Zeitreise: 100 Jahre Kino in der Kleinstadt Warin
Der alte Kinosaal in Warin atmet noch das Flair der 70er-Jahre. Heute sorgen Ehrenamtler dafür, dass einmal im Monat Filme über die Leinwand flimmern. Nun feierte das Kino 100-jähriges Bestehen.
Am 4. März 1924 inserierte Johann Paul Haack in der Wariner Zeitung: "Einem geehrten Publikum von Warin und Umgegend zur gefälligen Kenntnisnahme, dass ich in meinem Saal ein Lichtspieltheater eröffnet habe. Die Eröffnungsvorstellung findet am Montagabend 8 Uhr statt. Der Saal ist gut geheizt." Genau 100 Jahre ist es her, dass der Saal als Kino in Betrieb genommen wurde.
Gezeigt wurde damals ein Stummfilm mit Henny Porten und Ernst Deutsch in den Hauptrollen. Diese Anfänge waren in Warin kaum noch bekannt. Auf die Geschichte des Hauses ist Regionalhistoriker Tom Clauß durch Zufall gestoßen: "Es war ja vorher schon ein Hotel, unten gibt es ja noch einen Saal und der war auch schon vorhanden. Da hat sich der gute Mann gedacht, ich muss hier irgendwie Saisonverlängerung machen - also nicht mehr nur Sommerfrische."
Wariner Kino: Blockbuster einmal im Monat
Paul Haack betrieb in den 20er-Jahren das Rubien's Hotel. Er war kein gebürtiger Wariner, sondern zugereist, das hat Tom Clauß recherchiert. Sonst geben die gängigen Datenbanken nicht viel über den Hotelier her. Aber das Geschäft, das er sich aufgebaut hatte, lief gut. Die Kino-Kultur traf voll den Nerv der Zeit, so Tom Clauß: "Man muss dazu sagen, 1924 war das erste Jahr, nach der großen Krise mit der Hyperinflation, in dem es wieder aufwärts ging. Es war zwar damals nur Stummfilm, aber wenn dann ein Klavierspieler dabei war, dann ist die Sache rund gewesen."
Ein Klavier steht zwar noch in einer Bühnenecke des urig wirkenden Saals im Wariner Kino, gebraucht wird es allerdings nicht mehr. Heute gibt es hier moderne Blockbuster, darunter Kassenschlager des vergangenen Jahres: "Oppenheimer" oder "Barbie". Im dunkel getäfelten Vorraum mit dem Kassenfenster läuft sich ein Popcornautomat warm.
"Effektiv wirtschaftlich kann man das nicht betreiben"
Jeden ersten Freitag im Monat wird die Maschine angeschmissen, für eine Kinderveranstaltung und einen Abendfilm. Verkauf, Einlass, Reinigung: Das alles leisten zehn ehrenamtliche Mitarbeiter. Gregor-Johannes Winkler gehört zu der Kino-Fördergruppe: "Das Kino ist für jeden, der in Warin groß geworden ist, einfach aus Kindheitserinnerungen immer da gewesen. Effektiv wirtschaftlich kann man das nicht betreiben. Wir haben jetzt das Glück, dass wir über den Filmclub Güstrow einfach die Filme beziehen, und anteilig an den Kinoeinnahmen die Gebühren dafür bezahlen. So können wir das hier ganz legal betreiben."
Vierteljährlich wird die Programmvorschau erarbeitet. Gewerbliche Kinos geben auch schon mal viel Geld für Lizenzen aus. Kommen dann zu wenig Besucher, wird es finanziell eng. Diese Gefahr besteht in Warin nicht. Auch weil der monatliche Kinotag in der Region auf großes Interesse stößt. Die gut 100 Plätze waren jetzt am Freitagnachmittag und Abend fast ausgebucht.
Saal und Projektorraum wirken wie ein Museum
Sicher hat das Haus schon bessere Tage gesehen, aber da wird sich noch einiges tun, sagt Gregor-Johannes Winkler: "Das Positive ist, dass die Stadt unterstützt. Sie ist auch Träger des Kinos. Ich weiß, dass mittlerweile Geld für das Gebäude eingestellt ist. Zusätzlich haben wir uns auch für die Filmförderung "Film ab" beworben. Da geht es um Beamertechnik, Soundanlagen und eben die kleinen Teile, die zum Betrieb notwendig sind - und sei es nur mal eine Birne auszutauschen - die werden an dieser Stelle vom Land gefördert. Da hoffen wir natürlich auf einen positiven Bescheid."
Der Projektorraum hinter dem Saal wirkt ebenfalls wie ein Museum. Hier steht noch die alte Abspieltechnik aus den 60er-Jahren. Heute wird sie nicht mehr benötigt. Franz Kotte kümmert sich um den Erhalt. Der studierte Architekt hat schon zu Schulzeiten in Neustrelitz als Filmvorführer gearbeitet: "Es gab hier in den Kinos, von den Technikern, die das damals auch eingerichtet hatten, mit mir eine Führung, dass die Projektoren noch bespielbar sind. Es ist schwierig, an Filmmaterial zu kommen, man muss aus einzelnen Akten einen Film zusammensetzen. Aber das ist eben ein Handwerk, und macht auch Spaß." Zu besonderen Anlässen sollen die blechernen Projektoren aus Dresden dann doch noch mal angeworfen werden.