"Die Affäre Cum-Ex": Justus von Dohnányi über die neue ZDF-Serie
In der ZDF-Serie über den größten Steuerskandal der europäischen Geschichte spielt Justus von Dohnányi einen Steuerfachmann. Im Interview spricht er über politische Affären auf der Leinwand.
Herr von Dohnányi, Polit-Affären, die für die Leinwand umgesetzt werden, erwecken gerne den Anschein, dass die Wahrheit erzählt oder beinahe aufgedeckt wird. Aber eigentlich sind diese Filme nur inspiriert von wahren Ereignissen - auch bei dieser Cum-Ex-Serie steht das als Zusatz dabei. Wie kritisch sehen Sie dieses Vorgaukeln von Realität oder dass da Realität und Fiktion vermischt wird?
Justus von Dohnányi: Ich würde das Wort "vorgaukeln" nicht nehmen, weil vorgaukeln hieße ja, dass man es vorher nicht anspricht. Dadurch, dass klar angesprochen wird, dass man nicht alles faktengetreu erzählen kann, damit es dramaturgisch für eine Serie funktioniert, ist es ganz klar, dass man da "dichterische Freiheit" hat. Deshalb muss man das in irgendeiner Form vorher formulieren. Dann gibt es auch noch rechtliche Grundlagen, die man befolgen muss: Öffentliche Leute darf man benennen, andere Leute sollte man nicht benennen und so weiter. Da gibt es Auflagen, wahrscheinlich von vielen juristischen Leuten, und das ist im Vorfeld berücksichtigt worden.
Wie ist es in so einem Fall mit Ihrer schauspielerischen Freiheit? Wenn man weiß, dass es für Ihre Rolle eine reale Vorlage gibt, macht es das schwieriger oder einfacher?
Von Dohnányi: Das kommt ein bisschen auf die jeweilige Rolle an. Es gibt bestimmte Menschen, die total transparent sind. Wenn man aus dem NS-Bereich Leute spielt oder geschichtlich sehr bekannte Personen, dann guckt man sich das sehr genau an und versucht, ihnen näher zu kommen, falls es dann nicht zu einer Farce oder Charge wird. In diesem Fall war das nicht so entscheidend. Die Fakten als solche, was bei diesem Cum-Ex-Skandal passiert ist, habe ich recherchiert und habe mich dann aber sehr stark inspirieren lassen, was die Spielweise angeht, von den Szenen, die für dies Serie entworfen wurden und mit den realen Personen erstmal nichts zu tun haben.
Wie ist es am Set gewesen? Haben Sie da fernab vom Drehbuch auch viel über den Fall an sich diskutiert?
Von Dohnányi: Diskutiert hat man im Vorfeld. Bevor wir losgelegt haben, habe ich Gespräche mit dem Showrunner Jan Schomburg, dem Regisseur Dustin Loose und dem Produzenten Michael Polle geführt. Aber während wir drehen, geht es um die Szenen selber. Die politische Aktualität dieser ganzen Geschichte ist immer mal wieder zum Set gekommen, weil die Geschichte ja nicht abgeschlossen ist. Das ist auch heute noch so, dass bestimmte Ausschüsse und Gerichte sich dafür interessieren und damit immer mal wieder etwas darüber in der Tageszeitung ist.
Wann ist die filmische Umsetzung so einer politischen Affäre gelungen? Können Sie das mit all Ihrer Erfahrung als Schauspieler und Regisseur einschätzen?
Von Dohnányi: Was interessant sein kann, ist, dass man eine Art von Aufmerksamkeit auf die Sache bringt und vielleicht nicht nur auf den konkreten Fall, sondern auf das, was dahinter steht - in unserem Fall etwa die Moral. Selbst wenn da niemand verurteilt worden wäre und es juristisch nichts zu klären gäbe, dann wäre es ja immer noch interessant, ob man sagt: Soll man alles das, was möglich ist, wirklich tun? Und gäbe es nicht vielleicht eine Eigenbeschränkung, die wir uns wünschen? Wäre es auf der anderen Seite nicht sinnvoll, wenn der Staat Mechanismen hätte, die es ermöglichen, den Wildwuchs von Kapitalismus, was Banken und Juristen angeht, in irgendeiner Form im Zaum zu halten? Selbst wenn man nicht an die Eigenverantwortlichkeit dieser Leute glaubt?
Das Gespräch führte Keno Bergholz.
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