Thriller-Komödie "Drive-Away Dolls": Ethan Coens Lust am Schlüpfrigen
Man kann Ethan Coens Solo-Regie-Debüt als extreme Geschmacksverirrung empfinden. Immerhin finden sich in "Drive-Away Dolls" die originell geschriebenen Dialoge, die man von ihm erwartet.
Zunächst sieht alles nach einem typischem Coen-Brüder-Film aus: ein Mann mit Koffer auf der Flucht vor Killern. Am Ende wird er drastisch gewalttätig um Koffer und Leben gebracht.
Ein Roadtrip gerät aus dem Ruder
Schon in den nächsten Szenen aber macht sich bemerkbar, dass hier eben nicht Bruder Joel, sondern Ethans Ehefrau Tricia Cooke mit am Drehbuch geschrieben hat. Denn untypischerweise gibt es ein weibliches Protagonisten-Pärchen: Marian und Jamie sind ungleiche Freundinnen. Beide lesbisch, die eine aber Typ zugeknöpftes Mauerblümchen, die andere sexuell höchst aktiv. Weil Jamie von ihrer Freundin aus der Wohnung geschmissen wird, beschließt sie, Marian auf einem Roadtrip zur Tante in Florida zu begleiten. Unterwegs, so der Plan, will sie der brach liegenden Libido der Freundin auf die Sprünge helfen.
Weil reguläre Mietautos teuer sind, fragen die beiden bei einer Agentur für Auto-Überführungen an. Was weder die Mädels noch der Autovermittler ahnen: Im Kofferraum liegt just der eingangs geraubte Koffer. Und kaum sind Marian und Jamie abgefahren, da stehen Gangster vor dem Tresen des Autovermittlers. Zwei arglose junge Frauen auf der Suche nach erotischen Abenteuern werden nun von einem trotteligen Killer-Duo auf der Suche nach dem Koffer verfolgt.
"Drive-Away Dolls": Extreme Geschmacksverirrung von Ethan Coen
So weit, so lustig, könnte diese Thriller-Komödie sein - wenn nicht der Solo-Coen plötzlich so eine Lust am Schlüpfrigen und Anzüglichen entwickelt hätte. Gut vorstellbar, dass der große Bruder Lesben-Sex auf Soft-Porno- und Penis-Witze auf Pennäler-Niveau gar nicht so gerne mitinszeniert hätte. Das Publikum wird der Film ganz sicher spalten, weil es schlicht Geschmackssache ist, ob man den Humor für zündend oder den Kofferinhalt für eine gelungene Pointe hält.
Die einen werden "Drive-Away Dolls" als unverkrampfte Queer-Komödie feiern, die anderen den Kopf über Altherren-Lesben-Fantasien schütteln. Man kann Ethan Coens Solo-Regie-Debüt wirklich als extreme Geschmacksverirrung empfinden. Immerhin finden sich die originell geschriebenen Dialoge, die man von ihm erwartet, und eine amüsant kuriose Killer-Paarung, bestehend aus Volltrottel und Laberbacke.
Das Schauspiel-Ensemble in "Drive-Away Dolls" ist, inklusive Gastauftritt von Matt Damon, A-Liga - inhaltlich gehört der Film ins B-Movie-Regal. Möge bald wieder Bruder Joel ein Wörtchen mitreden. Zum Glück haben die beiden sich ja nicht für immer getrennt, sondern wollen schon bald wieder zusammen drehen: einen Horrorfilm, richtig blutig, haben sie angekündigt. Vielleicht kann darüber dann auch wieder der ganze Kinosaal lachen.
Drive-Away Dolls
- Genre:
- Action, Komödie, Thriller
- Produktionsjahr:
- 2024
- Produktionsland:
- Vereinigtes Königreich, Vereinigte Staaten
- Zusatzinfo:
- Mit Margaret Qualley, Geraldine Viswanathan, Joey Slotnick u.a.
- Regie:
- Ethan Coen
- Länge:
- 84 Minuten
- FSK:
- ab 16 Jahre
- Kinostart:
- 7. März 2024