Premiere von "Vor dem Fest" am Schauspiel Hannover
Am Sonntag hat das Stück "Vor dem Fest" nach dem gleichnamigen Roman von Saša Stanišić am Schauspiel Hannover Premiere gefeiert. Text und Regie stammen von Lars-Ole Walburg, der bis 2019 Intendant des Theaters war.
Die Dorfbewohner von Fürstenfelde, einem fiktiven Ort in der Uckermark, trauern. Der Fährmann ist tot. Und auch so vieles andere: die alten Zeiten, das blühende Leben, der Stundentakt des Busses 419. Die, die zurückgeblieben sind, treffen sich am Tag vor dem jährlich gefeierten Annenfest in Ullis Garage und erinnern sich an früher. Daran etwa, wie eine Abfuhr gegenüber einem FDJler zu DDR-Zeiten zu Einschüchterungsversuchen führen konnte.
"Ein paar Tage später werde ich einbestellt. Zwei Genossen, Kreisleitung. Ich hätte die FDJ und die Kreisleitung diffamiert." aus dem Stück "Vor dem Fest"
Darsteller und Darstellerinnen verkörpern mehrere Rollen
Sechs Schauspielerinnen und Schauspieler verkörpern am Schauspiel Hannover mehr als drei Mal so viele Figuren im Dorf. Lukas Holzhausen gibt den aus der Zeit gefallenen NVA-Offizier, der erfolglos versucht, sich umzubringen. Katja Gaudard, die 2019 in Hannover in "Der aufhaltsame Aufstieg des Arturo Ui" von Brecht das Publikum begeisterte, ist die schrille Alte, die - obwohl nachtblind - im Dunkeln malen will. Johanna Bantzer verkörpert eine Frau, die versucht, die Vergangenheit festzuhalten.
"Die Frau Schwermut hat eine Leidenschaft. Sie interessiert sich für die alten Geschichten", erklärt Bantzer. "Sie wird beschrieben als eine schwermütige Frau, führt das Haus der Heimat in Fürstenfelde. Jemand, die die alten Geschichten braucht, um aus dieser Schwermut ein bisschen herauszukommen. Und irgendwann hat man so ein bisschen den Eindruck, die Frau Schwermut biegt die eine oder andere Geschichte so ein bisschen in Richtung Fürstenfelde hin."
Zwei Dutzend Requisiten schweben über der Bühne
Historisch mutet auch das Bühnenbild von Robert Schweer an. Über der fast kahlen Bühne schweben zwei Dutzend Requisiten nebeneinander, die von der Armbrust über ein altmodisches Fahrrad bis zum Schild einer Bus-Haltestelle reichen. Dazu fahren ab und zu zwei kleine Räume aus dem Unterboden hoch.
Protagonisten ergeben wie ein Mosaik das Bild des Dorfes
Wie die Steine eines Mosaiks ergeben die vielen Personen das Bild eines Dorfes, oft sprechen sie als Gruppe gemeinsam den gleichen Text. Doch wirken die Einzelgeschichten dabei die meiste Zeit unverbunden. Lars-Ole Walburg hat nur wenige Dialogszenen dazwischengesetzt, die die Inszenierung lebendig machen. Der Großteil des Textes wird als Erzählung wiedergegeben, die einer szenischen Lesung gleicht. Einen Spannungsbogen sucht man vergeblich.
Eine Umsetzung, die sich für ihn aus der Vorlage ergeben habe, sagt der Regisseur. "Der ganze Roman ist für mich Ausdruck dessen, dass man einmal dem Mittelmaß oder der Durchschnittlichkeit der Normalität einen Platz gibt, weil wir in einer sehr effizienten Welt leben, in der wir sehr schnell das Wichtige von dem Unwichtigen trennen, dem Unwichtigen aber selten Platz geben, sondern meistens nur dem, was berühmt ist", sagt Walburg. "Und diese Ansammlung von alltäglichen Geschichten, fand ich eigentlich am berührendsten."
Premiere von "Vor dem Fest" am Schauspiel Hannover
Das Stück nach dem gleichnamigen Roman von Saša Stanišić zeigt, wie die Bewohner eines fiktiven Dorfes in der Uckermark die Identität des Ortes formen.
- Art:
- Bühne
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- Ende:
- Ort:
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Schauspiel Hannover
Prinzenstraße 9
30159 Hannover - Preis:
- ab 17,50 Euro
- Besonderheit:
- Weitere Termine sind in Planung.
- Hinweis:
- Mit: Johanna Bantzer, Katja Gaudard, Nikolai Gemel, Philippe Goos, Lukas Holzhausen, Viktoria Miknevich
Regie: Lars-Ole Walburg
Bühne: Robert Schweer
Kostüm: Nina Gundlach
Musik und Live-Musiker: Lars Wittershagen
Dramaturgie: Johanna Vater