Der Baader Meinhof Komplex als Film

Bernd Eichinger © 2008 Constantin Film Verleih GmbH
Schwierige Aufgabe: Produzent Bernd Eichinger musste zehn Jahre Geschichte in 150 Minuten darstellen.

"Wie gieße ich zehn Jahre Zeitgeschichte in eine im Kino erlebbare Form?" Diese Frage stellte sich Produzent und Drehbuchautor Bernd Eichinger, als er beschloss Stefan Austs 1985 erschienenes Sachbuch "Der Baader Meinhof Komplex" über die "Rote Armee Fraktion" (RAF) zu verfilmen. Eichinger orientierte sich am nüchternern Protokollstil des Buches, das als Standardwerk über die RAF-Geschichte gilt. Der ehemalige Spiegel-Chefredakteur Aust stand als Berater zur Seite. Eichinger selbst bezeichnet die Form des Films als "Fetzendramaturgie". Der Zuschauer wird mit einer Vielzahl von Puzzleteilen konfrontiert, die er selbst zusammensetzen muss. Der zeitliche Rahmen des 150 Minuten langen Streifens umfasst die Ereignisse zwischen Sommer 1967 und Oktober 1977.

Hohes Maß an Authentizität

Entführung von Hanns Martin Schleyer: Vorne Peter-Jürgen Book (Vinzenz Kiefer), auf dem Auto Willy Peter Stoll (Hannes Wegener) © 2008 Constantin Film Verleih GmbH
Authentisch nachgestellt: Die Entführung von Hanns Martin Schleyer im Film.

Regisseur des Films ist Uli Edel, der mit Eichinger bereits für "Christiane F. - Wir Kinder vom Bahnhof Zoo" und "Letzte Ausfahrt Brooklyn" zusammenarbeitete. Oberste Maßgabe für die Arbeit an dem Film war für Edel Authentizität. Er drehte an Originalschauplätzen wie etwa dem Audimax der Technischen Universität Berlin und auf dem Gelände der Justizvollzugsanstalt Stuttgart-Stammheim. Dort waren die RAF-Mitglieder Ulrike Meinhof, Andreas Baader, Gudrun Ensslin und Jan-Carl Raspe inhaftiert und begangen später Selbstmord. Detailgetreu ist auch die Ausstattung der Filmsets, die vielfach nach Vorlage von Originalfotos und Dokumentarmaterial gestaltet wurden. Die Dialoge entsprechen - sofern möglich - überlieferten Texten und Gesprächsinhalten.

Auch bei der Auswahl der Schauspieler legte das Team Wert auf eine möglichst große Ähnlichkeit zu den RAF-Mitgliedern. Auf der Besetzungsliste stehen die Namen fast aller bedeutenden deutschen Schauspieler - von Moritz Bleibtreu, Martina Gedeck, Bruno Ganz bis hin zu Alexandra Maria Lara, Tom Schilling und Anna Thalbach. Der Authentizität sind auch einige brutale Szenen geschuldet. Uli Edel beruft sich bei der Inszenierung auf den Polizeibericht. Bei der Ermordung von Generalbundesanwalt Siegfried Buback gaben die Täter beispielsweise 15 Schüsse ab - diese Anzahl findet sich im Film wieder.

Zehn Jahre deutsche Geschichte

Die Filmhandlung setzt im Juni 1967 in Berlin ein: Bei der gewaltsamen Auflösung einer Demonstration gegen den Besuch des Schahs von Persien wird der Student Benno Ohnesorg (Martin Glade) von einem Polizisten erschossen. Die Berliner Studentenbewegung, deren Wortführer Rudi Dutschke (Sebastian Blomberg) ist, radikalisiert sich. Die Journalistin Ulrike Meinhof (Martina Gedeck) schließt sich den gewalttätigen Protesten an. Sie lernt in dieser Zeit Gudrun Ensslin (Johanna Wokalek) und Andreas Baader (Moritz Bleibtreu) kennen und gründet mit ihnen die RAF. Das erklärte Ziel ist der bewaffnete Kampf gegen die Bundesrepublik, deren Repräsentanten die Gruppe als "neues Gesicht des Faschismus" ansieht. Nach dem Besuch eines militärischen Trainingscamps in Jordanien verübt die inzwischen gewachsene Gruppe eine Reihe von Anschlägen und überfällt Banken.

Eskalation im "Deutschen Herbst" 1977

Andreas Baader (Moritz Bleibtreu) in Stammheim © 2008 Constantin Film Verleih GmbH
Nach seiner Festnahme sitzt Andreas Baader (Moritz Bleibtreu) im Gefängnis Stammheim ein.

Die meisten Mitglieder der "ersten Generation" werden nach einer intensiven Fahndung im Sommer 1972 festgenommen. Die Inhaftierung sorgt jedoch für eine Sogwirkung: Die Zahl der Sympathisanten nimmt zu und eine neue RAF-Generation übernimmt das Ruder. Sie versucht, die in Stuttgart-Stammheim Inhaftierten freizupressen. Dort beginnt im Mai 1975 der Prozess gegen Baader, Meinhof, Ensslin und Jan-Carl Raspe (Niels Bruno Schmidt). Ulrike Meinhof erhängt sich im Mai 1976 in ihrer Zelle, die RAF macht den Staat für ihren Tod verantwortlich und die Gewalt eskaliert: Generalbundesanwalt Siegfried Buback (Alexander Held) und seine Begleiter werden ermordet, der Bankier Jürgen Ponto (Hubert Mulzer) wird bei einem Entführungsversuch erschossen und Arbeitgebervertreter Hanns Martin Schleyer (Bernd Stegemann) entführt.

Im Oktober 1977 spitzen sich die Ereignisse weiter zu: Vier Palästinenser entführen die Lufthansa-Maschine "Landshut", um die RAF-Häftlinge freizupressen. Die Antiterroreinheit GSG 9 der deutschen Bundespolizei stürmt die Maschine. Am Morgen des 18. Oktober werden Baader, Ensslin und Raspe tot in ihren Zellen aufgefunden. Einen Tag später wird die Leiche von Hanns Martin Schleyer in einem Auto im Elsass entdeckt.

Ruth (Sandra Borgmann) während der Schleyer-Entführung © 2008 Constantin Film Verleih GmbH

"Der Baader Meinhof Komplex" - Filmszenen

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