Ein Mann mit gelbem Hemd und eine Frau mit roter Bluse sitzen an einem Abendbrottisch - Szene aus "Fallende Blätter" (Fallen Leaves) von Aki Kaurismäki © Sputnik Oy / Pandora Film, Foto: Malla Hukkanen Foto: Malla Hukkanen

Aki Kaurismäkis "Fallende Blätter": Zwischen Kult und Alltagspoesie

Stand: 11.09.2023 06:00 Uhr

Die Filme des finnischen Regisseurs Aki Kaurismäki haben ihren ganz eigenen, unverwechselbaren Stil: tragisch-komisch, lakonisch und irgendwie, als wären sie aus der Zeit gefallen. "Fallende Blätter" macht da keine Ausnahme.

von Bettina Peulecke

Seit über 40 Jahren macht Aki Kaurismäki Filme, und eigentlich sollte "Die andere Seite der Hoffnung" 2017 sein letzter sein. Offenbar scheint den Regisseur das Rentnerdasein aber zu langweilen. Und das ist ein Glück für sein Publikum, dem er mit "Fallende Blätter" einmal mehr ein wunderbares Geschenk macht.

Es sind fast immer sozial-reale Melodramen, die Kaurismäki inszeniert. Er porträtiert die ewigen Loser: Verzweifelte, Arbeitslose, grottenschlechte Musiker und Kriminelle. Seine Haus-Band "Leningrad Cowboys", 13 Männer in schwarzen Anzügen, mit ihren charakteristischen "Einhorn"-Haartollen und den sehr langen, sehr spitzen Schuhen, der er auch einen gleichnamigen Film gewidmet hat, spielt schrägen Punk, und finnischer Tango gehört bei ihm auch meist dazu.

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Zwei einsame Seelen

Nach einem Karaoke-Auftritt sitzen zwei Männer in einer dieser scheinbar schon zigmal bei Kaurismäki gesehenen, heruntergekommenen Bars, und geben einsilbige Sätze von sich. Hollapa ist Alkoholiker, weshalb er schon verschiedene Jobs verloren hat. Eine einsame Seele, die - auch das kommt einem bekannt vor - an diesem tristen Ort auf eine andere einsame Seele trifft - eine Frau namens Ansa. Bis die beiden zusammenfinden, müssen jedoch einige Hürden überwunden werden.

Ansa arbeitet in einem Supermarkt in Helsinki. Sie leert die Regale, fegt den Boden und steckt sich ab und an ein abgelaufenes Sandwich in die Handtasche, das sowieso weggeworfen würde. Dafür wird sie gefeuert. Zuhause hört sie Nachrichten über den Ukraine-Krieg aus ihrem Küchentransistorradio. Schließlich fasst Hollapa sich ein Herz und fragt Ansa, ob sie mit ihm ins Kino geht. Sie schauen Jim Jarmuschs Zombie-Komödie "The Dead Don't Die".

Eine Beziehung ohne Zukunft

Nach dem Kinobesuch gibt Ansa Hollapa sogar ihre Telefonnummer, die der allerdings gleich wieder verliert. Und so vergeht eine Zeit, bis die beiden sich wiedertreffen. Dann geht Ansa sogar einen Schritt weiter und lädt Hollapa zu sich nach Hause ein:

"Hübsche Wohnung. Allerdings ist das Bett ziemlich schmal."
"Du bist ganz schön frech. Für eine Person reicht es. Ich hab' die Wohnung von meiner Tante geerbt und sie selbst gestrichen."
"Du bist also eine Erbin." Dialog aus dem Film

Eine Erbin, deren Vater und Bruder sich tot gesoffen haben und die dementsprechend keinerlei Toleranz für Hollapas Alkoholismus zeigt. Die Beziehung scheint keine Zukunft zu haben und Ansas Freundin stellt Grundsätzliches klar:

"Du sagst ja gar nichts. Ist es etwa wegen dieses Kerls?"
"Erst hält er meine Wohnung für eine Kneipe. Und dann ruft er nicht mal an, um sich zu entschuldigen. Ich hab' einfach gedacht, er wäre anders."
"In welcher Hinsicht?"
"Irgendwie anders."
"Die wurden alle aus der gleichen Form gegossen. Leider hatte die einen Sprung."
"Das hast du gut gesagt." Dialog aus dem Film

Ein klassischer Kaurismäki-Dialog: kein Wort zuviel und immer mit einer treffsicheren Pointe. "Fallende Blätter" ist ein weiteres, unverkennbares Teil in dem Œuvre des finnischen Autorenfilmers, der wie kein Zweiter zwischen Kult und Alltagspoesie wandelt.

Fallende Blätter

Genre:
Drama
Produktionsjahr:
2023
Produktionsland:
Finnland
Zusatzinfo:
Mit Alma Pöysti, Jussi Vatanen, Janne Hyytiäinen u. a.
Regie:
Aki Kaurismäki
Länge:
81 Minuten
FSK:
ab 12 Jahren
Kinostart:
ab 14. September 2023

Dieses Thema im Programm:

NDR Info | Kultur | 11.09.2023 | 07:55 Uhr

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