Eugene Boateng: Vom Profi-Tänzer zum Charakter-Darsteller
Eugene Boateng spielte neben Christian Ulmen in "Becks letzter Sommer" und begeisterte im Spielfilm "Borga". Für ihn ist es ein Meilenstein, dass er als Afrodeutscher einen Kommissar im "Flensburg-Krimi" spielt. Die zweite Ausgabe läuft am 22. Februar im Ersten. Bei DAS! spricht er über sportliche Namensvetter, seine Anfänge als Tänzer und Rassismus.
Er sollte Arzt werden oder Anwalt - das hätte seinem Vater gefallen. Stattdessen wird Eugene Kwaku Asante Boateng zunächst Profi-Tänzer, wirkt in verschiedenen Musikvideos mit, arbeitet mit Künstlern wie Kool Savas, MIA oder Jan Delay zusammen und tritt im Vorprogramm von Beyoncé auf. Später wird Boateng Schauspieler. Eine gute Wahl offenbar: Inzwischen ist er Kommissar beim "Flensburg-Krimi". Den ersten Film "Der Tote am Strand" gucken 2021 über sechs Millionen Zuschauer. Der zweite Flensburg-Krimi (Titel: "Wechselspiele") läuft am Donnerstag, 22. Februar, ab 20.15 Uhr im Ersten.
Kinofilm "Borga": Parallelen zur eigenen Familiengeschichte
Für seine Hauptrolle im Kinofilm "Borga" bekommt Boateng 2021 den Deutschen Schauspielpreis. Ein Film, der ihm besonders am Herzen liegt, denn er erzählt die Geschichte eines jungen Mannes aus Ghana, der in der Hoffnung auf ein besseres Leben nach Deutschland kommt. Eine Geschichte, die er aus der eigenen Familie kennt. Er selbst, Jahrgang 1985, ist mit sieben Geschwistern in Düsseldorf aufgewachsen, in der multi- und subkulturell geprägten Kiefernstraße, berüchtigt durch die dortige Hausbesetzerszene.
Der Name Boateng ist in Deutschland vielen vor allem durch die Fußballstars Jérôme Boateng und dessen Halbbruder Kevin-Prince Boateng bekannt, deren Vater aus Ghana stammt. DAS!-Moderatorin Ilka Petersen wollte von Eugene Boateng in der Sendung wissen: Ist der Nachname in Ghana weit verbreitet? "Nein, eigentlich nicht", so Boateng. "Die Jungs haben halt Fußball gespielt, dabei alles zerrissen und den Namen hier bekannt gemacht - vielen Dank dafür! Und jetzt komme ich mit der Schauspielerei und dann hat man irgendwie die Verknüpfung. Aber der Name Boateng ist in Ghana nicht so bekannt wie hier zum Beispiel Petersen." Getroffen hat der Schauspieler die beiden Fußballer nie - er hat jedoch schon einmal mit ihrer (Halb-)Schwester Avelina Boateng getanzt.
Rolle im "Flensburg-Krimi": "Das kannst du vielleicht auch machen"
Im "Flensburg-Krimi" spielt Boateng an der Seite von Ermittlerin Svenja Rasmussen (Katharina Schlothauer) den Kommissar Antoine Haller. "Haller bewegt sich immer gerne ein bisschen links und ein bisschen rechts des Weges, guckt, wo was klargeht", erzählt der Schauspieler. "Er versucht, seinen Job so gut wie möglich zu machen, aber die Regeln sind vielleicht auch dafür da, dass man sie mal brechen kann."
Für Boateng ist es ein Ritterschlag, einen Fernseh-Kommissar spielen zu können. Gleichzeitig sieht er die Besetzung der Rolle als Meilenstein für andere schwarze Menschen in Deutschland: "Wir haben es bis hierhin geschafft, sind in Deutschland Kommissar geworden. Wir schreiben Geschichte, können Türen öffnen und Leuten zeigen: Das geht, das kann man machen. Das kannst du vielleicht auch machen. Gib' Gas und vielleicht sehen wir uns dann auf der Arbeit."
