen, namhaften Komponisten - vielleicht mit Ausnahme von Haydn und Hummel, die für unser Instrument geschrieben haben. Trotz der Erfindung der Ventile hat sich niemand aus der romantischen Ära für uns erwärmen können.
Trotzdem hast du Stücke mitgebracht, die genau in diese Richtung weisen, die uns hineinführen in ein romantischeres Klangbild. Das sind Komponistennamen, die Trompeterinnen und Trompetern sehr geläufig sein dürften, allen anderen weniger geläufig, weil das auch selber Trompeter waren: Théo Charlier und Oskar Böhme. Was zeichnet die aus bei diesem Sprung, den wir ins späte 19. Jahrhundert machen?
Höfs: Ich glaube, sie haben aus der Not heraus angefangen zu komponieren, weil eben kein Brahms oder Bruckner sich unseres Instruments gewidmet hat. Der Vorteil: Wenn man als Instrumentalist für sein Instrument komponieren kann, dann weiß man um die Finessen, die man vielleicht gerne einbringen möchte. Man weiß ganz genau, wie das Instrument funktioniert. Da, denke ich, sind Théo Charlier, der auch Etüden komponiert hat, oder Oskar Böhme, der übrigens das erste Stück für Trompete und Harfe komponiert hat, also auch etwas Außergewöhnliches: wirklich Experimentiergeister, die schöne Musik für unser Instrument komponiert haben.
Mit Musik von Oskar Böhme hast du jüngst ein Soloalbum zusammen mit der Deutschen Kammerphilharmonie Bremen aufgenommen. Da stellst du ganz verschiedene Werke von ihm vor. Oskar Böhme ist jemand, der auch eine sehr interessante und tragische Geschichte hat.
Höfs: Ja, zu dieser Zeit sind sehr viele Musiker aus Frankreich und Deutschland nach Sankt Petersburg oder nach Moskau gegangen, weil da ein offensichtlich sehr großes Zentrum für Musik war. Dazu gehörte auch Oskar Böhme, der in Hamburg an unserer Musikhochschule Komposition studiert hat. Er hat diesen Weg nach Moskau gewagt, hat dort geheiratet, war sogar Ehrenbürger in Sankt Petersburg und Mitglied des Mariinski-Theaters. Trotz alledem fiel er der "Säuberung" von Stalin zum Opfer, wo ganz viele gerade ausländische Künstler in die Verbannung geschickt wurden. Er verlor sehr früh sein Leben. Das ist natürlich sehr tragisch. Wir möchten diese Musik wiederbeleben, denn gerade sein Trompetenkonzert gehört zu den schönsten romantischen Konzerten, die wir für unser Instrument haben.
Das Gespräch führte Friederike Westerhaus.