Installationskunst auf Sylt gegen ungeliebte Camper?
Sylt hat jetzt eine Lichtkunstinstallation in dem kleinen Park vor dem Rathaus: "Meeresrauschen" nennt sie sich. Wird die Kunst womöglich nur vorgeschoben, um zu verhindern, dass auf der Fläche wieder ein Protestcamp errichtet wird?
Das Thema Meer passt zu Sylt. Vor dem Rathaus ist es jetzt auf besondere Weise zu hören: Walgesänge, statt Punkmusik. Projektleiter Andreas Armbrust von der österreichischen Firma MB Illumination hat das Konzept umgesetzt: "Da gibt es eine Datei, die man frei laden kann. Die haben wir genommen und aufgespielt. Wir können es schneller und langsamer machen. Ich denke, es ist modifiziert."
Daneben ist natürlich der Wal - gekrümmt im Bogen, könnte auch ein springender Delfin sein - und ein Wikingerschiff. Historisch lässt sich das zwar nicht Sylt zuordnen, aber Haithabu ist ja nicht weit weg. "Das ist ein bisschen gewollt, ein bisschen Zufall", sagt Armbrust. "Wir haben einfach darüber nachgedacht: Welche maritimen Themen können wir machen? Da kam uns gleich dieses Wikingerschiff. Da sind unsere Designer immer sehr flexibel unterwegs."
Vom Weihnachtsmarkt in den nordfriesischen Sommer
Die fantasievollen Atlantisfische, Muscheln mit Riesenperlen und Quallen mit ihren Tentakeln leuchten bestimmt auch ganz großartig spät abends - durch 80.000 LEDs, die übrigens ganz sparsam nur einen Kilowatt Strom ziehen. Die Objekte waren schon auf Weihnachtsmärkten in Deutschland zu sehen, wo sie bei Dunkelheit zur Geltung kamen. Sylt mietet sie jetzt nur für den Sommer.
Mit Kunst gegen ein neues Protestcamp?
All das wäre nur ein Thema für den Lokalteil gewesen, wäre da im vorigen Sommer nicht die Sache mit dem Protestcamp gewesen - auf genau dieser Fläche. Jetzt ist sie belegt. Betreten verboten. Bürgermeister Nikolas Häckel weiß bei diesem Termin ganz genau, was er sagen will und was nicht und wiederholt immer wieder dieselben vorbereiteten Formulierungen.
Kein Wort von den Punks. Auf wiederholte Nachfrage sagte er: "Wir haben hier ein tolles Projekt und dafür stehe ich ein. Wenn irgendjemand irgendwelche abstrusen Verbindungen schafft, mag das demjenigen zuzurechnen sein. Ich denke die Bürgerinnen und Bürger sind erwachsen genug, auch das einzuschätzen."
Installationskunst im Park: Ein Gewinn für den Tourismus?
93.500 Euro für gemietete Kunst: Teuer, mag man meinen, für Kunst, die nett ist, aber mehr dann eben auch nicht. Intransparente Entscheidung, keine Ausschreibung, keine Diskussion - die Kommunalaufsicht prüft den Vorgang. Aber immerhin: Sylt ist wieder in den Schlagzeilen. Touristisch ist es vielleicht ein Gewinn. Die medial bis ins letzte ausgeschlachtete Sache mit den Punks hatte tatsächlich Gäste abgeschreckt - wie Heinz und Theresia Steinhüser aus Wuppertal: "Sylt war nur noch in den Nachrichten mit den Punks. Da haben wir gesagt: Weißte watt, jetzt fahren wir nicht dahin."
Dankbar ist auch ein Obststandbetreiber auf dem Wochenmarkt am Westerländer Rathaus: "Wenn Du hier stehst und machst jede Woche 500 bis 1.000 Euro weniger an einem Markttag über 12 oder 16 Wochen - das rechne mal bitte zusammen. Ich habe einen 17-Stunden-Tag, hole die Ware vom Großmarkt in Hamburg. Wenn die Leute, die nicht arbeiten, einem das Geschäft versauen - da hast du so einen Hals am Ende."
Unverständnis bei Insel-Punk Jörg Otto
Nur Sylt-Punk Jörg Otto, der vergangenes Jahr in die Top zehn der Inselpromis aufrückte, kann das alles nicht verstehen: "Wenn hier viele Leute sind, die Hilfe brauchen, weil die nur zwischen den Gassen existieren, dann würden wir sehen, ob da wieder was zu machen ist. Es kommen garantiert wieder ganz viele Leute. Das, was hier als Kunstprojekt entstanden ist, das ist gar nicht mal hübsch."
Als die Pressevertreter gegangen sind, setzt er sich einsam im leichten Regen auf eine Parkbank, öffnet ein Dosenbier, bietet dem Reporter sogar einen Energydrink an und blickt versonnen zu den Atlantisfischen und Leuchtquallen rüber. Am Sonnabend wird zum ersten Mal offiziell illuminiert und bis Mitte September dann immer von 18 Uhr abends bis in die Nacht.