Die Digedags leben weiter: Kunstvolle Comic-Kobolde aus Ton
Seit mehr als 30 Jahren gibt es den Ritter Runkel und die Digedags aus den "Mosaik"-Comics als Tonfiguren. Ein Besuch im Keramikhof Wietzow in Vorpommern beim Künstlerpaar Detlef und Angelika Schmöhl.
In der DDR kannte sie fast jeder - die Digedags im Comic "Mosaik". Vor mittlerweile 50 Jahren - im Juni 1975 - verschwanden die drei Kobolde Dig, Dag und Digedag in einer Fata Morgana. "Die Digedags waren daheim" war die letzte Textzeile im Mosaik-Heft 223.
Auch wenn die Reise der drei Figuren hier endete, ihre Geschichten begeisterten ungebrochen bis heute. Ganz verschwunden sind sie auch nicht: In Vorpommern haben Dig, Dag und Digedag ein neues, anderes Zuhause gefunden - im Keramikhof Wietzow.
Längste deutschsprachige Comic-Serie
Im Mai 1964 begann die wohl längste deutschsprachige Comic-Serie, und zwar in Venedig:
Drei staubige Gestalten, eine Große und zwei Kleine trotten auf müden Reittieren über die Steinplatten. Wenn nicht ihre Nasen zu sehen wären, würde man Dig und Dag gar nicht erkennen, so sehr sind sie in Eisen gepanzert. Sie bereuen es längst, einem Ritter das Versprechen gegeben zu haben, ihm überall hinzufolgen. Vor allem so einem wie dem Ritter Runkel von Rübenstein.
- Wartet hier auf mich, bis ich euch brauche. Ich tute dann ins Horn, wenn ich den Dogen herumgekriegt habe.
- Ist gut. Er denkt, er kommt mit seiner Frechheit überall durch.
- Lass ihn Dig, Du weißt doch, Frechheit siegt.
Zitat aus dem Hörbuch
Angelika Schmöhl kam Anfang der 1990er-Jahre auf Tonfiguren
Seit mehr als 30 Jahren gibt es diesen Ritter Runkel und die Digedags als Tonfiguren: "Mit der Ritter- Runkel-Serie haben wir begonnen", erinnert sich Detlef Schmöhl. Er gestaltet mit seiner Frau die Figuren. "Den Ritter Runkel stehend, die beiden Knappen dazu - Dig und Dag in Rüstung. Es waren die ersten Figurengruppen, dann ging es weiter mit der Römer-Serie, der Amerika-Serie und Digedag auf Nero." Angelika Schmöhl kam Anfang der 1990er-Jahre auf die Idee, die Digedags aus Ton herzustellen.
"Während der Arbeit hört man Radio. Dann kam ein Beitrag über die Digedags", erzählt Angelika Schmöhl. Sie habe sich erinnert - das seien noch die Sachen aus der Jugendzeit: "Das wäre nicht schlecht, wenn wir die mal in Keramik machen könnten", habe sie gedacht. Sie habe mit ihrem Mann gesprochen und vereinbart, es zu versuchen und sich beim Verlag Junge Welt gemeldet. Sie hätten daran gezweifelt, "ob das wat wird" und sich dann gefreut, als "die Nachricht kam, wir können vorbeikommen und mal zeigen, was wir so alles machen."
Erfinder der Digedags: Johannes Hegebarth
Erfinder der Digedags ist Johannes Hegenbarth, bekannt vor allem als Hannes Hegen. Mit ihm hatte sich das Ehepaar aus Wietzow und Vorpommern zu Beginn der Arbeit immer wieder telefonisch ausgetauscht: "Wir mussten dort die bemalten Figuren abgeben. Herr Hegenbarth hat die Farben der Figuren abgenommen und gesagt 'in Ordnung, das müsste man etwas heller, das etwas dunkler machen', oder 'die Farbe kommt absolut nicht infrage'", so Detlef Schmöhl, der die Figuren herstellt.
Er erklärt den Vorgang: "Wir haben als Grundlage unsere Arbeitsformen - die einzelnen Digedag-Formen. Als zweites Produktionsmittel dient uns der Gießton, der ist in Weiß. Die Figuren werden gegossen und dann nach circa 18 bis 20 Stunden aus der Form genommen und getrocknet." Danach würden sie mit einem Messer und mit einem Schwamm bearbeitet und kämen im Anschluss - nach der Trocknung - in den Ofen, so der Künstler.
Angelika Schmöhl bemalt anschließend die Figuren. Die Farbe werde Schritt für Schritt draufgebracht: "Erst werden sie schwarz grundiert, dann kommt die Hautfarbe drauf. Die wird drei, viermal aufgebracht. Dann kommen die nächsten Farben. Das Ganze dauert drei Stunden."
Figuren beliebt in Sachsen, Thüringen und Mecklenburg-Vorpommern
Wie viele Runkels, Digs, Dags und Digedags das Ehepaar hergestellt haben, können beide nicht sagen. Einige hundert Figuren sind es aber wohl geworden. Die rund 20 Zentimeter großen Nachbildungen der Comic-Helden finden ihre Liebhaber vor allem in Sachsen und Thüringen, zudem in Mecklenburg-Vorpommern. Verschickt wurden sie aber auch schon weiter, wie sich Künstlerin Schmöhl erinnert: "Der weiteste war Ungarn, da hat ein ungarischer Fan angefragt und dorthin haben wir es verschickt. Die Schweiz hatten wir auch."
Arbeiten nur auf Bestellung
Angelika und Detlef Schmöhl arbeiten in ihrer Werkstatt in Wietzow, westlich von Anklam, nur auf Bestellung. Und das wollen beide auch noch möglichst lange, selbst wenn sie sich im nächsten Jahr auf den Ruhestand vorbereiten. "Wir haben noch Spaß an der Sache", meint Detlef Schmöhl, seine Frau ergänzt: "Da wird man noch mal jung, das ist eine schöne Erinnerung."
Der Erfinder der Digedags, der 2014 verstorbene Hannes Hegen, hätte am 16. Mai seinen 100. Geburtstag. Für dieses Jubiläum haben Angelika und Detlef Schmöhl etwas Neues entworfen, eine goldene Überraschung für alle Freunde von Ritter Runkel und den Digedags.
