"Maria Stuart" in der Kammeroper: Rivalinnen im Psychodrama
Ein Abend mit viel Drama und Witz: Die Hamburger Kammeroper hat ihre Saison mit dem Duell zweier Königinnen auf Leben und Tod begonnen: Gaetano Donizettis "Maria Stuart".
Es kann nur eine geben. Feline Knabe als Königin Elisabeth I. und Luminata Andrei als ihre Rivalin Maria Stuart schenken sich nichts: Das hat Pfeffer - und ist Oper mit Hochspannung. Donizetti bricht die Rivalität der beiden um den englischen Thron auf ein Psychodrama herunter. Maria, die Katholikin, ist sinnlich, weltgewandt und am französischen Hof erzogen. Elisabeth, die strenge Protestantin, ist immer besorgt um die Legitimität ihrer Macht.
Maria Stuart und Elisabeth: Schon als Kinder im Zoff
Maria Stuart ist in Elisabeths Hand, das ist soweit historisch korrekt. Regisseur Roman Hovenbitzer inszeniert die beiden als Schwestern, die sich seit der Kindheit bekriegen - wortwörtlich. Schon während der Ouvertüre sieht man hinter dem durchsichtigen Vorhang, wie die zwei als Kinder miteinander streiten.
Es geht um einen Jungen, Graf Leicester, der aber nur die eine begehrt. Tenor Berus Komarschela spielt und singt ihn mit italienischem Schmelz. Sein Herz gehört Maria - und Elisabeth hasst Maria nur umso mehr.
"Unheimlich viel Drama, aber man ist sowas gewohnt inzwischen als Opernbesucher", erzählt ein Zuschauer danach. Drama gab es aber auch hinter den Kulissen. Denn Titus Witt, der Sänger von Talbot, musste wegen einer Erkrankung kurzfristig absagen. Die Lösung liefert Intendant Marius Adam selbst: "Ich habe mich bereit erklärt, diese Rolle von der Seite zu singen - nur seit gestern bin ich komplett erkältet." Er macht es trotzdem. Gespielt wird die Rolle stumm von Regieassistent Marcus Prell. Das funktioniert bestens!
Zwei Frauen als verzerrte Spiegelbilder
Der Clou des Abends: Die Frauen sind verzerrte Spiegelbilder. Die eine hat etwas, was die andere begehrt. Elisabeth hat die Krone, ist aber ungeliebt. Maria ist ein Star der Herzen, ist aber machtlos. Die Bühne verstärkt dieses Spiegelverhältnis der Frauen, als säßen beide Königinnen nur eine Wand voneinander entfernt. Sie deutet ein Labyrinth der Kammern und Zimmer an.
Die Kostüme sind weitgehend historisch. Elisabeth trägt eine feuerrote Perücke, Maria edle Locken. Es ist gut, dass die Regie die beiden immer mal wieder ein Glas Wein schlürfen oder eine Zigarette rauchen lässt - das macht sie menschlich.
Schmissige Musik, strahlender Gesang
Die schmissige Musik unter der hochdynamischen Leitung von Ettore Prandi hat sehr viel Witz. Auch wenn es um Leben und Tod geht, ist auch ein Hauch Fernseh-Soap mit dabei. Strahlend über allem schweben aber die Stimmen der beiden Regentinnen. Wunderbar lyrisch klingt der Sopran von Luminata Andrei und kraftvoll schneidend der tiefe Mezzosopran von Feline Knabe.
Am Ende stirbt Maria Stuart auf dem Schafott. Das Publikum leidet mit. "Also ich hätte es heute bevorzugt, wenn Elisabeth geköpft worden wäre", meint eine Zuschauerin beim Rausgehen. Das Kluge der Inszenierung, die Maria und Elisabeth immer auch als Influencerinnen zeigt, die um ihr Image bemüht sind: Jede öffentliche Geste wirkt doppelbödig. Hauptsache, die Show stimmt. Wer die Bilder hat, hat die Macht. Darin ist der Abend auch aktuell!
"Maria Stuart" in der Kammeroper: Rivalinnen im Psychodrama
Ein Abend mit viel Drama und Witz: Die Hamburger Kammeroper hat ihre Saison mit dem Duell zweier Königinnen auf Leben und Tod begonnen.
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Hamburger Kammeroper
Max-Brauer-Allee 76
22765 Hamburg