VIDEO: Trailer: "Das Licht" Berlinale-Eröffnungsfilm von Tom Tykwer (2 Min)

Tom Tykwers "Das Licht": Ausuferndes Familiendrama mit Lars Eidinger

Stand: 17.03.2025 14:00 Uhr

Mit "Das Licht" hat Tom Tykwers die 75. Berlinale eröffnet. Jetzt kommt der Film ins Kino. Für Tykwer ist der Film nach fast zehn Jahren eine Rückkehr zu seinen Wurzeln, eine Rückkehr ins Kino.

Ein Mann in grün gekleidet mit nassen Haaren steht im Regen an einer Berliner Kreuzung - Szene aus dme Film "Das Licht" © Frédéric Batier / X Verleih AG Foto: Frédéric Batier
Beitrag anhören 5 Min

von Anna Wollner

Es ist ein ominöses Licht, eine Lampe auf einem Tisch. Sie ist schon in der ersten Einstellung zu sehen, als die Kamera sich einen Weg durch den Berliner Regen sucht, ein Fenster in einem Berliner Hochhaus fokussiert und näher ran fliegt. Das Licht flackert, davor sitzt Farrah, eine Frau aus Syrien. Vor ein paar Jahren ist sie nach Deutschland gekommen. Das Licht ist für sie eine Therapie. Eine Therapie, die sie auch bei der Familie anwenden will, bei der sie als Haushälterin arbeitet: Familie Engel, klassische Berliner Mittelschicht, große Altbauwohnung in S-Bahn Nähe, zwei fast erwachsene Kinder, Zwillinge.

Sohn Jon taucht regelmäßig in die Virtual Reality-Welten eines Computerspiels ab, Tochter Frieda zieht nachts durch die Berliner Clubs und blockiert mit ihren Aktivisten-Freunden die Autobahn, Mutter Milena fliegt regelmäßig nach Kenia um dort kulturelle Entwicklungsarbeit zu leisten, Vater Tim fährt überall mit dem Fahrrad hin, arbeitet als erfolgreicher Freelancer in einer PR-Agentur und wirbt für Nachhaltigkeit.

Weitere Informationen
Der Filmregisseur und Drehbuchautor Tom Tykwer im Portrait © Joachim Gern

Tom Tykwer: "Jede Familie ist irgendwie auch ein Desaster"

Bei NDR Kultur à la carte spricht Regisseur Tom Tykwer über seinen neuen Film "Das Licht" und das Nebeneinanderherleben. mehr

Tykwer verzahnt Paralleluniversen verschiedener Leben

Tom Tykwers Motivation für "Das Licht" entspringt einer persönlichen Reflektion. Der Reflektion über das quasi Zusammenleben mit seiner eigenen Haushälterin und dem Nicht-Wissen über ihr Leben. "Also ich glaube, das erste Mal, wo ich darüber nachgedacht habe, dass es ein Film sein könnte, war der Moment, als ich zu Hause war und unsere Haushälterin kam nicht", erzählt der Regiesseur. "Und plötzlich kam mir dieser Gedanke: Was ist eigentlich, wenn der jetzt was passiert ist? Wen rufe ich da eigentlich an? Und ich merkte, ich habe noch nicht mal die Nummer von ihrem Mann. Natürlich war nichts passiert, aber dieser Moment hat mir irgendwie noch mal klargemacht, wie so Paralleluniversen in ineinander verzahnt miteinander leben, ohne einander zu kennen."

Tykwer verzahnt diese Paralleluniversen, erzählt von einer dysfunktionalen Mittelschichtfamilie in Berlin und einer syrischen Haushälterin, die den Laden im wahrsten Sinne des Wortes am Laufen hält. Er reißt dabei in den 162 Minuten Laufzeit die großen Themen unserer Zeit an. Migration, Integration, Generationenkonflikt.

Ein Film zwischen Zusammenbruch und Neuanfang

"Das Licht" ist ein Film zwischen Zusammenbruch und Neuanfang. "Ich brauche mal wieder einen Film, der aus uns spricht. Und mit uns meine ich natürlich diese etwas diffuse, breite westliche Mittelschicht, die glaubt, immer das Zepter in der Hand zu haben und am Ende des Tages den Laden zu schmeißen. Also die liberale Mitte, die halt irgendwie dann doch die Regierung bildet und die wichtigen Posten besetzt. Und das entgleitet uns ja gerade. Und wir wundern uns irgendwie und unsere Kinder sagen uns: Na ja, aufwachen. Ihr habt die ganze Zeit geratzt."

Das Problem: Tykwer mag mit dieser Erkenntnis Recht haben, will mit "Das Licht" dennoch zu viel. Es ist ein ausuferndes Familiendrama, in dem ein Familienmitglied unsympathischer ist als das andere, es gibt sogar Musicalelemente. „Das Licht“ ist Gesellschaftskritik aus der Perspektive der Generation, die Mit-Verantwortung trägt für den Ist-Zustand der Welt. Die eigene Blase zu verlassen, hätte Tykwer und damit auch dem Film gutgetan. Denn so zeugt „Das Licht“ vor allem vom gescheiterten Größenwahn seines Regisseurs.

