von Kerry Rügemer

Flaschenzüge, fünf an der Zahl, an denen jeweils fünf Kilo Eisen hängen. Die dürfen Besucherinnen und Besucher nacheinander hochziehen, beim letzten sogar mittels eines weich gepolsterten Sitzkissen gleich sich selber locker in die Lüfte hieven - fast ohne Kraftaufwand.

"Der Flaschenzug, das ist natürlich schon älter, das erfindet Leonardo nicht", erklärt Geschichtsprofessor Hiram Kümper, der die Ausstellung wissenschaftlich betreut. Aber wie viele Dinge habe da Vinci das aufgenommen und weiterentwickelt. "Und hier kann man eben sehen, wie man mit verminderter Kraft immer größer werdende Gewichte hochheben kann, kann man hier live erleben - man kann sich nämlich selbst hochziehen", erklärt Kümper.

Eine Epoche die bahnbrechende Perspektiven eröffnete

Ganz zu Beginn erläutert eine große Schautafel mit Texten, was die Renaissance eigentlich für eine Epoche war. Diese Neuzeit hat nämlich das Mittelalter abgelöst, bahnbrechende neue Perspektiven auf Natur, Kultur und Technik eingeläutet - und den Begriff des Uomo universalis geschaffen. "Das sind Menschen, die sich für Alles interessieren, die in Alles den Kopf reinstecken und das ist ein Typus, ein Ideal, das die Renaissance hervorbringt", erklärt Hiram Kümper weiter.

Nicht nur immersiv, sondern auch interaktiv

Ab dem 17. September können Kunst- und Wissenschaftsfans in die Welt des Universalgenies Leonardo da Vinci eintauchen - in Hamburg Altona.

Leonardo da Vinci war vor allem Erfinder, machte sich Gedanken über das Fliegen. Reproduktionen seiner vielen Zeichnungen - anatomisch und technisch - sind hier zu bewundern. Aber das Beste sind die Modelle, die man mithilfe von Kurbeln und Schiebern in Bewegung setzen kann. Gebaut haben das Studierende für Ingenieurswesen der Hochschule Bielefeld.

Eine besondere Herausforderung, wie der Historiker erläutert: "Das sind ganz realistische verkleinerte Modelle. Wir haben von Leonardo diese unglaublich schönen Zeichnungen in seinen Codices. Das sind keine modernen Modellzeichnungen! Das heißt, jede Ingenieurin, jeder Ingenieur muss das für sich erst interpretieren."

So verschwindet eine Schiffskanone beispielsweise hinter einer Holzwand, die sich beim Betätigen einer Kurbel langsam schließt. Das macht richtig Spaß - und zeigt anschaulich, wie manch komplizierte Mechanik funktioniert.

Eintauchen in die berühmten Gemälde des Universalgenies

Auf dem Bild "Das letzte Abendmahl" sind Jesus und seine zwölf Apostel zu sehen. Das Original kann man in Mailand in der Santa Maria delle Grazie sehen

Und natürlich sind dort da Vincis Gemälde - 16 werden ihm sicher zugeschrieben - zu bewundern. Die meist vergrößerten Reproduktionen hängen nebeneinander: Die Mona Lisa, im Original im Pariser Louvre, lächelt die Dame mit dem Hermelin an; gegenüber sitzt Jesus beim Abendmahl quer über die ganze Wand. Das Gemälde ist im Prado in Madrid zu sehen. Texte weisen auf spannende Details hin, zum Beispiel da Vincis naturgetreue Zeichnung verschiedenster Pflanzen in einem Rasenstück.

Und dann natürlich der große Saal mit Videos auf allen Wänden und am Boden. Unter Musikbegleitung tauchen hier Landschaften, Gemälde und Porträts des Universalgelehrten auf.

Neue Zielgruppen für Kunst begeistern

Dieser Teil ist zwar hübsch anzusehen, aber nicht sonderlich spektakulär. Da sind die vielen beweglichen Modelle doch eher der Clou der Ausstellung. Für echte Museumsgänger sind diese immersiven, diese erlebbaren Ausstellungen zum Eintauchen vielleicht etwas befremdlich - aber sie kommen gut an - überall!

"Das ist ja eine der großen, wunderbaren Chancen: Also ein traditioneller Kulturbetrieb mit eben ganz neuen Formen zusammen zu bringen - und eben dadurch auch neue Leute erreicht", schwärmt Hiram Kümper.

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