NS-Raubkunst: MARKK gibt Buddha-Kopf an Erben zurück

Stand: 13.06.2024 10:50 Uhr

Das Museum am Rothenbaum (MARKK) hat am Montag den Kopf einer Buddha-Figur, der während der NS-Zeit beschlagnahmt und vom Museum erworben wurde, an die rechtmäßigen Erben der Berliner Kunstsammlerin Johanna Ploschitzki restituiert.

Laut dem Museum emigrierte Ploschitzki 1939 in die USA. Ihr Besitz sollte verschifft werden, wurde jedoch 1941 im Hamburger Hafen von der Gestapo konfisziert und kurz darauf versteigert. Das damalige Museum für Völkerkunde Hamburg erwarb dabei sieben ostasiatische Kunstgegenstände und 25 Bücher der Kunstsammlerin. 

Share stellte 1948 Rückgabeantrag

Zwei Frauen und zwei Männer stehen neben einem Tisch, auf dem der steinerne Kopf eines Buddhas steht. © Stephan Pflug
MARKK-Provenienzforscherin Jana C. Reimer, die Anwälte Dr. Ewald Volhard und Dr. Louis-Gabriel Rönsberg von der Erbengemeinschaft und MARKK-Direktorin Prof. Dr. Barbara Plankensteiner (v. l.) am Tag der Rückgabe

Ploschitzki nahm nach ihrer Wiederverheiratung in den USA den Namen Hansi Share an und lebte in Los Angeles, teilte das MARKK mit. 1948 stellte sie über ihren Anwalt einen Rückgabeantrag, dem im Rahmen eines Wiedergutmachungsprozesses stattgegeben wurde. 1951 erhielt sie ihre Objekte und Bücher vom Völkerkundemuseum zurück - bis auf den Buddha-Kopf aus China. Über dessen Verbleib hatte Share keine Kenntnis - und die damalige Museumsleitung gab keine aufrichtige Auskunft.

MARKK stellt 2019 fest: Buddha-Kopf ist NS-Raubgut

MARKK-Direktorin Barbara Plankensteiner startete 2017 systematische Provenienzforschungsprojekte in ihrem Haus. 2019 wurde klar: Bei dem Buddha-Kopf handelt es sich um NS-Raubgut. Weitere Forschungen waren nötig, um festzustellen, warum das Objekt nicht bereits 1951 zurückgegeben worden war. Die Provenienzforscherin Kathrin Kleibl fand 2020 bei Recherchen im Hamburger Staatsarchiv heraus, dass der Kopf in den Rückerstattungsunterlagen fälschlicherweise als Topf verzeichnet worden war. Laut Museum erhielt die Einrichtung im Jahr 2021 zeitgleich zu ihren Nachforschungen Anfragen der Anwälte von Shares Erben aus den USA zum Buddha-Kopf. Daraufhin begann das formelle Restitutionsverfahren.

Weitere Informationen
Ein Buddha-Kopf aus Marmor steht in einem Raum des Museums am Rothenbaum (MARKK). © picture alliance/dpa | Marcus Brandt

Buddha-Kopf aus der Umzugskiste: Der lange Weg der NS-Raubkunst

Das Hamburger MARKK gibt einen Buddha-Kopf zurück, der einer jüdischen Emigrantin gehörte und von den Nazis geraubt wurde. Warum hat es bis zur Rückgabe so lange gedauert? mehr

Jahrzehntelanges Warten auf Gerechtigkeit 

Vier Jahre später, am 10. Juni 2024, erfolgte schließlich die Übergabe durch Plankensteiner und den Kaufmännischen MARKK Geschäftsführer Marc von Itter an zwei Anwälte der Erbengemeinschaft. "Ich freue mich sehr, dass wir diesen Kopf einer Buddha-Skulptur nun restituieren konnten und danke dem Deutschen Zentrum Kulturgutverluste, dessen Förderung es uns erlaubte, die notwendigen Recherchen durchzuführen", so die Direktorin.

"Bei den Nachkommen von Frau Share-Ploschitzki entschuldige ich mich für die Verschleierungsstrategien des Museums in den 1950er-Jahren und bedaure es sehr, dass sie so lange auf Gerechtigkeit warten mussten." Louis-Gabriel Rönsberg, einer der Anwälte der Erben von Johanna Ploschinski, sprach von einer großen symbolischen Bedeutung und dem emotionalen Wert, den die Rückgabe für seine Mandanten habe.

Weitere Informationen
In einer Ausstellung über den Kunstraub der Nationalsozialisten geht ein Besucher im Jüdischen Museum Berlin an dem Bild "Knabe vor zwei stehenden und einem sitzenden Mädchen" von Otto Müller vorbei. © dpa-Bildfunk Foto: Rainer Jensen

Raubkunst: Verbrechen gegen die Menschlichkeit

Vor allem die Nationalsozialisten beschlagnahmten und versteigerten etliche Kunstwerke und Besitztümer ihrer jüdischen Opfer. mehr

Die Büste der Königin Nofretete (1340 v. Chr.), Original © picture-alliance/ dpa/dpaweb Foto: Stephanie Pilick

"Büste der Nofretete": Raubkunst oder nicht?

Die Stiftung Preußischer Kulturbesitz, der Louvre und das British Museum beharren darauf, dass viele Objekte aus dem Alten Ägypten legal bei ihnen stehen. mehr

Huaxtekische Objekte © Stadt Salzgitter

Deutschland gibt Artefakte aus Salzgitter an Mexiko zurück

Die 75 Objekte waren im vergangenen Jahr im Museumsdepot des Museums Schloss Salder und beim Zoll gefundenen worden. mehr

Das Gemälde "Junges Mädchen" von Paula Modersohn-Becker in der Hamburger Kunsthalle. © Screenshot

"Junges Mädchen": NS-Raubkunst in der Hamburger Kunsthalle?

Knapp 80 Jahre nach Kriegsende gibt es Streit um ein Bild von Paula Modersohn-Becker - zwischen der Hamburger Kunsthalle und den Nachkommen eines NS-Opfers. mehr

Jurypräsidentin der Berlinale Lupita Nyong'o (r.) steht neben der Regisseurin des Filmes "Dahomey" Mati Diop, die den Goldenen Bären gewonnen hat © Nadja Wohlleben/Reuters/Pool/dpa +++ dpa-Bildfunk +++ Foto: Nadja Wohlleben

Berlinale: Goldener Bär für Raubkunst-Doku über Benin-Bronzen

Die Doku "Dahomey" von Mati Diop hat den Hauptpreis des Filmfests gewonnen. Matthias Glasner aus Hamburg wurde für das beste Drehbuch ausgezeichnet. mehr

Dieses Thema im Programm:

Hamburg Journal | 10.06.2024 | 19:30 Uhr

Schlagwörter zu diesem Artikel

Bildhauerei

Museen

Ein Mann steht vor Bildern in einem Museum. © Panthermedia Foto: anyaberkut

Museen und Ausstellungshäuser im Norden

Kulturell ist in Norddeutschland für jeden was dabei. NDR.de stellt Ihnen zum Start der Ferienzeit ausgewählte Museen vor. mehr

Das Logo von #NDRfragt auf blauem Hintergrund. © NDR

Umfrage zum Fachkräftemangel: Müssen wir alle länger arbeiten?