"Jeanne du Barry": Johnny Depps müdes Leinwand-Comeback
Man muss von Regisseurin und Hauptdarstellerin Maïwenn, die sich öffentlich gegen die #MeToo-Bewegung ausgesprochen hat, kein feministisches Drama erwarten. Aber als reine Romanze führt ein Film über Jeanne du Barry irgendwann ins Leere.
Sie hat - das muss man Regisseurin und Hauptdarstellerin Maïwenn lassen - ein Auge für große, gemäldeartige Bilder. Da sitzen vor einem Leinwand füllenden Wandteppich in einem französischen Chateau des 18. Jahrhunderts winzig klein auf der Sofa-Bank der adelige Besitzer und die Tochter seiner Köchin.
In der absolutistischen Gesellschaft ist vor allem das Mädchen ein Niemand. Etwas Bildung verdankt Jeanne der Gunst des Schlossherrn. Die kann sie später nutzen, um anderen Nobelmännern zu gefallen. Ansonsten sind ihre Möglichkeiten begrenzt.
"Meine Mutter ist Köchin. Ich kann ein Leben wie sie führen oder widme mich der Galanterie. Ich bevorzuge die Kunst der Verführung." Filmszene
Sie wird also eine Art Edel-Prostituierte, begehrt in adeligen Kreisen.
Jeanne du Barrys Schicksal als Emanzipationsgeschichte
Dass Jeanne bald mit Jean du Barry zusammenlebt und sich mütterlich um dessen Sohn kümmert, heißt nicht, dass sie nicht herumgereicht wird. Der Mann, der sie pro forma auch heiratet, hat sogar außerordentlich ambitionierte Pläne mit ihr.
"Jean du Barry will Sie dem König vorstellen."
"Ja, ich weiß, er spricht Tag und Nacht davon."
"Jeanne, was für ein Leben wünschen Sie sich?"
"Ein Leben mit Zeit für die schönen Dinge: Schreiben, Lesen, Essen, Trinken."
Filmszene
Soll man das also eine "Chance" nennen - Mätresse des Königs von Frankreich zu werden? Der Film erzählt es jedenfalls als Emanzipationsgeschichte. Jeanne, gespielt von Maïwenn, lässt sich gerne für das prall gefüllte Geldsäckchen, das dem Gatten zugesteckt wird, ins Schloss bringen.
"Ist er schwer, ihn zufrieden zu stellen?"
"Nein, er ist heißblütig. Sie werden also keine Kunstgriffe brauchen, um seine Sinne zu wecken. Nur eines haben Sie sich zu merken, Madame: Sie dürfen seiner Majestät nie den Rücken zuwenden."
Filmszene
Im königlichen Schlafgemach angekommen, vergisst Jeanne dann sofort alle Regeln - und erobert gerade durch ihre Natürlichkeit das Herz Ludwigs des XV. Johnny Depp sieht in der Rolle ziemlich verlebt und müde aus, spricht nur wenig.
Erniedrigung als einzige Chance zum Aufstieg
Geht es in diesem Film also um eine große Liebe? Seelenverwandtschaft gar? Oder um Frauen, die der Macht der Männer ausgeliefert sind und wie Nachtisch serviert werden? Letzteres klingt zwar an, aber vor allem will die Regisseurin eine schöne Romantik-Komödie servieren - mit sich selbst als fröhlicher Rebellin am Hof. Das wirkt unpassend, weil an Jeanne du Barrys Situation ja wenig "romantisch" ist: Erniedrigung als einzige Chance zum Aufstieg; Höflinge, die ihr mit offener Verachtung begegnen; und die völlige Abhängigkeit von der Gunst des Königs.
Man muss von Maïwenn, die sich in Frankreich öffentlich gegen die #MeToo-Bewegung ausgesprochen hat, kein feministisches Drama erwarten. Aber als reine Romanze führt ein Film über Jeanne du Barry irgendwann ins Leere. Dem König von Frankreich länger gefallen zu haben, als andere Mätressen, ist noch keine historische Leistung, die man zwingend im Kino bestaunen müsste. Die tragische Seite der Geschichte aber kommt zu kurz. Und Johnny Depp hat - trotz Spiegelsaal-Ambiente - keine Gelegenheit zu glänzen.
Jeanne du Barry
- Genre:
- Historiendrama | Komödie
- Produktionsjahr:
- 2023
- Produktionsland:
- Frankreich
- Zusatzinfo:
- Mit Maïwenn, Johnny Depp, Benjamin Lavernhe u.a.
- Regie:
- Maïwenn
- Länge:
- 116 Minuten
- FSK:
- ab 12 Jahre
- Kinostart:
- 24. August 2023