Pauline Pollmann und Co.: Norddeutsche beim Filmfest Cannes
Halbzeit beim Filmfest Cannes: Dort lief bereits der norddeutsch geförderte, türkische Film "About Dry Grasses" im Wettbewerb und hat Chancen auf eine Palme. Ein Blick aus norddeutscher Perspektive aufs Festival.
21 Filme konkurrieren dieses Jahr um die Goldene Palme des Filmfest in Cannes, eine Produktion wurde von der Moin Filmförderung mitgefördert: "About Dry Grasses" vom Regisseur Nuri Bilge Ceylan. "Für den norddeutschen Film läuft es sehr gut in Cannes, wir haben zwei Filme, die wir aus Norddeutschland heraus gefördert haben. Einen im Wettbewerb, einen in einer renommierten Nebenreihe, der 'Quinzaine de Realisateurs'. Wir freuen uns über beide Filme sehr, die sind toll," erzählt Helge Albers, Geschäftsführer der Moin Filmförderung Hamburg Schleswig-Holstein am Sonntag in Cannes.
"About Dry Grasses": Sinnliches Kino im Wettbewerb, gefördert in Hamburg
Filmemacher Ceylan hat mit "Drei Affen" 2008 bereits einmal die Goldene Palme erhalten. "Der macht immer wahnsinnig gute Filme", so Albers. "Sein Film 'About Dry Grasses' folgt einem jungen Lehrer, der in Schwierigkeiten gerät, weil er sich mit einer Schülerin in ein Verhältnis begibt, was schwierig ist. Das klingt dramatischer, als es ist. Er erzählt über eine lange Zeit und ist im Kern das Bild der Türkei jetzt."
Der Film habe "viele politische, zeitaktuelle Untertöne" und sei "sinnliches Kino", so Albers. Der Film gilt nun in Fachkreisen, gemeinsam mit Jonathan Glazers Drama "The Zone of Interest" mit Sandra Hüller, als einer der Favoriten für die Goldene Palme.
Pauline Pollmann aus Hamburg in "Jeanne du Barry"
Gleich zu Anfang des Festivals spielte die Hamburger Schülerin und Nachwuchsstar Pauline Pollmann im Eröffnungsfilm "Jeanne du Barry" die französische Königin Marie Antoinette an der Seite Johnny Depps. Sie blieb noch bis Freitag beim Festival, bevor es nun weiter geht in die Endphase des Abiturs.
Die in Berlin lebende Regisseurin Esther Niemeier hat in Cannes von ihrem neuen Film erzählt, der noch in der der Produktionsphase ist: "Amalies Schatten", ein dokumentarischer Film mit Animationsanteilen. "Er basiert auf den Briefen meiner Urgroßmutter aus Schleswig, die sie in den 30er-Jahren aus der Psychiatrie geschrieben hat." Sie sei in dieser gelandet, weil sie sich habe scheiden lassen. "Dann wurde sie während der Nazizeit im Zuge der Euthanasieaktion vergast. Das ist eine Konversation zwischen meiner Generation und ihrer Generation über das, was dazu geführt hat und dem, was dazwischen passiert ist", so Niemeier. Der Film hat Moin-Förderung erhalten und wird von der Hamburger Firma Tamtam Film produziert.
Malika Rabahalla, Filmfest Hamburg Chefin ab 2023: "Das Kino lebt!"
Malika Rabahalla ist die designierte Leiterin des Filmfests Hamburg ab 2024. In Cannes bestätigt sie: "Das Kino lebt. Ich freue mich sehr auf Filmfest Hamburg, zuerst 2023 gemeinsam mit Albert Wiederspiel, danach bin ich dran". Die Französin hofft, dass einige Beiträge aus Cannes beim Hamburger Festival landen: "Frankreich ist für mich sehr wichtig, auch Arte, Cinema du Monde. Meine Freunde, die in Frankreich arbeiten, haben mir versichert: 'Wir werden deine Unterstützung sein, wir haben dich im Kopf.' Das ist total schön". Sie hoffe, dass Nuri Bilge Ceylan mit "About Dry Grasses" zum Filmfest Hamburg komme.
Wim Wenders: Freitag läuft Drama "Perfect Days" im Wettbewerb
Der langjährige Professor der Hochschule für Bildende Künste, Regisseur und Autor, Wim Wenders, hat zwei Filme im Cannes-Programm: "Anselm" über Anselm Kiefer, eine Dokumentation - und den Spielfilm "Perfect Days" im Wettbewerb. Der Hamburger Produzent Fabian Gasmia, gerade ausgezeichnet beim Deutschen Filmpreis für das Drama "Sonne und Beton" von David Wnendt, ist sehr angetan von Wenders' Dokumentarfilm: "Ich bin von 'Anselm' schwer beeindruckt".
Gasmia ist nach Cannes auch in seiner neuen Funktion als Präsident der Deutsch-Französischen Filmakademie angereist: "Ich bin sehr froh zu sehen, wie sehr diese beiden Länder zusammenwachsen, wie sie wirklich zu Freunden geworden sind. Das sieht man auch den vielen Koproduktionen zwischen den beiden Ländern. Es erfüllt mich mit sehr viel Freude: Die deutsch-französische Freundschaft halte ich immer noch für die größte Unwahrscheinlichkeit des letzten Jahrhunderts."
"King's Land": Kommt Mads Mikkelsen für Premiere nach Hamburg?
2022 hat Produzent Gasmia übrigen mit Mads Mikkelsen den Historienfilm "King's Land" gedreht - unter anderem mit Unterstützung der Filmförderung Moin. "Wir sind gerade in den letzten Zügen der Nachbearbeitung. Was ich jetzt schon sagen kann ist, dass er ein großer, bewegender und spannender Film wird. Meine Hoffnung ist, dass ich ihn in meiner Heimatstadt Hamburg dem Hamburger Publikum als Deutschlandpremiere zeigen kann und er danach ins deutsche Kino kommen wird."
Wer damals den erfolgreichen und prämierten Historienfilm "Die Königin und der Leibarzt" gemocht habe, wo Mikkelsen einen Leibarzt und Alicia Vikander eine Königin gespielt hatte, würde sich von diesem Film gut abgeholt fühlen. Es handele sich um dasselbe Filmteam, wie bei "King's Land", so Gasmia.