Kieler Muthesius Kunsthochschule zeigt Abschlussarbeiten
"Ein rauschendes Fest voller Kunst und Design" versprach die Kieler Muthesius Kunsthochschule für ihre Jahresausstellung "Einblick / Ausblick". Bis Sonntag wurden die Abschlussarbeiten der Studierenden gezeigt.
Ein Traum, dieser Future Night Train! Als langgezogene, schlanke, silbrige Metallbüchse steht der Modell-Nachtzug bei den Industriedesignern im Forschungs-Labor. Vorne flach und so keilförmig, dass er unter dem Fahrtwind nur so durchrauscht, mit Tempo knapp unter 400 km/h. "Beim Future Night Train ging es darum, dass wir einen Nachtzug konzipieren, mit dem wir in der Zukunft nach Lissabon reisen", erzählt Designer Jonas Veenhues. "Dazu mussten Design-Elemente bestimmt und Interaktionselemente ausgearbeitet werden."
Future Night Train: Interaktiv nach Lissabon
Veenhues tritt an eine Wand, auf die ein Beamer eines der Fenster projiziert. Darunter hängt eine Box mit Sensoren. Als der Designer sich nähert, starten die Anwendungen - das Fenster ist ein interaktiver Bildschirm, erklärt der Student. "Ich halte jetzt hier meine Hand ran und kann schauen, wie lange wir noch bis Lissabon brauchen. Wenn ich dann zum Beispiel in der Landschaft eine interessante Sache sehe, kann ich noch einmal in der Zeit zurückgehen und mir das genauer anschauen." Dies kennt man von Anwendungen vom iPad oder dem Handy, funktioniert mit Wisch und Weg, nur hier eben durch Gesten.
Auch das Äußere macht endlich wieder Lust aufs Bahn-Reisen: Julius Bahl hat der High-End-Flunder kleine Finnen aufs Dach gesetzt. Die verringern den Lärm unter den Strom-Abnehmern. Dazu gibt’s eine nur im Bahnhof im Metall aufleuchtende Beschriftung. Links und rechts vom Leitstand sind zwei vorne zwei Kiemen angebracht. "Das gibt es tatsächlich bei keinem Zug derzeit", erklärt Bahl. "Diese air vents saugen die Luft rein, so dass ein Luftpolster um den Zug herum entsteht. Das ist zum einen aerodynamisch besser, macht aber auch den Innenraum leiser."
Drehorgel lässt Fotos erklingen
Im Bereich Freie Kunst hat die Südkoreanerin Huo Yung eine Mini-Drehorgel gebaut. Auch hier kommen die Töne von Lochstreifen, die eigentlich Fotos sind, etwa zum Frühling oder zur Nacht. Deren Perforation lässt es nun passend klingen.
Erik Hilber aus der Keramik-Klasse hat über Tür, Wand und Decke ein Netz aus verschlungenen Linien gezeichnet, mit Anklängen an unsichtbare fadenförmige Zellen von Pilzen. Zu seiner Arbeit erzählt er: "Wie in meinem Gedankennetzwerk und in der Biologie ist hier alles mit allem verbunden. Es geht auch darum, wie Pilze generell wachsen: Der Organismus lebt unterirdisch. Die Fruchtkörper sprießen an die Oberfläche und bilden dort dann die eigentlichen Pilze, die man essen kann."
Unsichtbares sichtbar machen: In einem Raum wuchern Pilze
Nur wuchern bei ihm eben diese Pilze von Wand und Decke in den Raum. "Das sind Porzellan-Röhren mit winzigen Hohlräumen, die, durch Licht visualisiert, das Myzel im Porzellan darstellen", so Hilber. "Erst wenn man das Licht anschaltet und genau guckt, kann man das Unsichtbare sichtbar machen."
Auch die Fotografen machen ihre Motive sichtbar. In der Klasse von Christine Erhard hängen großformatige Bilder von der Decke. Das Bild als Material ist Thema im Semester gewesen, erzählt die Professorin. Bei ihnen seien Fotos "found footage", also gefundendes Material gewesen, das ihre Studierenden bearbeitet hätten.
Fotos verlieren ihre Zweidimensionalität
"Man sieht das in der Arbeit nebenan deutlich, dass Pablo versucht hat, nicht nur diese Fotooberfläche zu benutzen, wie man sie sonst so kennt", so Erhard. "Sondern er hat sie zum Beispiel mit Öl bearbeitet, um dem Bild auch eine Transparenz zu geben. Er hat so einen experimentellen Ansatz mit der Fotografie entwickelt."
So hängt da jetzt ein luzides Bild im Raum - was ja genau so gewollt sei, sagt die Kunstprofessorin: "Das ist ein wichtiger Ansatz, dass wir vom flachen Bild wegkommen, dass es seine Zweidimensionalität verliert. Das Bild hängt im Raum und kann von vorne und hinten betrachtet werden. Eine andere Möglichkeit: Man steht im Raum drin und wird vom Bild umgeben."
Kieler Muthesius Kunsthochschule zeigt Abschlussarbeiten
Die Jahresausstellung mit den Kunst- und Designarbeiten der Studierenden lief bis Sonntag.
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- Ausstellung
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- Ort:
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Muthesius Kunsthochschule
Legienstraße 35
24103 Kiel - Preis:
- Der Eintritt ist zu allen Veranstaltungen frei.
- Öffnungszeiten:
- 11 bis 19 Uhr.