Rückblick auf eine lebenslange Liebe: Der Dokumentarfilm "Für immer"
Wie verändert sich die Liebe, wenn man alt und gebrechlich wird? Der Dokumentarfilm "Für immer" porträtiert ein Ehepaar aus Norddeutschland. Die NDR Koproduktion ist in der ARD-Mediathek zu sehen.
Vertraut und innig, nach mehr als 60 Jahren: Eva und Dieter. Sie war Lehrerin, er war Architekt und hat das gemeinsame Haus mit seinen eigenen Händen erbaut. Drei Töchter haben sie bekommen.
"Für immer" heißt der bewegende, sehr persönliche Dokumentarfilm. Pia Lenz hat das Ehepaar mehrere Jahre mit ihrer Kamera begleitet: "Wir wissen sehr viel über den Beginn einer Liebe. Wir erinnern uns auch sehr gerne an das Gefühl, verlieben uns neu oder heiraten. Wir erzählen auch sehr viele Geschichten darüber - also Filme, Bücher. Ich glaube aber, wir wissen nicht so viel darüber, was eigentlich passiert, wenn das gelingt, also wenn man wirklich zusammen bleibt und ein ganzes Leben zusammen verbringt, wonach wir offensichtlich alle - vielleicht nicht alle, aber sehr viele - eine große Sehnsucht haben."
Tagebücher als dritte Person in der Beziehung
Eva hat über das gemeinsame Leben Tagebuch geführt. Nach etwa zwei Jahren Drehzeit vertraut sie es der Regisseurin an: wunderbare Momentaufnahmen aus vielen Jahrzehnten. Im Film wird daraus gelesen:
"Ich möchte noch lange mit dir zusammenleben und in ferner Zeit mit dir zusammen sterben." Filmzitat
Eva war 16, Dieter 18, als sie sich kennenlernten. Doch auch diese Ehe war nicht immer leicht: Es gab großes Glück, aber auch tiefe Krisen und Seitensprünge - auf beiden Seiten.
"Dieter, du maulfauler Stockfisch, du wortkarger Klotz, du Gefühlsurne. Es wird kommen der Tag, da bitte ich dich und deine Gefühle zur Kasse." Filmzitat
"Diese Tagebücher waren wie ein eine dritte Person in dieser Beziehung", erklärt Lenz, "weil Eva die immer genutzt hat, um Gedanken und Gefühle zu äußern, zu verarbeiten und zu sortieren, auch in vielen Jahrzehnten, in denen sie das mit Dieter gar nicht immer so gut konnte."
Auseinandersetzung mit dem Älterwerden
Die Tragödie ihres Lebens: Der Unfalltod der vierjährigen Tochter:
"Es wurde beim Spielen auf der Straße von einem Fuhrwerk überrollt. Was wundervoll war: Er hat nie mir Vorwürfe gemacht, hätte ja auch sein können." Filmzitat
Die Ehe hätte zerbrechen können: Aber die Verbundenheit und die Liebe waren stärker. Jetzt müssen sie sich mit dem Alter auseinandersetzen. Eva und Dieter gehen auch mit diesem letzten, nicht einfachen Lebensabschnitt sehr offen und ehrlich um.
"Wenn es dann wirklich so weit ist, dass einer von uns dringend auf den Rollator oder den Rollstuhl angewiesen ist, können wir nicht erst dann anfangen. Das überfordert uns dann." Filmzitat
"Im Alter passieren noch einmal viele Dinge, auf die man sich neu einstellen muss, die extrem schwierig sind, wenn einer plötzlich abhängig vom anderen wird", sagt Lenz. "Ich habe beobachtet, dass die beiden einfach Menschen sind, die die Dinge angenommen haben, die versucht haben, nicht zu hadern, sondern sich auf so eine Situation einzustellen und sich auch gegenseitig darin zu unterstützen und immer wieder versuchen, das Positive zu sehen."
"Für immer": Behutsame, respektvolle Dokumentation
Evas Kräfte schwinden. Gemeinsam nehmen sie Abschied von einem langen Leben zu zweit. Und doch: immer wieder Humor. Pia Lenz zeigt in ihrem Film intimste Momente. Behutsam und respektvoll beobachtet ihre Kamera jeden Blick, jede Geste - und ist dennoch nie voyeuristisch. "Es ist vielleicht nicht immer alles eindeutig, und es ist auch nicht immer alles nur positiv und nur einfach, aber dass zwei Menschen das trotzdem hinbekommen in dieser Ambivalenz, in der Vielschichtigkeit, die dazugehört, war für mich ein sehr positiver und auch tröstlicher Gedanke", erklärt Lenz. "Für immer" begleitet zwei Menschen, die es geschafft haben, ihr Leben zu teilen - trotz mancher Krise. Ein Film, der glücklich macht bei aller Traurigkeit des Abschieds.