Der Hamburger Soulman Stefan Gwildis ist 65
Vor 20 Jahren galt Stefan Gwildis noch als Geheimtipp. Inzwischen ist der Hamburger ein gefeierter Musiker und Entertainer. Der Rat seiner Eltern und der eines Hafenarbeiters trugen dazu maßgeblich bei.
Stefan Gwildis ist ein echter Hamburger Jung, nicht nur weil er seit 2001 zusammen mit seinen Jugendfreunden Joja Wendt und Rolf Claussen als "Söhne Hamburg" immer wieder auf der Bühne steht. Der Sänger und Entertainer ist in Hamburg geboren, aufgewachsen und seiner Heimat mit wenigen Ausnahmen treu geblieben. Am 22. Oktober ist Gwildis 65 Jahre alt geworden.
Aufgewachsen in Barmbek als Sohn eines Reifenhändlers und einer Hutmacherin war ihm die Karriere als Musiker nicht gerade in die Wiege gelegt. Und doch gaben ihm seine Eltern das für ihn wichtigste Rüstzeug mit, wie er in einem Interview erzählt: "Ich habe durch meine Eltern und meinen Großvater gelernt, Fragen zu stellen."
Furchtlos nimmt Gwildis die Sachen selbst in die Hand
So löcherte er als 20-Jähriger den Pförtner des Thalia Theaters, wie man denn wohl "bei dem Verein" mitmachen könne. Der Pförtner schickte ihn zum Casting für "Die drei Musketiere". Prompt erhielt Gwildis eine Ausbildung als Fecht- und Stuntman und bekam erste Jobs.
"Ich habe mich von Projekt zu Projekt gehangelt. Ich hatte keinen Masterplan", sagt er. Stattdessen stellte er immer wieder Fragen und hörte den Menschen zu, etwa einem Kollegen während seiner Zeit als Hafenarbeiter: "Mach mal, wie Du meinst, aber geh den anderen nicht auf den Sack."
Das tat er und widmete sich vor allem seiner großen Liebe: der Gitarre und der Musik allgemein. Mit seinem Studienfreund Rolf Claussen gründete er 1982 das später erweiterte Duo Aprillfrisch und trat als Straßenmusiker auf.
Corny Littmann "entdeckte" Gwildis
Ende der 1980er-Jahre traf er den Theatermacher Corny Littmann auf dem Spielbudenplatz, der dort gerade sein neues Schmidt Theater aus der Taufe hob. Der fragte ihn, ob er nicht dort auftreten wollte. Er wollte. Das Anarcho-Musical «Wuttke II - Am Arsch der Welt» wurde legendär.
Der ganz große Durchbruch kam aber erst viel später, mit 45 Jahren. 2003 arrangierte Gwildis Songs von Soul-Klassikern und traf mit dem Album "Neues Spiel" einen Nerv. 13 Wochen lang hielt es sich in den Charts. Von da an konnte er seine Jobs als Weihnachtsmann und Sonnenbankaufsteller an den Nagel hängen.
Gwildis ist sein eigener Manager
Gwildis macht sein Ding: Als eine Konzertagentur zögerte, ihn in die Hamburger Laeiszhalle mit immerhin 2000 Plätzen zu buchen, fragte Stefan Gwildis wieder einmal selbst nach - mit Erfolg. "Seitdem mache ich mein eigenes Management."
Auf seinem aktuellen Album "Bunt!" huldigt er seiner nordischen Heimat ("Sand von Sylt"). Überhaupt schwärmt Gwildis gern und schwelgt in Erinnerungen. Im NDR-Podcast "Feel hamburg" etwa erzählte er von seiner Tante Hedi, die im Alsterhaus an der Käsetheke gearbeitet hat, von seinem Opa Hans, der von den Nazis ermordet wurde und von seiner Kindheit in Barmbek.
Doch Gwildis ist nicht nur der gut gelaunte Entertainer, der sich in den vergangenen Jahren mit seinem schulterlangen grauen Haar, oft lässig-edel in Schwarz gekleidet als Grandseigneur präsentiert. Gwildis hat auch eine sehr ernsthafte Seite.
"Ich wünsche mir eine bunte, vielfältige Gesellschaft, die wie eine gute Fußballmannschaft funktioniert", sagt er auch in Bezug auf sein aktuelles Album "Bunt". Auch die Musikerinnen und Musiker meiner Band kämen von überall her, aus Polen, aus den USA, aus Afrika. "Das macht den Reichtum aus. Wir schaffen etwas zusammen. Das ist doch großartig!"
Gwildis vertont Wolfgang Borchert-Gedichte
So tritt er auch als Künstler für Toleranz und Vielfalt ein. Seit zwei Jahren gehört sein Bühneprogramm "Pack das Leben bei den Haaren" zu seinem festen Repertoire. Darin singt und liest er Gedichte, Briefe, Liebesgeschichten und Szenen aus Werken von Wolfgang Borchert, jenem Autor, der 1921 in Hamburg zur Welt kam. Irgendwie bleibt Gwildis sich immer treu.