"Ich möchte Frisuren tragen aus meiner Kultur"
Bevor es mit dem Flensburg-Krimi losgeht, wird Boateng gefragt, ob er sich für die Rolle seine Haare abschneiden würde - er lehnt ab. "In der westlichen Welt hat man uns ein Schönheitsideal beigebracht und gesagt, wie wir auszusehen haben", so Boateng. "Am schlimmsten haben es die schwarzen Frauen: Sie sollen entweder kurze Haare tragen oder glatte Haare." In der Phase seiner Identitätsfindung als Heranwachsender wurde ihm klar: "Ich möchte Frisuren tragen aus meiner Kultur und damit meine Kultur repräsentieren. Und ich hoffe, dass ich dadurch junge Menschen dazu inspirieren kann, sich auch zu trauen, mit ihren Haaren das zu machen, was in unserer Kultur gemacht wird."
Seine Eltern hätten ihn und seine Geschwister dazu gedrängt, sich in Deutschland anzupassen. "Haltet euch an die Regeln, zieht die Hose hoch, schneidet euch die Haare. Wir wollen nicht auffallen, keinen Ärger mit der Polizei und so weiter." Boateng sieht dies mittlerweile anders: "Wir lassen uns nicht diktieren, wie wir auszusehen haben, was wir zu tun haben und wie wir zu sprechen haben, sondern wir leben unsere Kultur. Hier."
Mit sieben Leuten in einer Zwei-Zimmer-Wohnung
Aufgewachsen ist Boateng in einer Zwei-Zimmer-Wohnung in Düsseldorf, die er mit seinen Eltern und fünf seiner sieben Geschwister teilt. "Man teilt alles, man teilt das Essen, man teilt die Zeit, man teilt die Luft", erinnert er sich. "Bis ich 19 war, habe ich mir mit meiner Zwillingsschwester Eugenia ein Bett geteilt. Ich bin dann mit 21 nach Berlin - und dann in den ersten zwei oder drei Jahren nur am Telefon. Sobald ich zu Hause war, habe ich immer meine Schwester oder meinen Bruder angerufen, weil diese Stille halt zu laut und unerträglich war."
Schon in Düsseldorf beginnt Boateng zu tanzen - legt dafür, dass er bald darauf zum Profi wird, mit 19 Jahren recht spät los mit der Wahl dieser Karriere. "Ich bin in den Clubs zum Tanzen gekommen", erinnert sich der Künstler an die Anfänge. "Man geht feiern und sieht die Tänzer, die sich umkreisen und battlen. Dann denkst du: 'Boah, irgendwie ist das geil, ich will das auch können'. Das war natürlich auch so ein Ego- und Ehrgeiz-Ding, dass ich dachte: Wer ist der Beste hier? Ich will besser sein als du, ich will der Beste sein. Dann habe ich mich eingesperrt, trainiert und mich auf die Jagd gemacht."
Kinodebüt an der Seite von Christian Ulmen
Boateng nimmt an diversen Tanzwettbewerben teil und gewinnt 2006 schließlich den Talentwettbewerb Viva Dancestar mit Detlef Soost. Später lässt sich Boateng an der Berliner Schauspielschule Ernst Busch und der Universität der Künste in den Bereichen Gesang, Schauspiel sowie Regie weiterbilden und gibt 2015 sein Kinodebüt in einer Hauptrolle neben Christian Ulmen im Film "Becks letzter Sommer".
Die deutschlandweiten Demonstrationen der letzten Wochen gegen Rechtsextremismus mit hunderttausenden Teilnehmern sind für Eugene Boateng ein positives Zeichen: "Es ist schön, dass es Menschen gibt, die was dagegen tun." Und was den Rassismus in der Gesellschaft anbelangt: "Ich versuche, ihn nicht an mich herankommen zu lassen. Ich denke immer: Entweder liebst du mich, weil ich krass bin. Oder du bist neidisch, weil ich krass bin. Oder du hast Angst, weil ich krass bin. Und das ist alles dein Problem."