Premiere in Schwerin: "Chico Zitrone - Im Tal der Hoffnung"
Der Schauspieler und Regisseur Milan Peschel, bekannt aus Kinofilmen wie "Gundermann", ist in Schwerin kein Unbekannter. Am Freitag hat seine Inszenierung "Chico Zitrone - Im Tal der Hoffnung" im Großen Haus des Staatstheaters Schwerin Premiere gefeiert. Eine Art Western mit ironischen Brechungen.
Dieser Western ist nur vordergründig einer. Der Titelheld hätte auch Limonaden Joe oder Jonny Tequila heißen können. Er soll lediglich Anklänge an schlechte B-Movies transportieren. Chico schwebt aber als reiner Mythos über dem Treiben, erklärt Regisseur Milan Peschel: "Chico Zitrone taucht bei uns gar nicht auf, wir reden nur über Chico Zitrone. Das heißt, wir reden eigentlich über bestimmte Klischees, Legenden. Western sind im Grunde Legenden und Märchen über die Entstehung einer Nation. Das ist das, was uns hier seit 30 Jahren in Ostdeutschland auch begegnet."
Eine Collage aus Inspirationen
Milan Peschel führt zum dritten Mal Regie am Mecklenburgischen Staatstheater Schwerin. Der 56-Jährige hat Versatzstücke aus alten Western und Zitate aus Sachbüchern genommen, einige Szenen geschrieben. Das Stück wurde dann gemeinsam mit dem Schauspiel-Ensemble entwickelt. "Es ist jetzt gar nicht so, dass wir uns einem Thema zugewendet haben", sagt Peschel, "sondern wir haben eher versucht, alles, was uns bei der Beschäftigung mit Western auf dem Weg begegnet, mal aufzuheben, mal ins Licht zu halten, ob einen das interessiert, ob da was dran ist, und daraus versucht, so einen Abend zu entwickeln."
Die Westernvorlage als Spiegel gesellschaftlicher Themen
Dabei wird es hochpolitisch. Der Aufbruch in unbekannte Gefilde wird mit der politischen Wende in Deutschland verknüpft. Es geht nicht weniger als um die gleichen handfesten Konflikte wie damals im wilden Westen: Landnahme, Ausbeutung, die Benachteiligung von Frauen in einer Kultur der Gewalt, in der Probleme mit Waffen gelöst werden. Die Akteure im Look von Bardamen, Sheriffs und Cowboys dienen als Folie für die Spannungen in der Gegenwart, so Milan Peschel: "Über die Art und Weise, wie mit dem Osten diskursiv umgegangen wird, wie er zugerichtet wird, hat Dirk Oschmann letztes Jahr ein Buch veröffentlicht. Im klassischen Western wird eine Bewegung von Ost nach West beschrieben. Wir beschreiben eine entgegengesetzte Richtung, wo Leute aus einer anderen Richtung des Landes kommen, und versuchen, dieses Gebiet auf seine Ausbeutbarkeit hin zu untersuchen."
Spektakel auf der Bühne - wie im Western
Glaubwürdige Schauspielkunst entsteht dadurch, dass alle Register des Theaters gezogen werden. Auf der Bühne ist richtig was los. Kulissen werden geschoben, gedreht. In vielen popkulturellen Anspielungen konnte sich Ausstatterin Magdalena Musial richtig austoben: "Es war von Anfang an klar: Ich möchte ein paar Elemente haben, die dann immer wieder andere Szenen, andere Perspektiven, andere Orte oder Zitate aus den Welten auf der Bühne erschaffen", sagt sie. "Wir sehen immer wieder eine Straße, dann sind wir in einer Schlucht. Die Schlucht ist ein wichtiger Ort in den Western, es ist der Ort des Verbrechens. Solche Sachen liebe ich als Bühnenbildnerin."
Auch Schießereien mit Theaternebel sind dabei, ein Hund und ein Kamerateam auf der Bühne. Nur eben Chico Zitrone bleibt dem gut zweieinhalbstündigen Spektakel fern.
Premiere in Schwerin: "Chico Zitrone - Im Tal der Hoffnung"
Milan Peschel inszeniert eine Art Western mit vielen ironischen Brechungen am Großen Haus des Staatstheaters.
- Art:
- Bühne
- Datum:
- Ende:
- Ort:
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Mecklenburgisches Staatstheater
Alter Garten 2
19055 Schwerin - Preis:
- ab 9,10 Euro
- Hinweis:
- Regie: Milan Peschel
Ausstattung: Magdalena Musial
Video: Jan Speckenbach
Dramaturgie: Juliane Hendes
Mit: Wassilissa List, Katrin Heinrich, Jennifer Sabel, Antje Trautmann, Marko Dyrlich, Sebastian Reck, Jonas Steglich, Frank Wiegard