Weitere Informationen
Ein Mann im schwarzen Smoking überreicht einen Oscar an einen anderen, etwas kleineren Mann, der dabei lacht - Quentin Tarantino (links) überreicht Sean Baker den Oscar als bester Regisseur bei der Oscar-Gala 2025 © Chris Pizzello/Invision/AP/dpa +++ dpa-Bildfunk +++ Foto: Chris Pizzello

Oscars 2025: "Anora" von Sean Baker triumphiert in Hollywood

Die Oscar-Verleihung war spannend wie lange nicht. Hamburg und Wolfsburg gingen leer aus, der große Gewinner war US-Regisseur Baker. mehr

Ein Mann im schwarzen Smoking strahlt über beide Ohren und freut sich über seinen Oscar für den besten Film, dahinter steht sein elegant gekleidetes Filmteam © Chris Pizzello/Invision/AP/dpa +++ dpa-Bildfunk +++ Foto: Chris Pizzello

"Anora": Oscar-Sieger Baker hat Herz für Ränder der Gesellschaft

Der US-Regisseur Sean Baker kämpft fürs Independent-Kino, inszeniert voller Humor soziale Themen und hat nun die wichtigsten Filmpreise gewonnen. mehr

Rachel Zegler als Schneewittchen in einer neuen Realverfilmung als Musical - mit Vogel auf der Hand ©  2024 Disney Enterprises, Inc. All Rights Reserved.

Kinofilme für Kinder und Familien: Tipps fürs Frühjahr 2025

Das Kinojahr bietet Remakes von "Momo" und "Willow", eine Tierfabel, ein Live-Action-Remake von "Scheewittchen" und einen Zeichentrickfilm über den Holocaust. mehr

Zwei Männer, verkleidet als Indigene, schauen verwundert (links Abahachi, also Bully Herbig, rechts Ranger, gespielt von Christian Tramitz) © Herb X-Film / Constantin Film / Luis Zeno Kuhn Foto:  Luis Zeno Kuhn

Filme 2025: Diese Highlights bietet das Kinojahr

Der Kinojahrgang 2025 bietet gute Filme! Mit dabei sind "Avatar 3" und "Wicked 2", außerdem gibt's "Das Kanu des Manitu" und "Amrum" von Fatih Akin. mehr

Das Licht

Genre:
Drama,
Produktionsjahr:
2024
Produktionsland:
Deutschland
Zusatzinfo:
Mit Tala Al Deen, Lars Eidinger, Nicolette Krebitz
Regie:
Tom Tykwer
Länge:
162
FSK:
ab 12 Jahre
Kinostart:
20. März 2025

Dieses Thema im Programm:

NDR Kultur | Der Morgen | 17.03.2025 | 07:50 Uhr

Schlagwörter zu diesem Artikel

Spielfilm

Eine Grafik zeigt einen Lorbeerkranz auf einem Podest vor einem roten Hintergrund. © NDR

Legenden von nebenan: Wer hat Ihren Ort geprägt?

NDR Kultur erzählt die Geschichte von Menschen, die in ihrer Umgebung bleibende Spuren hinterlassen haben - und setzt ihnen ein virtuelles Denkmal. mehr

Zwei Männer, verkleidet als Indigene, schauen verwundert (links Abahachi, also Bully Herbig, rechts Ranger, gespielt von Christian Tramitz) © Herb X-Film / Constantin Film / Luis Zeno Kuhn Foto:  Luis Zeno Kuhn

Filme 2025: Diese Highlights bietet das Kinojahr

Der Kinojahrgang 2025 bietet gute Filme! Mit dabei sind "Avatar 3" und "Wicked 2", außerdem gibt's "Das Kanu des Manitu" und "Amrum" von Fatih Akin. mehr

Der Arm einer Frau bedient einen Laptop, der auf einem Tisch in einem Garten steht, während die andere Hand einen Becher hält. © picture alliance / Westend61 | Svetlana Karner

Abonnieren Sie den NDR Kultur Newsletter

NDR Kultur informiert alle Kulturinteressierten mit einem E-Mail-Newsletter über herausragende Sendungen, Veranstaltungen und die Angebote der Kulturpartner. Melden Sie sich hier an! mehr

NDR Kultur App Bewerbung © NDR Kultur

Die NDR Kultur App - kostenlos im Store!

NDR Kultur können Sie jetzt immer bei sich haben - Livestream, exklusive Gewinnspiele und der direkte Draht ins Studio mit dem Messenger. mehr

Mehr Kultur

Cover: John Grisham, „Die Legende“ © Heyne

Justizthriller "Die Legende": Wieder ein echter John Grisham

In seinem neuesten Roman nimmt uns der US-amerikanische Autor mit auf eine Reise in die Abgründe der Kolonialgeschichte. mehr

Kleine Spielzeughäuser aus Kunststoff stehen auf einem Abgabenbescheid für die Entrichtung der Grundsteuer. In die zähen Verhandlungen von Bund und Ländern über eine Reform der Grundsteuer hat Schleswig-Holstein einen neuen Kompromissvorschlag eingebracht. © picture alliance/dpa | Jens Büttner Foto: picture alliance/dpa | Jens Büttner

Umfrage: Reform der Grundsteuer - gerecht oder ungerecht?