AUDIO: "Die neue Frau": Ausstellung über vergessene Künstlerinnen (4 Min)

Vergessene Künstlerinnen, die das Bild der Moderne prägten

Stand: 19.09.2024 06:00 Uhr

Bis Ende Oktober zeigt die Ausstellung "Die neue Frau - Wie Künstlerinnen und Gestalterinnen das Bild der Moderne prägten" in der Hochschule für Bildende Künste Hamburg Kunst der ersten 14 Kunst- und Designstudentinnen der HfBK. Darunter die Erfinderin des Tafelservices "Urbino".

von Anette Schneider

Seit einigen Jahren forschen Museen und Institute verstärkt nach Frauen in ihrer Geschichte, werden vergessene Designerinnen, Malerinnen und Wissenschaftlerinnen wiederentdeckt. Nun haben erstmals Wissenschaftler*innen und Studierende im Archiv der Hochschule für Bildende Künste in Hamburg nach vergessenen Künstlerinnen geforscht. Die erstaunlichen Ergebnisse präsentiert nun eine Ausstellung auf der neuen Ausstellungsfläche der Hochschule für Bildende Künste.

Frauen, die gegen alle Vorurteile ihrer Zeit ihren Weg gingen

In einer Vitrine liegt ein kostbarer, kleiner Beutel, bestickt mit Tausenden winziger Perlen. An den Wänden hängen gewebte Teppiche mit abstrakten Mustern, Fotoserien des Hamburger Gängeviertels in extremen Auf- und Untersichten und Werbeplakate für das legendäre wilde Hamburger Kostümfest im Curiohaus. Die Ausstellung stellt 14 der ersten Kunst- und Designstudentinnen der HfBK vor.

Frauen, die gegen alle Vorurteile ihrer Zeit ihren Weg gingen. Einige kamen schon 1907 ans Haus, das damals noch "Staatliche Kunstgewerbeschule" hieß, obwohl Frauen offiziell erst ab 1919 studieren durften. "Tatsächlich gibt es einige unter den 14 Frauen, die bekannter sind: Das ist Sophie Taeuber-Arp. Auch Anni Albers gehört dazu", sagt die Kunstwissenschaftlerin und Kuratorin Ina Jessen.

Erste Grafikdesignerin Grete Gross

Vor allem aber werden vergessene Künstlerinnen wieder sichtbar gemacht: Grete Gross etwa studierte als eine der ersten Grafikdesign, und entwickelte führende Werbekampagnen für Montblanc. Alma de L'Aigle wurde Reformpädagogin und Gartengestalterin und entwarf die Grünanlagen der Stiftung Anscharhöhe in Hamburg-Eppendorf.

Die Malerin Elise Blumann ist mit einem Selbstporträt vertreten - einer Leihgabe aus Australien: In den 1920er-Jahren zeigte sie sich mit kurzen Haaren und selbstbewusst lächelnd als Inbegriff der "neuen Frau". Einige Jahre später musste die politisch engagierte Künstlerin vor den Faschisten ins Exil fliehen. Auch sie wurde vergessen.

"Das ist ein mehrere Jahrhunderte altes Thema. Diese Frauen haben gewirkt und sind trotzdem in Vergessenheit geraten", so Jessen. Sie fragt: "Wer schreibt die Kunstgeschichte? Wer protegiert wen? Welche Gültigkeit haben Geschlechterrollen?". So ist zwar von jeder der 14 Künstlerinnen das Studienbuch überliefert, aber nicht von allen fanden sich Arbeiten. Auch stand für die Professoren damals fest: Die Frauen sollten nicht Malerei oder Bildhauerei studieren - sondern Kunstgewerbe lernen.

Marlene Poelzig entwarf Innenarchitektur des Berliner Schauspielhauses

"Tatsächlich zeigt sich aber in den Biografien der Frauen, dass sie sich widersetzt haben. Wenn wir Marlene Poelzig anschauen, die in den 1910er-Jahren hier studiert hat: Sie ist die erste Frau, die durchgesetzt hat, in Aktkursen dabei zu sein und wirklich zu studieren", erklärt die Kuratorin. Poelzig wurde Bildhauerin und Architektin. 1919 entwarf sie mit ihrem Mann die legendäre Innenarchitektur des Großen Berliner Schauspielhauses. Radikal neu wirkt bis heute auch das minimalistisch-klare Porzellanservice, das in einer Vitrine steht - eine Leihgabe aus dem Museum für Kunst und Gewerbe.

"Das ist eine Erfolgsgeschichte bis heute: Trude Petri hat auch hier studiert. Sie hat dann den Sprung nach Berlin gemacht und hat bei der Königlich Preußischen Porzellanmanufaktur - KPM - als freie Mitarbeiterin begonnen und hat Anfang der 30er-Jahre das Tafelservice 'Urbino' entworfen. Für Porzellankenner ist klar: Diese Frau hat wirklich einen anhaltenden Wert geschaffen. Bis heute wird es produziert", erklärt Jessen.

Bessoudos Dschungelbilder hängen in großen Museen in Süd- und Nordamerika

All diese Erkenntnisse wurden nur Dank eines engagierten Netzwerks aus Wissenschaftlerinnen, Forschungsinstituten und Studierenden möglich. Das entdeckte auch die jüdische Malerin Ruth Bessoudo wieder. Nach ihrer Flucht aus Deutschland wurde Bessoudo im brasilianischen Exil mit faszinierenden Dschungelbildern berühmt, die heute in den großen Museen Süd- und Nordamerikas hängen. Um sie in der Ausstellung zeigen zu können, erhielt Ina Jessen einige Reproduktionen zugeschickt - aus New York vom weltberühmten MOMA.

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Vergessene Künstlerinnen, die das Bild der Moderne prägten

Eine Ausstellung in der Hochschule für Bildende Künste beleuchtet, wie unbekannte Künstlerinnen und Gestalterinnen das Bild der Moderne prägten.

Datum:
Ende:
Ort:
ICAT - Institute for Contemporary Art & Transfer der HFBK Hamburg
Lerchenfeld 2a
22081 Hamburg
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Dieses Thema im Programm:

NDR 90,3 | Kulturjournal | 18.09.2024 | 09:40 Uhr

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