66. Nordische Filmtage: Start mit Animationsfilm aus Lettland
Die 66. Nordischen Filmtage sind am Mittwoch mit den Animationsfilm "Flow" gestartet und gehen bis zum 10. November. Geehrt wird in diesem Jahr die finnische Schauspielerin Kati Outinen - bekannt aus Filmen des Kult-Regisseurs Aki Kaurismäki.
Über 169 Lang- und Kurzfilme, Dokumentationen und Serien sind dieses Jahr im Programm. Bei den Spielfilmen steht das Thema Familie im Mittelpunkt. Dazu gehören gleich zwei Filme mit der preisgekrönten norwegischen Schauspielerin Renate Reinsve ("Der schlimmste Mensch der Welt"): das Drama "Armand" um eine allein erziehende Mutter von Halfdan Ullmann Tøndel (übrigens ein Enkel von Liv Ullmann und Ingmar Bergman) und das Mystery-Drama mit einem Touch Zombiefilm, "Handling the Undead", von Thea Hvistendahl.
Mika Kaurismäki präsentiert neuen Film über den "Grump" an der Trave
Darin wird erzählt, was passiert, wenn geliebte Menschen wieder vom Grab auferstehen. Im isländischen Drama "When the day breaks" geht es auch um Trauer der Hinterbliebenen nach einem Unfall, im Drama "Toxic" von Regisseurin Saulė Bliuvaitė erfährt eine 13-Jährige Mobbing wegen ihrer Gehbehinderung und träumt davon, ein Model zu werden.
Der Finne Mika Kaurismäki (Bruder von Aki Kaurismäki) präsentiert in Lübeck sein neues Porträt eines Griesgrams, den alle nur Grump nennen, in "Long Good Thursday". Der in Kopenhagen lebende Texaner Joshua Oppenheimer bietet ein ungewöhnliches post-apokalyptisches Musical mit "The End", in dem Tilda Swinton, Michael Shannon und George MacKay die Hauptrollen spielen.
"Flow": Animationsfilm ohne Dialoge hat Festival eröffnet
Mehr als die Hälfte der Filme kann - wie in den Vorjahren - auch online im Streaming und damit deutschlandweit genutzt werden, wie die Veranstalter mitteilten. Am Mittwoch eröffnete ein Animationsfilm die "Nordischen", wie Stammgäste des Festivals die Internationalen Filmtage liebevoll nennen.
In "Flow" des lettischen Regisseurs Gints Zilbalodis geht es um eine Katze und wenige andere Tiere - wie einen Lemur, einen Vogel und einen Hund, die nach einer Sintflut als einzige Wesen in einem Boot überlebt haben. Nun müssen die ungleichen Abenteurer gemeinsam lernen, mit den neuen Lebensumständen umzugehen. Bei seiner Weltpremiere im Rahmen der Filmfestspiele in Cannes wurde die preisgekrönte Koproduktion aus Lettland, Frankreich und Belgien von der Kritik hochgelobt - und feierte in Lübeck nun Deutschlandpremiere.
Zilbalodis und sein Drehbuchautor Matīss Kaža stellten den Film an der Trave persönlich vor. "Das fühlt sich großartig an, vor fünf Jahren war ich schon einmal hier - und jetzt eröffnet mein Film sogar das Festival. Das ist sehr speziell", sagte Zilbalodis dem NDR.
Er habe bewusst auf Dialoge verzichtet, erklärte der Lette, der "Flow" nicht nur als Film für die Familie, sondern bewusst auch für Erwachsene begreift. In den meisten Animationsfilmen agierten und sprächen Tiere wie Menschen, genau das habe er eben nicht zeigen wollen. Das beeindruckte auch den künstlerischen Leiter der Filmtage, Thomas Hailer: "Zilbalodis lässt seinen tierischen Protagonisten ihre Eigenarten, ohne sie zu vermenschlichen. Ohne Worte kommunizieren sie auf ihrer Arche Noah und sind in entscheidenden Momenten füreinander da."
Es gebe auch keine einfache Botschaft oder einen einzigen Lösungsansatz, so Zilbalodis. Im Gegenteil: Am besten schaue man sich den Film öfter an und entdecke so immer neue Interpretationsmöglichkeiten.
Hommage für finnische Schauspielerin Kati Outinen
Die Filmtage würdigen außerdem die lange Filmkarriere der 63-jährigen finnischen Schauspielerin und Schauspielprofessorin Kati Outinen, die sich das Programm ihrer Hommage selbst zusammengestellt hat: Das Publikum wird also unvergessliche Filme von Regisseur Aki Kaurismäki sehen können wie etwa "Schatten im Paradies" von 1986, "Das Mädchen aus der Streichholzfabrik" von 1990 sowie "Der Mann ohne Vergangenheit" von 2002. Für ihre Rolle als Mitarbeiterin in der Heilsarmee im letzteren wurde Outinen in Cannes mit der Goldenen Palme als beste Schauspielerin ausgezeichnet.
Auch für Kinder und Jugendliche wird einiges geboten, freut sich Hanna Reifgerst, Kuratorin des Kinder- und Jugendprogramms. "Wir werden einen Mitmach-Film in der Section Young Audience "The Magic Wardrobe" dabeihaben, da sind auch alle ab vier Jahren eingeladen und wir haben auch in der Kooperation mit dem Filmforum noch ein Angebot "Weihnachten der Tiere", das läuft im Schulkino, was auch für einen ersteKinobesuch wahnsinnig gut geeignet ist."
Dokumentarfilm über "Milliarden Mike" feiert Weltpremiere
Ein Film über einen berühmten gebürtigen Lübecker wird am Ende der Woche Weltpremiere feiern: "Milliarden Mike". In der Dokumentation begleiten die Filmemacher Ina Kessebohm und Christopher Kaufmann den selbsternannten "König der Betrüger" namens Mike Wappler nach nehr als 20 Jahren im Gefängnis in seinem ersten Jahr in Freiheit und bei seinen Versuchen, die Marke "Milliarden Mike" zu promoten und neue Coups anzubahnen. Zuvor hatte Wappler mit Luftgeschäften und Betrug Karriere im Hamburger Rotlichtmilieu gemacht.
Im Rahmen der Filmtage werden zwölf Jury- und Publikumspreise vergeben, die mit insgesamt 65.000 Euro dotiert sind, darunter auch der NDR Spielfilmpreis.