"Die Unsichtbaren": Doku über die Aufklärung der Säurefassmorde
Kriminalkommissarin Marianne Atzeroth-Freier ermittelt in einem Fall weiter und stößt auf Ungereimtheiten. Am Ende kann sie dem Täter zwei Morde nachweisen. Der Dokumentarfilm "Die Unsichtbaren", der seit dem 15. Februar im Kino läuft, erzählt ihre beeindruckende Geschichte.
Marianne Atzeroth-Freier war eine der ersten Frauen in der Mordkommission der Hamburger Polizei. Schon vorher hat sie in vielen Fällen ermittelt - nun also die Säurefassmorde. "Ich habe schon sehr häufig Ähnliches gesehen und auch schon Schlimmeres", erinnert sie sich. "Ich zeig da keine Gefühle - ich arbeite dann." Am Ende überführt sie den Mörder.
Ihr Stiefsohn, der Filmregisseur Matthias Freier, hat die Geschichte der Säuremorde nun erzählt - aus ihrer Perspektive und anhand von nachgestellten Szenen und Gesprächen, die er vor ihrem Tod mit seiner Stiefmutter geführt hat: "Es gab ja einen Grund, warum sie immer wieder mit mir darüber geredet hat. Ich glaube, weil sie irgendwie auch wollte, dass ich diese Geschichte erzähle. Mir war wichtig, es mal so zu erzählen, wie der Fall in ihr Bewusstsein getreten ist."
Real Crime-Doku über Frauen-Morde und deren Ermittlerin
Es ist die Geschichte des Säurefassmörders Lutz Reinstrom. Jahrelang bleiben seine zwei Morde unentdeckt. Nach außen hin führt Reinstrom in Hamburg-Rahlstedt ein unauffälliges Familienleben, mit Frau und Tochter. Doch auf seinem Grundstück lässt er einen Atomschutzbunker bauen. Darin ein Verlies. Was niemand ahnt - Reinstrom hält hier in den 1980er-Jahren zwei Frauen gefangen, quält und vergewaltigt sie. Anschließend vergräbt er die Leichen in Fässern voller Salzsäure.
Erst 1992 wird das ganze Ausmaß bekannt. Maßgeblich kommt die Sache durch Marianne Atzeroth-Freier ans Licht. Wie der Film zeigt, musste sie gegen zahlreiche Widerstände kämpfen. Frauen wurden bei der Kriminalpolizei nicht ernst genommen. Wie aber hat sie es geschafft, die Morde aufzuklären? Reinstrom ist damals schon wegen der Entführung einer Frau angeklagt. Marianne Atzeroth-Freier ist im Gericht dabei. Nach der Verhandlung spricht sie eine Frau an. Sie vermisse ihre Tochter und auch die kannte Reinstrom. Und sie stößt auf eine weitere Frau, die vermisst wird und mit Reinstrom bekannt war. Annegret und Hilde - beide verschwunden, beide bekannt mit Reinstrom.
Marianne Atzeroth-Freier verbeißt sich "wie ein Terrier"
Atzeroth-Freier fordert die Vermisstenakten an. Beide schrieben Briefe an Angehörige und Polizei, in denen sie sagten, man solle sie nicht suchen, sie lebten jetzt woanders. "Bei mir war ja das Aha-Erlebnis, als ich die Briefe an die Polizei sah. Das war das Ausschlaggebende, weil die so identisch waren. So identisch können zwei Personen, die sich nicht kennen, nicht schreiben. Da habe ich gedacht: Das ist kein Zufall“, so Marianne Atzeroth-Freier später.
'"Ich weiß, dass keiner ihre Ermittlungsakten ernst genommen hat", erinnert sich ihre Kollegin Elke Lorenz. "Sie durfte auch nicht das tun, was sie für sinnvoll hielt. Sie hat trotzdem weiter gemacht. Das ist typisch Janne. Sie hat da kein großes Aufheben gemacht, sondern sie hat sich da wie so ein Terrier verbissen und hat ermittelt und ermittelt."
Film setzt Marianne Atzeroth-Freier ein Denkmal - zu Recht
Marianne Atzeroth-Freier sucht sich Verbündete. Schließlich wird eine Sonderkommission gegründet. Puzzlestein für Puzzlestein tragen sie zusammen. Sie erwirken eine Hausdurchsuchung. Dort finden sie das Verlies und Gegenstände der beiden vermissten Frauen. Atzeroth-Freier und die Sonderkommission bleiben dran, ermitteln weiter, finden schließlich im Garten einbetonierte Säurefässer. Anhand von Überresten konnten sie die vermissten Frauen identifiziert. Am Ende war sicher: Sie hatten Hilde und Annegret gefunden.
Regisseur Matthias Freier haben die Berichte von seiner Stiefmutter nicht losgelassen: "Ich glaube schon, dass das was mit einem macht, einen Mann zu verfolgen, der Frauen missachtet und auch umbringt. Und ich glaub auch, das hat etwas mit ihr gemacht. Sie wollte einfach nur ernst genommen werden als Kriminalistin. Darum ging es ihr." Anerkennung für die Aufklärung hat sie zu Lebzeiten nie bekommen, dieser Film setzt Marianne Atzeroth-Freier zu Recht ein Denkmal.