İlker Çatak zur Oscar-Nominierung seines Films "Das Lehrerzimmer"
Der Film "Das Lehrerzimmer", der überwiegend in Hamburg gedreht wurde, ist als bester internationaler Film für die Oscars 2024 nominiert worden. NDR Kultur hat Regisseur İlker Çatak in Paris erreicht.
Herzlichen Glückwunsch zur Oscar-Nominierung, lieber İlker Çatak.
İlker Çatak: Vielen Dank.
Was ist Ihnen durch den Kopf gegangen, seit Sie das wissen?
Çatak: Ich bin ehrlich gesagt ein bisschen überwältigt. Mein Telefon hört nicht auf zu vibrieren. Ich habe es noch gar nicht geschafft, meine Familie anzurufen. Ich bin gerade in Paris bei meinem französischen Verleiher, weil wir die Promo für den hiesigen Release machen. Es ist ein bisschen überwältigend, überfordernd, aber gleichzeitig irre schön.
Jeder, der sagen würde, das sei ihm nicht wichtig, der lügt. Andererseits kann man sich doch nicht total verrückt machen. Wie gehen Sie mit so einer Situation um?
Çatak: Man kann sich nicht verrückt machen lassen. Es wäre natürlich völlig anmaßend zu denken, dass man einen Film - von 2.000 Filmen, die pro Jahr produziert werden - macht und dann hofft, unter diese letzten fünf zu kommen. Aber dieser Film hat es geschafft. Ich glaube, er hat es geschafft, weil wir als Team wirklich eine Familie waren. Das ganze Projekt stand unter so einem guten Stern. Ich kann es mir nicht erklären, aber irgendetwas haben wir richtig gemacht. Ich bin einfach happy.
Der Film zeigt den Mikrokosmos Schule. Sie haben sich da intensiv mit Lehrerinnen und Lehrern eingearbeitet.
Çatak: Auf jeden Fall. Das Thema Bildung ist auch ein sensibles Thema. Uns war von Anfang an klar, dass man das ordentlich recherchieren muss. Deswegen haben wir mit vielen Menschen aus dem Lehrbetrieb gesprochen, haben auch Zeit in verschiedenen Schulen verbracht und uns mit den Menschen, die diesen Job Tag für Tag machen, auseinandergesetzt. Mir ist dabei noch mal aufgegangen, was für eine irre Leistung Lehrerinnen und Lehrer heutzutage erbringen und wie sehr wir diese Leistung oftmals übersehen. Ich zumindest hatte keinen Plan davon, was die alles leisten müssen. Ich hoffe, dass diese Nominierung für den Oscar ein bisschen mehr dazu beiträgt, dass wir die Arbeit von Lehrerinnen und Lehrern besser wertschätzen.
Wie sind die Reaktionen aus den USA oder auch aus Frankreich: Was sagen die Leute über die Schule, die Sie da geschildert haben, im Unterschied zu ihren Schulen?
Çatak: Das Tolle ist ja, dass dieser Film es geschafft hat, ein Publikum über die nationalen Grenzen Deutschlands zu finden und die Leute abholt. Ich glaube, Schule ist - auch wenn es natürlich territoriale Unterschiede gibt - mehr oder weniger das Gleiche. In unserem Film geht es ja in erster Linie um Menschen, und ich glaube, das sieht das Publikum. Deswegen kriegen wir sehr positives Feedback in Europa, aber auch in den USA. Einen Unterschied, den ich in den USA aber festgestellt habe: Die haben auch dieses Thema mit Waffen, und deswegen reagieren die auch viel physischer auf diesen Film und sagen: "Ah" und "Oh". Das war eine interessante Beobachtung, die wir dort machen durften.
Wissen Sie schon, was die nächsten Schritte sind? Wann fliegen Sie das erste Mal nach L.A.? Wie geht es weiter?
Çatak: Ich bin in den letzten Monaten ein paar Mal nach L.A. geflogen, und ich werde auf jeden Fall Anfang März noch mal zu der Verleihung hinfliegen - wohlwissend aber, dass unsere Chancen nicht so groß sind. Es gibt andere Filme, die auf jeden Fall "Front-Runner" sind. Ich gehe da einfach hin, schaue mir diese Show an und freue mich jetzt einfach erst mal. Und vielleicht trinke ich gleich noch ein zweites Glas.
Das Gespräch führte Mischa Kreiskott.