Was reizt die neue Intendantin Sonja Anders am Thalia Theater?
Im August 2025 tritt Sonja Anders die Nachfolge von Joachim Lux als Intendant des Hamburger Thalia Theaters an, das hat Kultursenator Carsten Brosda am Mittwoch bekannt gegeben. Was reizt Sonja Anders am Thalia Theater?
Sonja Anders kennt das Thalia Theater gut. Während der Intendanz von Ulrich Khuon war sie in den 2000ern bereits Chefdramaturgin am Haus. Auch in der Leitung eines Theaters hat sie bereits Erfahrung gesammelt. Seit 2019 ist sie Intendantin des Schauspiel Hannover. "Sonja Anders ist keine Revolutionärin", schätzt NDR Kultur-Theaterkritikerin Katja Weise die Besetzung ein. "Sie möchte frischen Wind ans Thalia Theater bringen." Ein Blick nach Hannover zeige: "Das Ensemble ist im Vergleich mit anderen Häusern sehr divers, es gibt viele Schauspielerinnen und Schauspieler mit einem anderen kulturellen Hintergrund." Außerdem gebe es genauso viele Männer wie Frauen. "Normalerweise sind die Männer in der Überzahl, weil es für sie in der klassischen Theaterliteratur mehr Rollen gibt", erklärt Weise. Thematisch setze Sonja Anders stark auf Debatten und die großen Themen. "In Hannover gab es beispielsweise eine 'Volksfeind'-Inszenierung nach Henrik Ibsen, bei der das Publikum am Ende aufgefordert wurde, sich in die Politik einzumischen und Position zu beziehen", erinnert sich Katja Weise. Die Inszenierungen unter Anders seien häufig nah an gesellschaftlichen Themen dran gewesen. Philipp Schmid von NDR Kultur hat mit Sonja Anders gesprochen.
Sonja Anders ist noch Intendantin am Schauspiel in Hannover. Ich würde ein Interview am Morgen normalerweise nicht so beginnen, aber nachdem es Mittwoch doch so turbulent war: Wie haben Sie geschlafen?
Sonja Anders: Ich habe die Nacht vorher schlecht geschlafen, aber diese Nacht war ganz gut.
Was haben Sie für eine Reaktion bekommen? Sie waren noch im Thalia Theater unterwegs.
Anders: Es gab einen sehr warmen Empfang. Auch von meinem Vorgänger, Joachim Lux, eine sehr liebe Begrüßung.
Unter Ulrich Khuon haben sie lange am Thalia als Dramaturgin gearbeitet und vieles von ihm übernommen. Nicht nur dort, sondern auch am Deutschen Theater in Berlin. Jetzt leiten Sie das Staatstheater Hannover. Was ist Ihre Auffassung von Theater?
Anders: Ich habe mich durch die Intendanz ein bisschen freigeschwommen. Meine Auffassung ist eine, die sich sehr mit der Stadt auseinandersetzt, sicherlich auch mit den Gegensätzen von Städten. Mit Strukturen in den Städten und diesen setze ich gerne auch Menschen-Geschichten entgegen. Ich würde sagen, dass es ein Theater ist, was dem Menschen zugewandt ist: In gewisser Weise ein solidarisches Theater, was sich in diese Seelen hineinarbeitet.
Bis 2025 ist noch lange hin. Wenn wir uns anschauen, wie die Welt vor zwei Jahren aussah und wie sie jetzt mit Pandemie und mit Krieg aussieht - da kann sich in diesen Jahren noch viel verändern. Können Sie sich jetzt schon Gedanken über 2025 machen?
Anders: Ich finde die ganzen Probleme, die wir haben, die laufen irgendwo auch immer zusammen. Zum Beispiel in ökonomischen Fragen: Wie wollen wir leben, wenn man auf das Klima und auf den Krieg schaut? Oder auf diese ganzen Identitätsfragen, die uns umtreiben. Diese Fragen: Wie wollen wir leben und wie geht der Mensch mit diesen Konflikten um? Ich glaube, die werden uns leider erhalten bleiben.
Was nehmen Sie von Hannover mit nach Hamburg?
Anders: Ich nehme sicher viele Erfahrungen mit. Ich nehme auch ein bisschen Bestätigung mit. Wir waren in Hannover doch recht erfolgreich und das ist unsere Arbeit im Allgemeinen. Ich bin ja nicht alleine und ich stehe auch nicht auf der Bühne, ich fertige auch keine Bühnenbilder und organisiere auch gar nicht so viel. Das heißt, im Grunde bringe ich auch die Erfahrung mit, wie so ein Apparat funktioniert, wie man das zusammenbringt und wie man so eine Energie erzeugt.
Gibt es viele Punkte durch die Intendanz in Hannover, an die Sie anknüpfen können am Thalia Theater?
Anders: Das Thalia Theater ist natürlich ein wunderbares Theater mit einem extrem starken Ensemble, aber auch einer wirklich gut gelaunten Mitarbeiterschaft. Das habe ich jetzt wieder festgestellt und das macht schon Freude. Außerdem liebe ich einfach diesen Bau. Der konzentriert sich auf die Bühne und das merken auch die Zuschauenden. Das Publikum ist im Thalia Theater einfach immer nah dran. Das ist natürlich eine gute Voraussetzung, wenn man seinen Fokus auf die Menschen auf der Bühne legt.
Was bedeutet die Aussicht, Intendantin am Thalia Theater zu werden, für ihre bleibende Zeit in Hannover?
Anders: Wir werden es hier noch ordentlich krachen lassen. Das ist klar. Aber gar nicht im Sinne der Überforderung, sondern vielmehr auch im Sinne des Zusammenhalts. Mein Ensemble hat am Mittwoch gesagt: 'Ach, komm, dann nutzen wir die Zeit doch jetzt noch und bleiben beieinander".
Sonja Anders ist ab 2025 neue Intendantin am Hamburger Thalia-Theater, derzeit ist sie Intendantin in Hannover.
Das Gespräch führte Philipp Schmid.