Körperspende: "Mein Leichnam für die Wissenschaft"

Stand: 17.05.2023 12:53 Uhr

Die Ausstellung Körperwelten von Gunther von Hagens hat in Kiel begonnen. Die dort gezeigten Plastinate stammen aus einem Körperspende-Programm, in dem mittlerweile mehr als 20.000 Spender registriert sind. Eine davon: Karin Büchner, 64 Jahre alt, aus Kiel.

Frau Büchner, wie sind Sie darauf gekommen, Körperspenderin werden zu wollen?

Karin Büchner: Das ist tatsächlich schon seit Kindheit an mein Wunsch. Mein Vater hatte irgendwann von einem Arbeitskollegen erzählt, der seinen Leichnam der Uni spenden würde - das hatte mich so fasziniert, dass ich das seitdem auch wollte. Zudem war ich nie religiös, meine Eltern auch nicht. Beerdigung war also nie ein Thema für mich.

Körperspenderin Karin Büchner möchte seit der Kindheit Körperspenderin werden. © NDR Foto: Stella Kennedy
Der Körper für die Wissenschaft: Karin Büchner will ihren Leichnam nach dem Tod der Ausstellung spenden.

Und warum gerade Körperwelten?

Büchner: Ich bin um das Jahr 2000 mit einer Gruppe nach Köln gefahren zu den Körperwelten und habe im Anschluss alle Unterlagen mitgenommen und mich direkt angemeldet und registriert. Es geht ja auch nicht um die Ausstellung, davon kann man halten, was man will. Ich habe da ehrlich gesagt auch keine Meinung zu. Das ist ja nur ein Bruchteil der Arbeit. Da wird man ja präpariert, in Scheibchen geschnitten, das halt wirklich Studierende, Mediziner, Wissenschaftler an den Objekten lernen können.

Das heißt, Ihr Leichnam muss am Ende gar nicht ausgestellt werden?

Büchner: Nein, ich habe gar nicht den Anspruch, da in die Ausstellung zu kommen. So wie ich das für mich sehe und verstehe, ist das Einzigartige daran, wie präpariert wird. Also das Verfahren - und die Ausstellungen machen das publik.

Was ist also ihre Motivation, Ihren Leichnam zu spenden?

Eine Körperwelten-Ausstellung zeigt eine Herz-Lungen-Wiederbelebung. © NDR Foto: Stella Kennedy
An Plastinaten lernen: Die gespendeten Körper dienen der Wissenschaft und Forschung.

Büchner: Ich finde es einfach gut, etwas für die Wissenschaft zu tun, für die Forschung, dass andere davon lernen können. Nicht jeder ist perfekt, jeder hat seine Zipperlein und wer weiß, was für Krankheiten da irgendwie den Wissenschaftlern helfen können, voran zu kommen. Wenn schon nicht jetzt, dann kann ich auf jeden Fall nach dem Tode was Gutes tun, was anderen helfen kann. Das fühlt sich für mich gut an.

Was denken Sie über das Sterben und den Tod?

Büchner: Sterben ist ein natürlicher Vorgang, das gehört einfach mit dazu und natürlich denke ich auch nicht jeden Tag an den Tod, aber es ist einfach so: Egal, wie alt man ist, es kann immer etwas passieren. Und ich finde gut, wenn dann in schriftlicher Form vorgesorgt ist, was zu tun ist. Ich beispielsweise lebe allein, habe keine Familie und nur einen Cousin, der sich im Fall der Fälle sorgen kann - auch um meine Katze, die für mich ein Familienmitglied ist. Aber eine Beerdigung brauche ich nicht, die lehne ich sogar richtig ab.

Wie meinen Sie das?

Büchner: Naja, ich finde, wir sollten uns fragen, ob Beerdigungen noch zeitgemäß sind. Ich zum Beispiel zahle jährlich für das Grab meiner Mutter in Marburg - das ist so weit weg, ein total unpersönlicher Ort, mit dem ich keinerlei emotionale Verbindung habe. Warum überlegen wir uns nicht eine neue Erinnerungskultur? Man kann ja ein Andenken für die Person mit nach Hause nehmen oder in den Garten stellen. Das finde ich viel sinnvoller als eine Grabstelle, an die ich nicht hinkomme. Ich behaupte auch, religiöse Menschen können einen anderen Weg finden.

Können Sie mir das noch näher erklären?

Büchner: Ja, leider ist das ganze Thema Sterben und beerdigt werden so Tabu behaftet und es hängen ja auch viele Traditionen dran. Die möchte ich auch nicht schlecht reden, aber ich finde, dass jeder sowieso auf seine ganz eigene Art trauert. Dazu hat die Kirche an Einfluss verloren. Warum klammern wir uns dennoch größtenteils an Orte wie Friedhöfe und Sargbestattungen?

Und wie stehen Sie zur Organspende?

Büchner: Das finde ich eine unheimlich wichtige Sache! Ich habe die Ausweise im Portemonnaie: meinen Organspendeausweis, meinen Körperspendeausweis und eine Karte, in der steht, dass ich nicht reanimiert werden will. Mein Hausarzt hat darüber hinaus meine Patientenverfügung und darin steht, was ich möchte - beziehungsweise, was ich alles nicht möchte. Meinem Verständnis nach habe ich laut Grundgesetz ein Recht auf Unantastbarkeit und ein würdevolles Leben und da gehört das Sterben, wie ich sterben möchte und wie damit umgegangen wird, genauso dazu.

Frau Büchner, ich danke Ihnen für das Gespräch.

Das Interview führte NDR Reporterin Stella Kennedy.

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