
Tom Tykwers "Das Licht": Ausuferndes Familiendrama mit Lars Eidinger
Mit "Das Licht" hat Tom Tykwers die 75. Berlinale eröffnet. Jetzt kommt der Film ins Kino. Für Tykwer ist der Film nach fast zehn Jahren eine Rückkehr zu seinen Wurzeln, eine Rückkehr ins Kino.
Es ist ein ominöses Licht, eine Lampe auf einem Tisch. Sie ist schon in der ersten Einstellung zu sehen, als die Kamera sich einen Weg durch den Berliner Regen sucht, ein Fenster in einem Berliner Hochhaus fokussiert und näher ran fliegt. Das Licht flackert, davor sitzt Farrah, eine Frau aus Syrien. Vor ein paar Jahren ist sie nach Deutschland gekommen. Das Licht ist für sie eine Therapie. Eine Therapie, die sie auch bei der Familie anwenden will, bei der sie als Haushälterin arbeitet: Familie Engel, klassische Berliner Mittelschicht, große Altbauwohnung in S-Bahn Nähe, zwei fast erwachsene Kinder, Zwillinge.
Sohn Jon taucht regelmäßig in die Virtual Reality-Welten eines Computerspiels ab, Tochter Frieda zieht nachts durch die Berliner Clubs und blockiert mit ihren Aktivisten-Freunden die Autobahn, Mutter Milena fliegt regelmäßig nach Kenia um dort kulturelle Entwicklungsarbeit zu leisten, Vater Tim fährt überall mit dem Fahrrad hin, arbeitet als erfolgreicher Freelancer in einer PR-Agentur und wirbt für Nachhaltigkeit.
Tykwer verzahnt Paralleluniversen verschiedener Leben
Tom Tykwers Motivation für "Das Licht" entspringt einer persönlichen Reflektion. Der Reflektion über das quasi Zusammenleben mit seiner eigenen Haushälterin und dem Nicht-Wissen über ihr Leben. "Also ich glaube, das erste Mal, wo ich darüber nachgedacht habe, dass es ein Film sein könnte, war der Moment, als ich zu Hause war und unsere Haushälterin kam nicht", erzählt der Regiesseur. "Und plötzlich kam mir dieser Gedanke: Was ist eigentlich, wenn der jetzt was passiert ist? Wen rufe ich da eigentlich an? Und ich merkte, ich habe noch nicht mal die Nummer von ihrem Mann. Natürlich war nichts passiert, aber dieser Moment hat mir irgendwie noch mal klargemacht, wie so Paralleluniversen in ineinander verzahnt miteinander leben, ohne einander zu kennen."
Tykwer verzahnt diese Paralleluniversen, erzählt von einer dysfunktionalen Mittelschichtfamilie in Berlin und einer syrischen Haushälterin, die den Laden im wahrsten Sinne des Wortes am Laufen hält. Er reißt dabei in den 162 Minuten Laufzeit die großen Themen unserer Zeit an. Migration, Integration, Generationenkonflikt.
Ein Film zwischen Zusammenbruch und Neuanfang
"Das Licht" ist ein Film zwischen Zusammenbruch und Neuanfang. "Ich brauche mal wieder einen Film, der aus uns spricht. Und mit uns meine ich natürlich diese etwas diffuse, breite westliche Mittelschicht, die glaubt, immer das Zepter in der Hand zu haben und am Ende des Tages den Laden zu schmeißen. Also die liberale Mitte, die halt irgendwie dann doch die Regierung bildet und die wichtigen Posten besetzt. Und das entgleitet uns ja gerade. Und wir wundern uns irgendwie und unsere Kinder sagen uns: Na ja, aufwachen. Ihr habt die ganze Zeit geratzt."
Das Problem: Tykwer mag mit dieser Erkenntnis Recht haben, will mit "Das Licht" dennoch zu viel. Es ist ein ausuferndes Familiendrama, in dem ein Familienmitglied unsympathischer ist als das andere, es gibt sogar Musicalelemente. „Das Licht“ ist Gesellschaftskritik aus der Perspektive der Generation, die Mit-Verantwortung trägt für den Ist-Zustand der Welt. Die eigene Blase zu verlassen, hätte Tykwer und damit auch dem Film gutgetan. Denn so zeugt „Das Licht“ vor allem vom gescheiterten Größenwahn seines Regisseurs.

Das Licht
- Genre:
- Drama,
- Produktionsjahr:
- 2024
- Produktionsland:
- Deutschland
- Zusatzinfo:
- Mit Tala Al Deen, Lars Eidinger, Nicolette Krebitz
- Regie:
- Tom Tykwer
- Länge:
- 162
- FSK:
- ab 12 Jahre
- Kinostart:
- 20. März 2025